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Welche Faktoren verzögern die Umsetzung der Bankenunion?

Die Europäische Kommission hat weitreichende Reformen zur Regulierung und Überwachung des europäischen Bankensektors beschlossen, um die Stabilität europäischer Banken zu gewährleisten. In den meisten Mitgliedsländern verzögert sich allerdings die Umsetzung der zugrunde liegenden Richtlinien der Europäischen Kommission. Dieser Beitrag geht den Gründen für diese Verzögerung nach. Es zeigt sich, dass insbesondere bereits existierende Regulierungen und institutionelle Rahmenbedingungen das Tempo der Umsetzung entscheidend bestimmen. Entgegen populären Meinungsäußerungen sind die Struktur der Bankensektoren in den Mitgliedstaaten und politische Faktoren hingegen von nachrangiger Bedeutung.

14. March 2018

Authors Michael Koetter Thomas Krause Lena Tonzer

Einflussnahme von Interessengruppen möglicherweise an früherer Stelle

Unsere Analyse deutet auf Pfadabhängigkeiten hin, die bei der Regulierung des Finanzmarktes eine wichtige Rolle spielen: Eine bereits bestehende, im Vergleich zu den Regeln der Europäischen Bankenunion strengere Regulierung kann zu einer schnelleren Umsetzung führen, wenn neue Regeln darauf aufbauen und der Anpassungsbedarf dadurch reduziert wird. Falls jedoch Vorschriften hinzukommen, die mit bestehenden Regeln nicht in Einklang stehen, kann dies zu höheren Widerständen unter den Banken führen und die Umsetzung neuer Regeln verzögern.

Zugleich sind die Zusammenhänge zwischen der Geschwindigkeit der Umsetzung und der Struktur des nationalen Bankensystems eher schwach. Dieses Ergebnis schließt jedoch nicht aus, dass Lobbyarbeit von Interessengruppen sowie nationaler Protektionismus stattfinden. Zum Beispiel können Interessengruppen bereits an früherer Stelle, nämlich bei der Ausarbeitung der neuen Gesetzgebung auf EU-Ebene, Einfluss genommen haben.

Der Erfolg der Bankenunion wird im Wesentlichen davon abhängen, dass trotz nationaler Unterschiede eine einheitliche Umsetzung der Richtlinien ohne größere weitere Verzögerungen stattfindet und die Bankenunion effektiv arbeiten kann. Nur dann kann gewährleistet werden, dass die Marktakteure die Bankenunion als relevanten institutionellen Rahmen anerkennen und ihr Risikoverhalten entsprechend reduzieren. Weiterführende Analysen sind deshalb unerlässlich, um zu evaluieren, ob die Bankenunion als glaubwürdig eingeschätzt wird und positive Auswirkungen auf die Finanzstabilität entfaltet.

Also in this issue

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Kommentar: Bitcoin?

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, No. 1, 2018

Abstract

Selbst nach dem Preisverfall zu Beginn dieses Jahres hätte eine Investition in Bitcoin über die letzten Jahre hinweg betrachtet phantastische Erträge erzielt. Sollte man seine Ersparnisse jetzt also in Bitcoin anlegen? Oder sind die Preisrückgänge warnendes Anzeichen für das bevorstehende Platzen der Blase und einen Wert von null, wie der bekannte Ökonom Muriel Roubini kürzlich meinte?

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Aktuelle Trends: Nach wie vor große Branchenunterschiede bei der Weiterbildung

Eva Dettmann

in: Wirtschaft im Wandel, No. 1, 2018

Abstract

Seit dem Ende der Finanzkrise steigt der Anteil der Beschäftigten, deren Weiterbildung vom Betrieb unterstützt wird, wieder kontinuierlich an. Der aktuelle Wert liegt bei ca. einem Drittel der Beschäftigten in Gesamtdeutschland. Die Weiterbildungsquote ostdeutscher Beschäftigter liegt aktuell bei 35% gegenüber 33% der westdeutschen Beschäftigten.

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Die Mär vom egoistischen Ökonomen – Wie Ökonomen auf Anreize reagieren

Dmitri Bershadskyy

in: Wirtschaft im Wandel, No. 1, 2018

Abstract

Menschen, die über ökonomische Bildung verfügen, reagieren stärker auf wirtschaftliche Anreize. Entgegen der verbreiteten Annahme handeln Ökonomen jedoch nicht egoistischer als Nicht-Ökonomen, wenn es darum geht, gemeinsam ein öffentliches Gut zu finanzieren. Mit Hilfe eines Experiments, in dem die Teilnehmer echtes Geld gewinnen konnten, wird gezeigt, dass Ökonomen sich stärker an den vorliegenden Anreizstrukturen orientieren. Auf der einen Seite tragen Ökonomen am Anfang leicht höher zu dem öffentlichen Gut bei und fangen signifikant später an, von der sozial optimalen Strategie abzuweichen. Auf der anderen Seite leisten Ökonomen zum Ende des Experiments, wenn Trittbrettfahrerverhalten weniger Konsequenzen hat, deutlich geringere Beiträge als Nicht-Ökonomen. Im zweiten Teil des Experiments wird den Teilnehmenden die Möglichkeit gegeben, in eine Erleichterung der kooperativen Finanzierung des öffentlichen Guts zu investieren, wobei zwischen einem investitionsfreundlichen (Geld-zurück-Garantie) und einem weniger investitionsfreundlichen Szenario (keine Garantie) unterschieden wird. Das Experiment zeigt, dass die Probanden mit ökonomischer Ausbildung auf diesen kleinen Unterschied in den Anreizstrukturen stärker reagieren.

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