Konjunktur aktuell: Schulden- und Vertrauenskrise bringt Rezessionsgefahr nach Deutschland
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 9,
2011
Abstract
Drei Jahre nach dem Beginn der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte steht die Wirtschaft des Euroraums vor einer erneuten Rezession; die Konjunktur in Deutschland gerät aller Wahrscheinlichkeit nach in eine Phase der Stagnation. Nach der hier vorgelegten Prognose wird die gesamtwirtschaftliche Produktion in Deutschland in beiden Quartalen des Winterhalbjahres 2011/2012 leicht sinken; die technische Bedingung für eine Rezession wäre damit auch hier erfüllt.
Eine langsamere Gangart der Konjunktur ab dem zweiten Halbjahr 2011 war schon im Frühjahr weithin erwartet worden. In den vergangenen Wochen hat die Abschwächung jedoch eine neue Qualität bekommen. Die Aktienkurse sind rund um den Globus massiv eingebrochen und zeigen deutlich erhöhte Schwankungen. Gleichzeitig haben sich die Vertrauensindikatoren weltweit stark verschlechtert, zuletzt insbesondere auch in Deutschland. Der Vertrauensverlust setzte ein, während in den USA um die Ausweitung der Obergrenze für Bundesschulden und in der Europäischen Union um ein neues Hilfspaket für Griechenland sowie eine Reform des Rettungsfonds gerungen wurde. Die Ende Juli ausgehandelten Kompromisse wurden weder diesseits noch jenseits des Atlantiks als Befreiungsschläge aus den fiskalpolitischen Krisen aufgefasst und konnten deshalb die Stimmungseinbrüche nicht aufhalten. Stattdessen hat sich die Situation im Euroraum in den vergangenen Wochen weiter zugespitzt, weil an den Finanzmärkten Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der großen Schuldenländer Spanien und vor allem Italien größer geworden sind. Zwar konnte die Europäische Zentralbank eine deutliche Erhöhung der Risikoaufschläge italienischer und spanischer Staatsanleihen durch eine Ausweitung ihres Ankaufprogramms verhindern, eine langfristige Lösung für die Schuldenpro¬blematik ist dies jedoch nicht.
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12.09.2011 • 36/2011
Frühindikatoren ermöglichen Antizipation von Staatsschuldkrisen in Europa
Bei der Antizipation von Staatsschuldkrisen lassen sich hervorragende Prognosequalitäten erzielen, wenn man Einzelindikatoren, die sehr unterschiedliche Prognosequalitäten aufweisen, zu Gesamtindikatoren zusammenfasst. Einige dieser Indikatoren wie Staatsdefizite, Arbeitsmarktindikatoren, private Verschuldung und Leistungsbilanzsalden sind besonders gut, andere wiederum, insbesondere die von der Europäischen Zentralbank vorgeschlagenen Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren, schneiden schlecht ab. Daher liefern besonders breit angelegte Gesamtindikatoren, die die besten Einzelindikatoren beinhalten, sehr gute Vorhersagen. Auch weil sich die Krisenursachen ändern können, sollte ein breiter Gesamtindikator verwendet werden, in den die theoretisch relevanten Einzelindikatoren gleichgewichtet eingehen. Das zeigt eine vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) durchgeführte Analyse der Vorhersagekraft der vorgeschlagenen Indikatoren.
Gregor von Schweinitz
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Bericht über den IWH/INFER-Workshop on Applied Economics and Economic Policy
Katja Drechsel, Makram El-Shagi
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 4,
2011
Abstract
Am 14. und 15. Februar 2011 fand am IWH erstmalig in Zusammenarbeit mit dem International Network for Economic Research (INFER) der Workshop „Applied Economics and Economic Policy“ statt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler europäischer Universitäten und internationaler Organisationen stellten einem breiten Publikum neueste Forschungsergebnisse zu aktuellen ökonomischen Fragen und Problemen vor. Der Workshop richtete sich neben einem wissenschaftlichen Publikum vor allem auch an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter internationaler Organisationen, wie beispielsweise der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB), sowie der verschiedenen Ministerien, wie z. B. der Wirtschaftsministerien. Ziel der Veranstaltung war es somit, nicht nur aktuelle Forschungsergebnisse vorzustellen, sondern auch mit Vertretern aus Wissenschaft und Praxis über aktuelle Wirtschaftspolitik und über das Spezialthema „The Empirics of Imbalances and Disequilibria“
zu diskutieren. Mit Lorenzo Bini Smaghi, Mitglied des Direktoriums der EZB, und Martin Hallet aus der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Kommission konnten zwei hochrangige Vertreter aus den politischen Institutionen als Keynote-Speaker gewonnen werden.
