Umweltschutz und Wettbewerbsfähigkeit: Neue außenhandels- und standorttheoretische Ansätze und empirische Evidenz

Die Autoren des vorliegenden Forschungsberichtes haben sich unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Harbach (Fachhochschule Anhalt) mit der Frage beschäftigt, ob Umweltchutzmaßnalnnen die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft beeinträchtigen. Der Bericht will anhand neuerer theoretischer und empirischer Erkenntnisse die Rolle der Umweltpolitik bei Standortproblemen beleuchten. Ausgangspunkt für eine mögliche un­günstige Rolle des Umweltschutzes ist dabei die These, daß eine strenge Umweltpolitik in einem Land dort die Produktionskosten erhöht. Dadurch werden vor allem die inländi­schen Unternehmen benachteiligt, die hohe Umweltschutzinvestitionen tätigen müssen. Auf der Basis dieser Argumentation sagt die klassische Außenhandelstheorie Wettbe­werbsnachteile durch Umweltschutz voraus. 

01. Dezember 1998

Autoren Jens Horbach Thomas Meißner Jacqueline Rothfels

Die in der vorliegenden Arbeit erfolgte An­wendung der neuen Außenhandelstheorie kann jedoch zu abweichenden Ergebnissen füh­ren. Umweltpolitische Instrumente eröffnen der inländischen Regierung unter Umständen die Möglichkeit, Unternehmensgewinne und Marktanteile von den ausländischen zu den inländischen Unternehmen umzuleiten. Eine Regierung kann demnach den Anreiz haben, eine strengere Umweltpolitik zu implementieren, als es ohne Berücksichtigung der Posi­tion der Unternehmen im internationalen Wettbewerb der Fall wäre. So stellen beispiels­weise Mindestumweltstandards für Produkte ein nicht-tarifäres Handelshemmnis für ausländische Anbieter dar, so daß die Position des inländischen Anbieters auf dem Inlandsmarkt durch die strengere Umweltpolitik sogar verbessert wird. Auch Direktinve­ stitionsströme werden durch eine strenge Umweltpolitik nicht automatisch um.gelenkt. Von Land zu Land unterschiedliche umweltpolitische Maßnalnnen haben nämlich dann keinen Einfluß auf Kapitalströme, wenn beispielsweise das Land mit den niedrigen Umweltschutzkosten nicht in der Lage ist, ein gut ausgebildetes Humankapital oder funktio­ nierende Verwaltungen zur Verfügung zu stellen.

Das aus den theoretischen Überlegungen gewonnene, nicht eindeutige Bild bestätigt sich auch in den hier durchgeführten empirischen Analysen: Im Rahmen einer ökonome­trischen Analyse für die chemische Industrie als Vertreterin einer umweltintensiven Branche zeigt sich, daß deutsche Chemieunternehmen durchaus Standorte bevorzugen, die durch eine wenig strenge Umweltschutzgesetzgebung gekennzeichnet sind. Einen quantitativ wesentlich höheren Einfluß auf Standortentscheidungen haben jedoch Deter­minanten wie ein hohes Nachfragepotential, ein hoher Entwicklungsstand des Ziellandes oder eine schon hohe Präsenz der chemischen Industrie, die für den Investor ein gut ausgebildetes Humankapital bzw. eine günstige Infrastruktur bedeutet.

Im Vergleich zu Deutschland immer noch niedrigere Umweltstandards in den mittel­und osteuropäischen Ländern legten außerdem eine Untersuchung der Umweltaspekte der zunehmenden Integration dieser Länder in die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung nahe. Die empirische Analyse zeigt allerdings auf, daß sich der Handel zwischen Deutschland und den betrachteten mittel- und osteuropäischen Ländern bei nicht-um­weltkostenintensiven Gütern wesentlich dynamischer entwickelte als bei umweltintensi­ven Gütem. 

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