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WeltkonjunkturSeite 2
DeutschlandSeite 3
Risiken für die deutsche und die internationale Konjunktur Auf einer Seite lesenDer Aufschwung in Deutschland geht in sein sechstes Jahr. Eine tragende Säule ist die Binnenwirtschaft, die vom starken Beschäftigungsaufbau und von niedrigen Zinsen angeregt wird. Zu Jahresbeginn war die Auslastung der Produktionskapazitäten sehr hoch, sie nahm seither allerdings nicht weiter zu. Dies hat sowohl nachfrageseitige als auch produktionsseitige Gründe. Zum einen sind die Auftragseingänge seit Jahresanfang in der Tendenz rückläufig, auch weil sich die Konjunktur in den wichtigsten deutschen Absatzmärkten im ersten Halbjahr verlangsamt hat. Zum anderen sehen sich Unternehmen allem Anschein nach zunehmend angebotsseitigen Engpässen gegenüber, vor allem bei Arbeitskräften und Vorleistungsgütern. Dafür spricht auch, dass die Produktion das hohe Tempo vom vergangenen Jahr trotz nach wie vor gut gefüllter Auftragsbücher nicht mehr gehalten hat.
Im Sommer wurde das konjunkturelle Bild durch starke Produktions- und Lieferschwankungen im Automobilsektor überlagert. Wegen Engpässen bei der Zertifizierung nach dem neuen Prüfverfahrens WLTP, die für alle ab dem 1. September 2018 neu zugelassenen Fahrzeuge erforderlich ist, wurden Läger beträchtlich aufgebaut und zeitweise Produktion und Lieferungen gestoppt. Angesichts des großen Gewichts der Automobilindustrie wird sich dies gesamtwirtschaftlich bemerkbar machen; im zweiten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt lediglich mit einer Vorquartalsrate von
0,1 Prozent zugenommen haben. Die Institute gehen davon aus, dass der Automobilsektor seine Schwäche im Schlussquartal im Wesentlichen überwindet. Damit dürfte das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal wieder kräftig expandieren.
Die Finanzpolitik wird zu Beginn des kommenden Jahres die Konjunktur anregen. Staatliche Transferleistungen und Ausgabenprogramme werden ausgeweitet sowie Arbeitnehmer entlastet. Auch die anhaltend günstigen monetären Rahmenbedingungen werden die Konjunktur weiter stützen. Jedoch werden im Zuge der sich allmählich abschwächenden Weltkonjunktur die außenwirtschaftlichen Impulse wohl nicht mehr so kräftig ausfallen. Hinzu kommt, dass das heimische Erwerbspersonenpotenzial zunehmend ausgeschöpft ist und sich die Zuwanderung verlangsamt. Insgesamt dürfte der Aufschwung im Prognosezeitraum nach und nach an Kraft verlieren.
Im Jahresdurchschnitt dürfte die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 1,7 Prozent zunehmen. Damit senken die Institute ihre Einschätzung für den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts um
0,5 Prozentpunkte gegenüber ihrem Frühjahrsgutachten. Im kommenden Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft stimuliert durch die Finanzpolitik mit 1,9 Prozent etwas stärker zulegen als in diesem Jahr. Der für das Jahr 2020 prognostizierte Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,8 Prozent überzeichnet die konjunkturelle Dynamik aufgrund einer hohen Zahl von Arbeitstagen; im Verlauf nimmt der Zuwachs ab. Alles in allem dürfte die Überauslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten im Prognosezeitraum damit fortbestehen.
Auf dem Arbeitsmarkt deuten die gestiegenen Vakanzzeiten offener Stellen und ein höherer Lohndruck darauf hin, dass das Arbeitsangebot immer weniger in der Lage ist, die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften zu befriedigen. Entsprechend wird sich wohl der Beschäftigungsaufbau im Verlauf des Prognosezeitraums allmählich abschwächen. Im Durchschnitt dieses Jahres dürfte die Zahl der Erwerbstätigen um 590 000 Personen zunehmen. In den Jahren 2019 und 2020 geht der Zuwachs dann auf 420 000 bzw. 310 000 Personen zurück. Zum einen wird es zunehmend schwieriger offene Stellen mit Arbeitslosen zu besetzen; der Rückgang der Arbeitslosigkeit verringert sich von 190 000 in diesem Jahr voraussichtlich auf 140 000 im kommenden Jahr und 120 000 im Jahr 2020. Dies entspricht einer Arbeitslosenquote von 5,2 Prozent im laufenden Jahr und 4,8 Prozent bzw. 4,5 Prozent in den beiden Folgejahren. Zum anderen wird das Erwerbspersonenpotenzial weniger stark zunehmen als bisher. Die positiven Trends bei der Partizipation und der Zuwanderung vermögen in immer geringeren Maße den alterungsbedingten Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials auszugleichen.