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Konjunktur aktuell: Aufschwung in Deutschland setzt sich kraftvoll fort
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 3,
2011
Abstract
Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in Deutschland wird 2011 um 3% zunehmen. Die Beschäftigung wird weiter kräftig ausgeweitet und die Arbeitslosenquote auf 6,6% sinken. Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt kräftigt die Binnennachfrage. Der Beitrag des Außenhandels ist nach wie vor positiv, wird aber kleiner werden; die wesentlichen Risiken für die deutsche Konjunktur kommen von außenwirtschaftlicher Seite.
Die Weltwirtschaft befindet sich im Aufschwung. Im Winterhalbjahr 2010/2011 expandieren Produktion und Handel weltweit stark, und die Frühindikatoren auf der Basis von Auftragseingängen und Stimmungsumfragen sprechen dafür, dass sich das Tempo des Produktionsanstiegs in den kommenden Monaten beschleunigen dürfte. Hintergrund des Aufschwungs ist eine seit Ausbruch der Finanzkrise ausgesprochen expansive Geldpolitik rund um den Globus.
Die deutsche Wirtschaft profitiert vom globalen Aufschwung, verleiht ihm aber auch Impulse. Mit dem Anstieg des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts um 3,6% belegte Deutschland bezüglich des Produktionszuwachses im Jahr 2010 unter den Industrieländern einen Spitzenplatz; freilich war das reale Bruttoinlandsprodukt im Zuge der Krise hier auch besonders stark gesunken. Mittlerweile hat es sein Niveau vom vierten Quartal 2007, also kurz vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise, wieder erreicht.
Frühindikatoren deuten darauf hin, dass sich der Aufschwung in Deutschland kraftvoll fortsetzen dürfte. Dafür sprechen auch die weiterhin expansive Ausrichtung der Geldpolitik, die Dynamik in den Schwellenländern und die guten Investitionsbedingungen. Für das Jahr 2011 erwarten wir einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um real 3,0% (vgl. Tabelle);das 66% Prognoseintervall unter Ausschluss von Extremrisiken reicht von 2,5% bis 3,5%. Die Beschäftigung wird weiter kräftig ausgeweitet; die Anzahl der Erwerbstätigen wird um etwa eine halbe Million zunehmen und die Arbeitslosenquote auf 6,6% sinken. Im Jahr 2012 wird sich das konjunkturelle Tempo etwas verlangsamen und das reale Bruttoinlandsprodukt um 1,9% zulegen. Die Arbeitslosenquote dürfte weiter auf 5,8% sinken. Die zunehmende Knappheit auf dem Arbeitsmarkt führt zu stärker steigenden Löhnen und Preisen. Der Anstieg der Verbraucherpreise wird 2011, auch wegen des Ölpreissprungs Anfang des Jahres, voraussichtlich 2,3% und 2012 anschließend 1,8% betragen. Der Aufschwung führt dazu, dass das Defizit der öffentlichen Haushalte wieder deutlich unter das Maastricht-Kriterium sinkt, und zwar auf 1,4% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2011 und auf 0,4% im Jahr darauf.
