Welche Faktoren verzögern die Umsetzung der Bankenunion?
Die Europäische Kommission hat weitreichende Reformen zur Regulierung und Überwachung des europäischen Bankensektors beschlossen, um die Stabilität europäischer Banken zu gewährleisten. In den meisten Mitgliedsländern verzögert sich allerdings die Umsetzung der zugrunde liegenden Richtlinien der Europäischen Kommission. Dieser Beitrag geht den Gründen für diese Verzögerung nach. Es zeigt sich, dass insbesondere bereits existierende Regulierungen und institutionelle Rahmenbedingungen das Tempo der Umsetzung entscheidend bestimmen. Entgegen populären Meinungsäußerungen sind die Struktur der Bankensektoren in den Mitgliedstaaten und politische Faktoren hingegen von nachrangiger Bedeutung.
14. March 2018
Einflussnahme von Interessengruppen möglicherweise an früherer Stelle
Unsere Analyse deutet auf Pfadabhängigkeiten hin, die bei der Regulierung des Finanzmarktes eine wichtige Rolle spielen: Eine bereits bestehende, im Vergleich zu den Regeln der Europäischen Bankenunion strengere Regulierung kann zu einer schnelleren Umsetzung führen, wenn neue Regeln darauf aufbauen und der Anpassungsbedarf dadurch reduziert wird. Falls jedoch Vorschriften hinzukommen, die mit bestehenden Regeln nicht in Einklang stehen, kann dies zu höheren Widerständen unter den Banken führen und die Umsetzung neuer Regeln verzögern.
Zugleich sind die Zusammenhänge zwischen der Geschwindigkeit der Umsetzung und der Struktur des nationalen Bankensystems eher schwach. Dieses Ergebnis schließt jedoch nicht aus, dass Lobbyarbeit von Interessengruppen sowie nationaler Protektionismus stattfinden. Zum Beispiel können Interessengruppen bereits an früherer Stelle, nämlich bei der Ausarbeitung der neuen Gesetzgebung auf EU-Ebene, Einfluss genommen haben.
Der Erfolg der Bankenunion wird im Wesentlichen davon abhängen, dass trotz nationaler Unterschiede eine einheitliche Umsetzung der Richtlinien ohne größere weitere Verzögerungen stattfindet und die Bankenunion effektiv arbeiten kann. Nur dann kann gewährleistet werden, dass die Marktakteure die Bankenunion als relevanten institutionellen Rahmen anerkennen und ihr Risikoverhalten entsprechend reduzieren. Weiterführende Analysen sind deshalb unerlässlich, um zu evaluieren, ob die Bankenunion als glaubwürdig eingeschätzt wird und positive Auswirkungen auf die Finanzstabilität entfaltet.