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Deutsche Wirtschaft im Boom – Luft wird dünner: Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2018

Die Boomphase der deutschen Wirtschaft setzt sich fort. Allerdings wird die Luft dünner: Die noch verfügbaren gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten werden allmählich knapper, sodass die Konjunktur etwas an Schwung verliert. Dennoch bleibt das Tempo hoch: Der Aufschwung der Weltwirtschaft wird die Exporte weiter anregen; auch die Binnenwirtschaft dürfte bei außerordentlich günstiger Lage auf dem Arbeitsmarkt schwungvoll bleiben. Zusätzlich dürfte die neue Bundesregierung durch die im Koalitionsvertrag vereinbarten fiskalischen Maßnahmen die Nachfrage stimulieren. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Wirtschaftsleistung um 2,2 Prozent in diesem und um 2,0 Prozent im kommenden Jahr expandieren. Damit heben die Institute ihre Einschätzung für den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in beiden Jahren um jeweils 0,2 Prozentpunkte gegenüber ihrer Herbstdiagnose 2017 an. Die Beschäftigung dürfte weiter spürbar steigen, aber aufgrund von Knappheit auf dem Arbeitsmarkt schwächt sich der Beschäftigungsaufbau ab. Zugleich dürften die Bruttolöhne recht spürbar zulegen. Auch die Inflationsrate zieht allmählich an, von 1,7 Prozent in diesem auf 1,9 Prozent im kommenden Jahr.

19. April 2018

Autoren Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose

Im Frühjahr 2018 befindet sich die Weltwirtschaft nach wie vor im Aufschwung. In den großen Volkswirtschaften nimmt der Auslastungsgrad der Produktionskapazitäten weiter zu. Allerdings haben die Expansionsraten ihren Höhepunkt überschritten. Zum einen scheinen in mehr und mehr Branchen und Ländern Kapazitätsgrenzen wirksam zu werden, ist doch der Beschäftigungsstand vielerorts inzwischen sehr hoch. Zum anderen hat sich die Stimmung bei den Unternehmen zuletzt spürbar eingetrübt, wohl auch als Reaktion auf die zunehmende Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik in den USA.

Die Inflation ist nahezu überall recht niedrig. Allerdings dürfte der Lohnauftrieb in vielen Ländern angesichts stark gesunkener Arbeitslosigkeit nach und nach zunehmen. Die darin zum Ausdruck kommende Angebotsverknappung einerseits sowie die zusätzliche Nachfrage nach Konsumgütern andererseits werden den Preisauftrieb auf der Verbraucherstufe in diesem und im nächsten Jahr allmählich verstärken.

Die Finanzpolitik dürfte der Konjunktur im Prognosezeitraum zusätzliche Impulse geben. Vor allem in den USA ist sie deutlich expansiv ausgerichtet. Mit der Steuerreform sind erhebliche Investitionsanreize verbunden. So wurde der Körperschaftsteuersatz deutlich gesenkt und die Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen erleichtert. Auch wurde die Einkommensteuerbelastung reduziert. Im Euroraum bleibt die Finanzpolitik insgesamt leicht expansiv ausrichtet, im kommenden Jahr nicht zuletzt ausgehend von Deutschland. In Japan wurden abermals expansive finanzpolitische Maßnahmen beschlossen, diesmal mit dem Ziel, die Investitionen in Humankapital zu erhöhen. Die fiskalischen Wirkungen dürften in diesem Fall jedoch gering sein. Zum Ende des Prognosezeitraums wird die Finanzpolitik in Japan als Folge der für Oktober 2019 angekündigten Anhebung des Mehrwertsteuersatzes restriktiv wirken.

Angesichts einer weiter zunehmenden Kapazitätsauslastung und eines sich allmählich verstärkenden Preisauftriebs dürfte die Geldpolitik ihren expansiven Kurs im Prognosezeitraum nach und nach zurücknehmen. In den USA wurde die geldpolitische Straffung bereits eingeleitet, und in Anbetracht der kräftigen fiskalischen Impulse werden die Zinsen wohl etwas schneller angehoben werden, als noch im Herbst vergangenen Jahres erwartet. Zwar wird die Europäische Zentralbank ihr Anleihekaufprogramm in diesem Jahr beenden, die Leitzinsen werden aber wohl erst gegen Ende des kommenden Jahres angehoben. Die Bank von Japan wird ihren expansiven Kurs sogar über den gesamten Prognosezeitraum hinweg beibehalten. Damit wird sich die Spreizung der geldpolitischen Ausrichtung zwischen den fortgeschrittenen Volkswirtschaften vorerst weiter verstärken.

