Quantitative Bewertung des Ausfallrisikos von Forderungsportfolios gewerblicher Unternehmen. Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung von Schätzunsicherheit und einer fehlenden eigenen Datenbasis im Unternehmen
Gewerbliche Unternehmen werden durch verschiedene Risiken gefährdet. Das Forderungsausfallrisiko ist isoliert betrachtet häufig zwar nicht das wichtigste Einzelrisiko, allerdings treten Forderungsausfälle oftmals nicht unabhängig von anderen Risiken auf. Aufgrund solcher Abhängigkeiten ist die Quantifizierung dieses Risikos im Rahmen eines ganzheitlichen Risikomanagements notwendig, wenn der Eigenkapitalbedarf und damit die Risikotragfähigkeit eines Unternehmens bewertet werden soll. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die quantitative Bewertung des Forderungsportfoliorisikos gewerblicher Unternehmen zu ermöglichen.
08. Oktober 2012
Grundsätzlich können Unternehmen ähnliche Kreditrisikomodelle wie Banken nutzen, um das Ausfallrisiko ihres Forderungsportfolios zu bewerten. Allerdings müssen diese Modelle individuell parametrisiert werden. Da viele gewerbliche Unternehmen in der Regel jedoch allenfalls über geringe historische Datenbestände verfügen, auf deren Basis Modellparameter geschätzt werden können, sind Modellrisiken von sehr großer Bedeutung. In dieser Arbeit wird daher ein besonderer Fokus auf die Frage gelegt, wie das Modellrisiko „Schätzunsicherheit“ quantifiziert und bei der Portfoliobewertung berücksichtigt werden kann. Es wird gezeigt, dass sich durch die Schätzunsicherheit der Bedarf an ökonomischem Eigenkapital um mehr als 40% erhöhen kann. Auch wird demonstriert, welchen Einfluss dieses Modellrisiko auf die Kosten der Kreditgewährung hat. Darüber hinaus wird untersucht, welche Merkmale eines Portfolios Rückschlüsse auf die Bedeutung der Schätzunsicherheit zulassen.
In der Praxis können jedoch eine Vielzahl von Unternehmen, insbesondere Unternehmen, die mit der quantitativen Risikobewertung Neuland betreten, gar keine historischen Daten zur Parametrisierung von Bankenmodellen zur Verfügung stellen. Für solche Unternehmen wird in der vorliegenden Arbeit ein auf einem Benchmark-Ansatz beruhendes Modell entwickelt, welches auf Grundlage von Kreditoreneigenschaften eine quantitative Bewertung der Verlustverteilung eines Forderungsportfolios ermöglicht. Hierfür werden, basierend auf einer empirischen Studie, Verteilungen für einzelne Parameter des Forderungsausfallrisikos abgeleitet. Ein solches Modell ist damit vor allem für Unternehmen interessant, die im Rahmen eines ganzheitlichen Risikomanagements das Forderungsausfallrisiko bewerten wollen, dieses Risiko selbst jedoch eher als sekundär betrachten. Aber auch für Unternehmen, die an der Bewertung des Forderungsausfallrisikos primär interessiert sind, kann der hier entwickelte Benchmark-Ansatz ein geeignetes Einstiegsmodell sein.