Ursachen von Populismus: IWH beginnt internationales Forschungsprojekt

Hat das Erstarken von populistischen Parteien ökonomische Ursachen? Diese brisante Frage untersucht das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ab sofort federführend zusammen mit Forschenden aus England, Schottland und Tschechien. Die VolkswagenStiftung fördert das interdisziplinäre Projekt für vier Jahre mit knapp einer Million Euro.

Autoren Steffen Müller

Ob der Siegeszug der Brexit-Befürworter, rechtspopulistische Regierungen in Osteuropa oder die Wahlerfolge der AfD in Deutschland: Der Aufschwung von Populisten trifft Europas Demokratien im Kern und setzt die Europäische Union unter Druck. Für die Ursachen dieses Phänomens gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) untersucht in einem neuen Forschungsprojekt, inwiefern ökonomische Faktoren die Zustimmung zu populistischer Politik beeinflussen. Das IWH leitet zu diesem Zweck ab diesem Jahr ein internationales und interdisziplinäres Projektteam. Zu diesem gehören Forschende der Wirtschafts- und Politikwissenschaften der Universitäten von Nottingham (England) und Glasgow (Schottland) sowie des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag. Die Volkswagen-Stiftung fördert das Vorhaben für vier Jahre mit fast einer Million Euro. Es steht unter dem Titel „Europas populistische Parteien im Aufwind: die dunkle Seite von Globalisierung und technologischem Wandel?“.

Wenn Subventionen verteilt werden, geht es der Politik oft darum, die Menschen in wirtschaftlich abgehängten Regionen kurzfristig zu beruhigen. Dahinter steht die Vermutung, dass wirtschaftliche Probleme die Hauptursache für die Wahl antidemokratischer und populistischer Parteien sind und dass Geld vom Staat diese Wahlentscheidung beeinflussen kann. Beide Vermutungen sind fragwürdig und wissenschaftlich nicht ausreichend abgesichert.

Die Globalisierung hat zwar allgemein den Wohlstand gesteigert, aber in vielen Regionen Europas auch zu Arbeitslosigkeit, Lohnungleichheit, Abwanderung und dadurch Überalterung geführt. Das IWH und seine Partner untersuchen nun, ob diese ökonomischen Lasten Mitursache für den Aufschwung von Populisten sind. Eine aufwändige Kausalanalyse soll zeigen, inwiefern wirtschaftliche Härten zu Wählerstimmen für populistische Parteien führen. Um belastbare Ergebnisse zu erhalten, wollen die Forschenden die Zusammenhänge für mehrere Länder Europas analysieren. Dabei sollen insbesondere auch Staaten Mittel- und Osteuropas einbezogen werden.

Das Forschungsprojekt will eine Debatte bereichern, in der Populismus vor allem als kulturelle Gegenreaktion auf Liberalisierung, offene Grenzen und Migration gedeutet wird. Darüber hinaus könnten die Ergebnisse zu wichtigen Empfehlungen an die Politik führen, sagt Projektkoordinator Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität. „Wenn Subventionen verteilt werden, geht es der Politik oft darum, die Menschen in wirtschaftlich abgehängten Regionen kurzfristig zu beruhigen. Dahinter steht die Vermutung, dass wirtschaftliche Probleme die Hauptursache für die Wahl antidemokratischer und populistischer Parteien sind und dass Geld vom Staat diese Wahlentscheidung beeinflussen kann. Beide Vermutungen sind fragwürdig und wissenschaftlich nicht ausreichend abgesichert.“ Müller und sein Team wollen deshalb zum Beispiel untersuchen, ob EU-Fördermittel in strukturschwachen Regionen dort die Stimmenanteile für europaskeptische Parteien verringern.

Ihr Kontakt

Für Wissenschaftler/innen

Für Journalistinnen/en

IWH-Expertenliste

Die IWH-Expertenliste bietet eine Übersicht der IWH-Forschungsthemen und der auf diesen Gebieten forschenden Wissenschaftler/innen. Die jeweiligen Experten für die dort aufgelisteten Themengebiete erreichen Sie für Anfragen wie gewohnt über die Pressestelle des IWH.

Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft LogoTotal-Equality-LogoGefördert durch das BMWK