Die Weltproduktion wird in diesem Jahr um 3,4 Prozent expandieren, und damit ähnlich kräftig wie im vergangenen Jahr. Im Vergleich zur Gemeinschaftsdiagnose vom Herbst 2017 haben die Institute die Prognose für 2018 um 0,3 Prozentpunkte angehoben. Nicht zuletzt dürfte die Steuersenkung in den USA die dortige wirtschaftliche Aktivität anregen und auch auf andere Länder ausstrahlen. Allerdings wird sich die weltwirtschaftliche Dynamik im Verlauf allmählich abflachen. Dies liegt zum einen am raueren handelspolitischen Klima, das weltweit das Investitionsklima belastet. Zum anderen fällt es angesichts niedriger Arbeitslosigkeit und hoch ausgelasteter Sachkapazitäten in vielen Ländern schwerer, die Produktion weiter im bisherigen Tempo auszuweiten. Im kommenden Jahr dürfte sich deshalb die Expansion der Weltwirtschaft verlangsamen, auch wenn die Zuwachsrate der Weltproduktion im Jahresdurchschnitt mit 3,1 Prozent abermals deutlich höher sein wird als im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Im Vergleich zur Gemeinschaftsdiagnose vom Herbst 2017 haben die Institute damit die Prognose für 2019 um 0,2 Prozentpunkte angehoben.

Im Euroraum sind die konjunkturellen Auftriebskräfte weiterhin intakt. In den kommenden Quartalen dürfte die Produktion erneut stärker steigen als das Produktionspotenzial, so dass sich die Produktionslücke weiter öffnet. Bereits jetzt ist die Kapazitätsauslastung recht hoch. Umfragen zufolge führt ein Mangel an qualifizierten Bewerbern in mehr und mehr Ländern dazu, dass offene Stellen nicht besetzt werden können. Zunehmende Kapazitätsengpässe sind ein Grund dafür, dass die konjunkturelle Dynamik im Verlauf des Prognosezeitraums langsam geringer wird. Die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts dürfte sich im Jahr 2019 auf 1,9 Prozent abschwächen, nachdem sie im Durchschnitt dieses Jahres mit 2,3 Prozent nochmals ebenso kräftig zunehmen wird wie im vergangenen Jahr. Aufgrund der steigenden Kapazitätsauslastung dürfte auch der Preisauftrieb allmählich zunehmen. Die Verbraucherpreise werden voraussichtlich um 1,5 Prozent im Jahr 2018 und um 1,7 Prozent im Jahr 2019 steigen.

Die Ankündigung der USA zu Beginn dieses Jahres, Zölle auf Stahl und Aluminium zu erheben, bedeutet einen weiteren Schritt hin zu mehr Protektionismus zumal zusätzliche protektionistische Maßnahmen und Gegenmaßnahmen folgten. Zwar wurden die Zölle für wichtige Lieferländer zunächst nicht in Kraft gesetzt. Sie bleiben aber als Drohung bestehen. Eine weitere Eskalation des Handelskonfliktes dürfte den internationalen Güteraustausch empfindlich behindern und letztlich das Wachstum der Weltwirtschaft mittelfristig spürbar beeinträchtigen. Dämpfende Effekte auf Handel und Produktion sind aber nicht erst zu erwarten, wenn neue Handelshemmnisse umgesetzt werden. Bereits die Diskussion von solchen Maßnahmen kann die Unsicherheit über die zukünftige Handelspolitik eines Landes erhöhen und die wirtschaftliche Stimmung belasten. Die Institute halten es zwar für wenig wahrscheinlich, dass die gegenwärtigen handelspolitischen Auseinandersetzungen die starke konjunkturelle Aufwärtstendenz so weit dämpfen, dass der Aufschwung der Weltwirtschaft zum Erliegen kommt. Die Auseinandersetzungen sind aber ein Abwärtsrisiko für die Prognose, vor allem wenn sich der Konflikt ausweiten sollte.

