cover_SH_2013-1.jpg

Neuere Anwendungsfelder der Input-Output-Analyse - Beiträge zum Halleschen Input-Output-Workshop 2012

Im März 2012 trafen sich Input-Output-Experten aus dem Bereich Forschung, Lehre und Statistik im deutschsprachigen Raum zum sechsten Mal am Institut für Wirtschaftsforschung Halle und stellten ihre neuesten Arbeiten zum Tabellenwerk der Input-Output-Analyse und neueren Anwendungen zur Diskussion. Der Veranstalter der Tagung hat aufgrund der Vielfalt der Themen das Motto des ersten Treffens im Jahr 2002 beibehalten und präsentiert die Beiträge wieder unter dem Titel „Neuere Anwendungsfelder der Input-Output-Analyse“. Die Publikationsreihe umfasst mit dem vorliegenden Sonderheft bereits sechs Bände. Der neue Band enthält die aktualisierte Fassung der Vorträge, die auf dem Workshop vom 15. bis 16. März 2012 in Halle (Saale) zu vier thematischen Schwerpunkten gehalten und zur Veröffentlichung eingereicht worden sind oder nachgereicht wurden.

12. Juni 2013

Autoren IWH

Im ersten Schwerpunkt werden neue Aktivitäten zur Erstellung nationaler In­put-Out­put-Tabellen und zu deren Erweiterung vorgestellt. Hier präsentieren R. Fremdling und R. Stäglin erstmalig ihre abschließende Input-Output-Tabelle für das Deutsche Reich im Jahr 1936. Sie umfasst 39 Sektoren, fünf Kategorien der Endnachfrage und fünf primäre Einsatzfaktoren. U.-P. Reich entwickelt einen Vorschlag zur Erweiterung der Standardversion einer Input-Output-Tabelle um eine Sozialrechnungsmatrix (social accounting matrix), mit der die Erfassung der Produktionsverflechtungen um die Verflechtung unterschiedlicher Lebenslagen von privaten Haushalten in Deutschland erweitert werden kann. J. Richter analysiert anhand der Input-Output-Tabellen für Österreich im Jahr 2007 den komplexen Aufbau der Datengrundlage in Form verschiedener Schichten von Informationen, arbeitet den Erkenntnischarakter der einzelnen Schichten heraus und stellt sie wie ein Gebirge dar. Das Kapitel wird abgerundet mit einem Beitrag zur Hochschullehre. Vor dem Hintergrund des institutionellen und technologischen Wandels in Markt- und Transformationswirtschaften bricht J.-M. Emmenegger eine Lanze für die Wiederbelebung und Entwicklung eines Curriculums mit dem Schwerpunkt Input- Output-Analyse. In Grundzügen entwirft er ein Stufenprogramm für das Studium an Hoch­schulen und Universitäten.

Der zweite Schwerpunkt liegt bei neueren Anwendungen der Input-Output-Methode. M. Grömling und J. Matthes befassen sich mit der Komponentenzerlegung des Wertschöpfungszuwachses in der Industrie Deutschlands und arbeiten anhand der Input-Output-Tabellen von 1995 bis 2007 den wechselnden Einfluss der inländischen Endnachfrage, der Vorleistungsverflechtung sowie des Außenbeitrags heraus. Die These von der überragenden Wirkung des Exports auf die industrielle Entwicklung in der Aufschwungphase 2004 bis 2007 können sie nicht bestätigen. T. Siebe geht dem Strukturwandel zwischen Industrie und Dienstleistungsgewerbe in Deutschland auf den Grund. Anhand von Simulationsexperimenten mit einem Input-Output-Modell analysiert er die Produktions- und Beschäftigungseffekte der Exportnachfrage, insbesondere die Auswirkungen der zunehmenden intermediären Warenimporte auf die Beschäftigung. Dabei wird der komplementäre Charakter der Vorleistungsbeziehungen zwischen Industrie und Dienstleistungssektor hervorgehoben. M. Klein et al. widmen sich einem anderen Aspekt des internationalen Handels, der zunehmenden Austauschbeziehungen zwischen den Ländern im Bereich industrieller Vorleistungsgüter. Sie greifen die von der WTO ausgelöste Made-in-the-World-Initiative auf, mit der in der Außenhandelsstatistik die Wertschöpfungsinhalte der grenzüberschreitenden Warenströme erfasst werden sollen. Sie geben einen Überblick über die historischen und wirtschaftstheoretischen Grundlagen und plädieren für eine Internationalisierung der Input-Output-Rechnung. M. Luptáčik und M. Lábaj analysieren die Produktivitäts- und Lohnentwicklung in der Slovakei in den Jahren 2000 bis 2005 anhand des offenen statischen Leontief-Modells. Dabei wird die Entwicklung der Lohnhöhe in einzelnen Wirtschaftszweigen im Zusammenhang mit den Entwicklungen der Löhne und Produktivität auf der Makroebene, der Struktur der Produktion und der Endnachfrage analysiert.
T. Drosdowski et al. stellen einen einfachen Input-Output-Ansatz vor, mit dem Projektionen auf der Bedarfs- und Angebotsseite des Arbeitsmarktes für Qualifikationen und Berufe der Erwerbstätigen formalisiert und aufeinander abgestimmt werden können. Exemplarisch werden die Ergebnisse der Saldierung beider Marktseiten für die mittlere Qualifikationsstufe diskutiert.