Aufgrund der hohen Arbeitskräfteknappheit dürften die Löhne weiter kräftig steigen. Die tariflichen Monatsverdienste werden nach einem Plus von 2,6 Prozent in diesem Jahr in den Jahren 2019 und 2020 voraussichtlich um durchschnittlich jeweils 2,7 Prozent angehoben. Die effektiven Lohnzahlungen dürften stärker zulegen als die Tariflöhne, da übertarifliche Lohnbestandteile zur Gewinnung neuer Arbeitnehmer und Bindung vorhandener Arbeitskräfte an Bedeutung gewinnen.
Der private Konsum dürfte weiterhin kräftig zur gesamtwirtschaftlichen Expansion beitragen. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte werden in den kommenden beiden Jahren spürbar von der Finanzpolitik befördert, unter anderem durch Korrekturen am Einkommensteuertarif und durch die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zusätzlichen Auftrieb erhalten die verfügbaren Einkommen im kommenden Jahr durch den kräftigen Anstieg der monetären Sozialleistungen, wofür insbesondere die Leistungsausweitung bei der Mütterrente und eine erneut deutliche Erhöhung der Altersrenten maßgeblich sind. Bei alledem werden die Verbraucherpreise wohl leicht beschleunigt zulegen. Die Inflationsrate steigt von 1,8 Prozent in diesem Jahr auf 2,0 Prozent bzw. 1,9 Prozent in den kommenden beiden Jahren. Während dabei der derzeit die Inflationsdynamik dominierende Einfluss der Energiepreise ausläuft steigt die Kerninflation deutlicher.
Die Investitionstätigkeit dürfte im Prognosezeitraum angesichts der sehr hohen Kapazitätsauslastung und der guten Finanzierungsbedingungen ebenfalls recht kräftig bleiben. Einer stärkeren Ausweitung dürfte nicht zuletzt entgegenstehen, dass der Aufschwung allmählich an Kraft einbüßt und die Engpässe am Arbeitsmarkt hoch bleiben. Vor allem im Baugewerbe behindern Kapazitätsengpässe weiter die Bautätigkeit und dürften sich in einem weiterhin sehr kräftigen Auftrieb der Baupreise niederschlagen. Die deutschen Ausfuhren werden wohl erst am Jahresende wieder Fahrt aufnehmen. Hierbei spielen Nachholeffekte bei den Kfz-Ausfuhren nach Abschluss der Zertifizierung von Neuwagen eine maßgebliche Rolle. Im weiteren Prognosezeitraum dürften die Exporte im Einklang mit der weltwirtschaftlichen Entwicklung im Verlauf mit nur allmählich abnehmenden Raten steigen.
Für den gesamten Prognosezeitraum erwarten die Institute deutliche Finanzierungsüberschüsse des Staates. Im laufenden Jahr wird der Überschuss 54 Milliarden Euro bzw. 1,6 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt betragen und damit einen neuen Höchstwert erreichen. In den Folgejahren werden sich die expansiven Maßnahmen der Bundesregierung bemerkbar machen und der Finanzierungssaldo wird auf 41 Milliarden Euro (1,1 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) im Jahr 2020 abschmelzen. Der strukturelle Finanzierungssaldo beläuft sich in diesem Jahr auf
43 Milliarden Euro (1,3 Prozent in Relation zum Produktionspotenzial). In den kommenden zwei Jahren wird er in etwa bei der Hälfte liegen. Der Bruttoschuldenstand des Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahr 2018 auf rund 60 Prozent sinken. Im Jahr 2019 wird er den Maastricht-Referenzwert unterschreiten. Im Jahr 2020 dürfte er rund 55 Prozent betragen.