Sollte der Handelskonflikt allerdings rasch entschärft werden, würden die gegenwärtigen Verunsicherungen schwinden und die konjunkturelle Dynamik dürfte weltweit deutlich stärker ausfallen als in dieser Prognose unterstellt. Insbesondere in jenen Schwellenländern, in denen durch die Rezessionen der vergangenen Jahre die Unterauslastung noch groß ist, besteht erhebliches Aufholpotenzial. Vorbild könnte hier der Euroraum sein, der im vergangenen Jahr hinsichtlich der Stärke der gesamtwirtschaftlichen Expansion überrascht hat.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Frühjahr 2018 in einem Boom. Die Kapazitätsauslastung ist hoch und bis zuletzt gestiegen. Das Expansionstempo dürfte nach einer Delle zum Jahresauftakt wieder höher ausfallen. Damit setzt sich der Boom in diesem und im kommenden Jahr fort, allerdings wird die Luft dünner: Die noch verfügbaren gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten werden allmählich knapper, so dass die Konjunktur im Vergleich zum vergangenen Jahr etwas an Schwung verliert. Dennoch bleibt das Tempo hoch: Der Aufschwung der Weltwirtschaft verliert nur allmählich an Kraft und wird die Exporte weiter anregen; auch die Binnenwirtschaft dürfte bei außerordentlich günstiger Lage auf dem Arbeitsmarkt schwungvoll bleiben. Zusätzlich dürfte die neue Bundesregierung durch die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ausgabenausweitungen und Abgabenentlastungen die Nachfrage stimulieren.

Im ersten Quartal 2018 dürfte die deutsche Wirtschaft vorübergehend an Schwung verloren haben. Darauf weist der abrupte Rückgang der Produktion im Produzierenden Gewerbe im Februar hin, und auch die zuletzt verhaltenen Exporte passen ins Bild. Allerdings dürften vor allem Sondereffekte – wie ein vergleichsweise hoher Krankenstand, eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Streiktagen und überdurchschnittlich viele Ferientage – zu der Abschwächung beigetragen haben. Die jüngsten Produktionsbeurteilungen der Unternehmen lassen aber erwarten, dass der Einbruch im März wieder wettgemacht wird. Hierauf deuten auch die Angaben zur Pkw-Produktion hin.

Für den weiteren Verlauf ist eine kräftigere Dynamik als zum Jahresauftakt angelegt. Der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe ist hoch, und auch die Stimmungsindikatoren zur Lagebeurteilung signalisieren trotz leichter Eintrübungen am aktuellen Rand eine kräftige Expansion im zweiten Quartal. Für die zweite Jahreshälfte legen die Geschäftserwartungen ein etwas schwächeres Expansionstempo nahe; zu den eingetrübten Erwartungen dürfte auch die Verunsicherung über das außen- und insbesondere handelspolitische Umfeld beigetragen haben.

Im Jahresdurchschnitt dürfte die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 2,2 Prozent expandieren. Damit heben die Institute ihre Einschätzung für den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts im laufenden Jahr um 0,2 Prozentpunkte gegenüber ihrer Herbstdiagnose 2017 an. Im kommenden Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft – auch gestützt durch die im Koalitionsvertrag vereinbarten finanzpolitischen Maßnahmen – um 2,0 Prozent zulegen, ebenfalls etwas kräftiger als noch im Herbst von den Instituten erwartet.

Angesichts des anhaltend kräftigen Expansionstempos der deutschen Wirtschaft wird auch die Beschäftigung weiter spürbar steigen. Da in vielen Segmenten des Arbeitsmarktes Knappheit an geeigneten Arbeitskräften besteht und es Unternehmen inzwischen schwer fällt, offene Stellen zu besetzen, schwächt sich der Beschäftigungsaufbau allerdings ab. Für dieses Jahr wird eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen um 585 000 Personen erwartet, im kommenden Jahr werden wohl weitere rund 420 000 Stellen entstehen. Die Arbeitslosenquote sinkt auf 5,2 Prozent in diesem und auf 4,8 Prozent im kommenden Jahr. Der überwiegende Teil des Beschäftigungsaufbaus wird allerdings weiterhin durch die steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren sowie die Zuwanderung gedeckt. 