Der dritte Schwerpunkt umfasst regionale Input-Output-Tabellen und Analysen. U. Ludwig et al. präsentieren ihre erste, nach dem originären Verfahren (Survey-Methode) erzeugte Version der Absorptionsmatrix für den Wirtschaftsraum Ostdeutschland. Zusammen mit der Makematrix, deren industrieller Bereich auf der Tagung im Jahr 2010 vorgestellt worden war, existieren damit die entscheidenden Ausgangstabellen für die Ableitung einer symmetrischen Input-Output-Tabelle für das Jahr 2002. Aus den Unterschieden der regionalen Ergebnisse im Bereich der Vorleistungsverflechtung der Industrie und Güterstrukturen ausgewählter Kategorien der Endverwendung gegenüber den gesamtdeutschen Verhältnissen schließen sie auf die Dring­lichkeit der Aufstellung ori­ginärer regionaler Tabellen. T. Kronenberg und
J. Többen greifen die Behandlung der Importe in regionalen Input-Output-Tabellen auf. Sie sehen in der Art der Importverbuchung einen entscheidenden Grund für die Wahl eines bestimmten Non-Survey-Verfahrens bei der Erstellung regionaler Input-Output-Tabellen. Zwei weitere Beiträge befassen sich mit regionalökonomischen Untersuchungen, in denen der Engpass an amtlichen regionalen Input-Output-Tabellen auf methodischem Wege in Kombination mit nationalen Daten verringert werden kann. So entwickelt P. Ulrich eine Methode zur Ableitung länderspezifischer indirekter Effekte im Bereich der Vorleistungsverflechtungen beim Ausbau erneuerbarer Energien. Ausgangspunkt ist die nationale Input-Output-Tabelle für Deutschland, die um empirisch fundierte Annahmen zu intraregionalen Lieferquoten und interregionalen Verflechtungen ergänzt wird. Schließlich stellen K. Zimmermann et al. ein dynamisches, nicht-lineares Input-Output-Modell vor, mit dem die Produktions-, Lohn- und Investitionseffekte der touristischen Nachfrage in Mecklenburg-Vorpommern bis zum Jahr 2030 vorausberechnet werden. Der regionalökonomische Bezug des Modells wird durch Lokalisationsquotienten hergestellt.

Der vierte Schwerpunkt befasst sich mit umweltbezogenen Input-Output-Analysen. H. Mayer greift alternative Methoden zur Bestimmung des Wasserverbrauchs in der Nahrungsgüterproduktion auf. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Bestimmung des Wassergehalts von importierten Gütern und dessen Zurechnung auf Verbrauchskategorien. Dazu stellt er die Vor- und Nachteile der „Footprint-Methode“ und der Input-Output-Analyse gegenüber.
T. Kronenberg et al. wenden sich dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm in Deutschland zu. Im Mittelpunkt stehen jedoch nicht die Energieeinsparung und die Reduktion von CO2-Emissionen, sondern die konjunkturstabilisierenden Wirkungen des Programms in der vergangenen Wirtschaftskrise. Zur Analyse der makroökonomischen Effekte und der dadurch induzierten staatlichen Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen erweitern sie das statische offene Input-Output Mengenmodell um eine Verteilungsmatrix der verschiedenen Steuer- und Abgabearten.

Empfohlene Publikationen

cover_SH_2013-1.jpg

Verwendungsaggregate in der ostdeutschen Input-Output-Rechnung

Udo Ludwig Hans-Ulrich Brautzsch Brigitte Loose

in: Beitrag in IWH-Sammelwerk, aus: Neuere Anwendungsfelder der Input-Output-Analyse − Beiträge zum Halleschen Input-Output-Workshop 2012. Tagungsband, IWH-Sonderhefte 1/2013, Halle (Saale) 2013

Abstract

Input-Output-Tabellen bilden eine wichtige Datengrundlage für die empirische Wirtschaftsforschung. Auf nationaler Ebene werden diese Rechenwerke in Deutschland seit 1960 regelmäßig vom Statistischen Bundesamt erstellt. Auf regionaler Ebene hatten sich in der Vergangenheit auch Wirtschaftsforscher dieser Aufgabe angenommen. Nach einer Blütezeit in den 1970er Jahren, als regionale Tabellen für eine ganze Reihe von westdeutschen Bundesländern und Großräumen aufgestellt worden waren (Stäglin 1980), haben jedoch die Aktivitäten deutlich nachgelassen (Pfähler 2001). In neuerer Zeit gibt es eine Machbarkeitsstudie für die Freie und Hansestadt Hamburg (Münzenmeier, Stäglin 1995) und liegt eine Tabelle für Mecklenburg-Vorpommern vor (Kronenberg 2010).

Publikation lesen

Ihr Kontakt

Für Journalistinnen/en

Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft LogoTotal-Equality-LogoGefördert durch das BMWK