In Folge zunehmender Knappheiten dürften die Bruttolöhne recht spürbar steigen. Pro Kopf wird für beide Prognosejahre ein Anstieg der Effektivverdienste von rund drei Prozent erwartet. Zwar zieht auch die Inflation allmählich an; in diesem Jahr dürfte sie bei 1,7 Prozent liegen, im kommenden Jahr bei 1,9 Prozent. Dennoch verbleibt den Haushalten ein deutliches Kaufkraftplus, zumal die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen spürbare Impulse geben dürften: Vor allem dürften die Arbeitnehmer durch die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zur Jahreswende 2018/19 entlastet werden, die zumindest kurzfristig einen Anstieg der Nettolöhne und -gehälter von rund sechs Milliarden Euro nach sich ziehen wird. Ins Gewicht fallen aber auch die vorgesehene Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sowie die Leistungsausweitungen der Gesetzlichen Rentenversicherung. In Summe wird sich im kommenden Jahr ein spürbares Einkommensplus ergeben. Alles in allem dürfte der private Verbrauch – nach einem Durchhänger in der zweiten Jahreshälfte 2017 – im Prognosezeitraum kräftig expandieren.

Da die Auslandsnachfrage im Prognosezeitraum deutlich steigen dürfte, werden von den Exporten weiter merkliche Impulse für die gesamtwirtschaftliche Produktion ausgehen. Da die Produktionskapazitäten mittlerweile in vielen Ländern hoch ausgelastet sind, regt die kräftige internationale Konjunktur die weltweite Nachfrage nach Ausrüstungsgütern an; dies kommt der deutschen Exportwirtschaft in besonderem Maße zu Gute. Obwohl die Importe im Zuge der dynamischen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland ebenfalls merklich zulegen, bleibt der Leistungsbilanzsaldo in Relation zum Bruttoinlandsprodukt mit 8,2 Prozent in diesem Jahr und 8,0 Prozent im kommenden Jahr hoch.

Die heimische Investitionstätigkeit dürfte ebenfalls recht kräftig bleiben, denn auch hierzulande sind die Kapazitäten gut ausgelastet und die Unternehmen tätigen mehr Erweiterungsinvestitionen. Zwar werden die Zinsen allmählich anziehen, die Finanzierungsbedingungen bleiben aber günstig. Dies stützt auch die Investitionen in Bauten, zudem bleibt – teilweise beruhend auf den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags – die öffentliche Bautätigkeit schwungvoll. Jedoch stößt die Bauwirtschaft mittlerweile an Kapazitätsgrenzen. Dies schlägt sich nicht zuletzt im kräftigen Preisauftrieb nieder, der sich im Prognosezeitraum wohl fortsetzen wird. Alles in allem dürfte die Baukonjunktur rege bleiben.

Trotz der mit dem Koalitionsvertrag angelegten expansiveren Ausrichtung der Finanzpolitik bleibt die Finanzlage des Staates in beiden Jahren günstig. Die staatlichen Einnahmen sprudeln trotz der Entlastungen bei den Sozialabgaben, denn die Beitragseinnahmen sowie die Einkommen- und Verbrauchsteuern profitieren von der günstigen Arbeitsmarktentwicklung und der Ausgabefreude der privaten Haushalte. Auf der Ausgabenseite machen sich zwar die Leistungsausweitungen der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sowie die Erhöhung des Kindergelds bemerkbar. Dennoch verbleibt ein deutlicher Überschuss bei den öffentlichen Haushalten von jeweils etwa einem Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt in beiden Prognosejahren; in struktureller, also um konjunkturelle Einflüsse sowie um Einmaleffekte bereinigter, Rechnung geht er allerdings von 0,5 Prozent in diesem auf 0,4 Prozent im kommenden Jahr zurück. Hier werden bereits die mit der expansiven Ausrichtung der Finanzpolitik verbundenen Wirkungen sichtbar, die sich im späteren Verlauf der Legislaturperiode noch verstärken dürften.

Risiken für die Prognose gehen, außer von dem im internationalen Teil angesprochenen eskalierenden globalen Handelskonflikt, insbesondere von der Unsicherheit hinsichtlich des zeitlichen Profils und des Volumens der im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen Ausgaben und Entlastungen aus. Weicht das tatsächliche Finanzgebaren der öffentlichen Hand in erheblichem Maße von den hier getroffenen Annahmen hinsichtlich der Verteilung der Ausgaben über die Legislaturperiode ab, so könnte dies die Konjunktur entsprechend in beide Richtungen beeinflussen. Eine weitere Annahme der Prognose ist, dass die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten genügend Raum dafür bieten, dass der Aufschwung sich fortsetzt. Hierfür spricht unter anderem, dass sich der Auslastungsgrad der deutschen Wirtschaft noch unterhalb seiner früheren Spitzenwerte befindet. Sollten die Kapazitätsgrenzen früher bindend werden, so könnte der nächste Abschwung bereits im Prognosezeitraum einsetzen. Schließlich deuten einige Finanzmarktindikatoren darauf hin, dass die Zuwachsraten der Produktion deutlicher zurückgehen könnten als hier prognostiziert. So sind die Kurse deutscher Aktien seit Beginn des Jahres um etwa 10 Prozent gefallen und die in der Kursvolatilität zum Ausdruck kommende Unsicherheit ist gestiegen. In der Vergangenheit haben diese Indikatoren eine gewisse Prognosekraft für die Produktion aufgewiesen. Insgesamt sind diese Signale aber nicht stark genug, um eine stärkere Abkühlung der deutschen Wirtschaft für wahrscheinlich zu halten.

Die neue Bundesregierung steht vor einer Reihe von wirtschaftspolitischen Herausforderungen. Die aktuellen Änderungen sowohl in der Handels- als auch in der Steuerpolitik der USA haben internationale Auswirkungen, von denen auch Deutschland betroffen ist. In beiden Bereichen ist internationale Kooperation erforderlich, um die globale Wohlfahrt zu erhöhen. Der internationale Güteraustausch führt umso mehr zu Wohlfahrtsgewinnen, je weniger er durch Handelshemmnisse eingeschränkt wird und je stärker er multilateral nach von möglichst vielen Ländern akzeptierten marktwirtschaftlichen Grundsätzen erfolgt. Bei der Unternehmensbesteuerung stehen nationale Regierungen international operierenden Unternehmen gegenüber, die bei unkoordinierter nationaler Steuerpolitik leichter Regulierungsarbitrage betreiben können, so dass die Nationalstaaten letztlich Schwierigkeiten haben, die Unternehmen angemessen an der Finanzierung der öffentlichen Ausgaben zu beteiligen. In beiden Bereichen, der Handelspolitik und der Unternehmensbesteuerung, empfehlen die Institute daher, international koordiniert vorzugehen.

Auch auf nationaler Ebene muss die Wirtschaftspolitik die Rahmenbedingungen für einen effizienten Einsatz von Arbeit und Kapital schaffen, um das Produktionspotenzial durch Innovation und Produktivitätsfortschritt langfristig zu steigern. Dazu gehören die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung durch eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Integration Langzeitarbeitsloser und Unterbeschäftigter, die Verbesserung der Anreize zur Teilnahme am Erwerbsleben durch eine Senkung der Abgabenlast, sowie eine verbesserte Erwerbsbeteiligung Älterer. Diese längerfristigen Herausforderungen wurden teilweise im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD adressiert.

Die expansiven finanzpolitischen Pläne der neuen Bundesregierung wirken in einer Zeit stimulierend auf die wirtschaftliche Aktivität, in der die deutsche Wirtschaft ohnehin hoch ausgelastet ist und gemäß aktueller Schätzung über Potenzial produziert. Die Finanzpolitik sollte sich zwar nicht an den kurzfristigen Konjunkturschwankungen orientieren – eine solche Feinsteuerung ist praktisch kaum möglich –, aber sie sollte die Konsequenzen für die gesamtwirtschaftliche Stabilität und die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen im Blick haben. Eine Finanzpolitik nach kurzfristiger Kassenlage sollte vermieden werden. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Leistungsausweitungen und Leistungsversprechen in der Gesetzlichen Rentenversicherung laufen dem Nachhaltigkeitsgedanken zuwider.

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