Risiken für die deutsche Konjunktur bestehen vor allem auf außenwirtschaftlicher Seite: Das Basisszenario der vorliegenden Prognose geht von einer raschen Beruhigung der Lage in den arabischen Ländern aus, die aktuelle Gefahr einer neuen Ölkrise besteht jedoch. Weitere Risiken ergeben sich aus der außerordentlichen Liquiditätsversorgung durch die Zentralbanken der fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Einerseits könnte es durch diese in den Schwellenländern, die durch höhere Zinsen Kapital attrahieren, zu einer Überhitzung kommen, die kurzfristig auch hierzulande stimulierend wirken könnte. Andererseits führen die Inflationsrisiken zunehmend zu Unsicherheit, die bereits im Prognosezeitraum belastend wirken könnte. Außerdem bestehen in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften weiterhin Risiken aus den Nachwirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Vielerorts sind die Strukturprobleme der Finanzpolitik und der Bankenaufsicht nicht gelöst.
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On the Institutional Safeguarding of Monetary Policy – A Post-Keynesian Perspective
A. Heise, Toralf Pusch
International Journal of Public Policy,
Nr. 1,
2011
Abstract
The paper takes a fresh look at the governance of the most important macroeconomic objectives: price stability and full employment. On the basis of a post-Keynesian market constellations approach, the necessity and institutional requirements of the coordination of macroeconomic policy areas in general and an optimal central bank setting in particular are analysed, and an amelioration of monetary policy of the neo-Keynesian ‘new macroeconomic consensus’ is provided.
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Möglichkeiten für Vollbeschäftigungspolitik im Rahmen des Europäischen Makroökonomischen Dialogs
Toralf Pusch, A. Heise
K. Busch (Hrsg.), Wirtschaftliche und Soziale Integration in der Europäischen Union,
2010
Abstract
10 Jahre nach ihrer Etablierung zeigt sich in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ein gespaltenes Bild. Trotz unbestreitbarer Erfolge bei der Sicherung von Preisstabilität scheint die Beschäftigungs-Performance des Euroraums getrübt. Im vorliegenden Beitrag wird die These vertreten, dass dies auch an einer mangelhaften Koordination zwischen EZB und Gewerkschaften liegt. Hierzu wird ein spieltheoretisches Modell entwickelt, mit dem verschiedene makroökonomische Ergebnisse erklärt werden können. Mit einem Reputationsgleichgewicht wird ein Vorschlag dargestellt, der es Zentralbank und Gewerkschaften ermöglichen würde, Preisstabilität und einen hohen Beschäftigungsstand vereinbar zu machen, ohne die Unabhängigkeit der Akteure aufzugeben. Der Beitrag schließt mit einigen wirtschaftspolitischen Betrachtungen über die Erreichbarkeit eines solchen Ergebnisses unter Berücksichtigung des Europäischen Makroökonomischen Dialogs.
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Central Banks, Trade Unions and Reputation – Is there Room for an Expansionist Manoeuvre in the European Union?
Toralf Pusch, A. Heise
Journal of Post Keynesian Economics,
2010
Abstract
Seit der Gründung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion hat sich am Problem der hohen Arbeitslosigkeit in der Eurozone wenig geändert. Der überwiegenden Sichtweise zufolge ist dies vor allem auf dysfunktionale Arbeitsmärkte zurückzuführen. In diesem Beitrag gehen wir der Frage nach, welche Änderungen sich ergeben können, wenn Gewerkschaften und Zentralbank in einem Klima der Unsicherheit zwischen verschiedenen Optionen wählen können. Das wahrscheinlichste Ergebnis im einstufigen Spiel ist eine hohe Arbeitslosenquote. Bei einer Wiederholung des Spiels können sich die Ergebnisse deutlich ändern. Dies wird allerdings dann unwahrscheinlich, wenn die Zentralbank ein außerordentlich hohes Gewicht auf Preisstabilität legt. Zweitens erfordert ein Vollbeschäftigungs-Gleichgewicht ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft bzw. Koordinierungspotential auf Seiten der Gewerkschaften.
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21.10.2010 • 59/2010
Vorteile einer niedrigen Inflationsrate: Empirische Ergebnisse für den Euroraum
Sind höhere Inflationsziele für die Zentralbanken eine angemessene Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise? Es ist keineswegs offensichtlich, dass der durch höhere Inflationsraten größere Spielraum in Bezug auf Leitzinssenkungen in Krisenzeiten auch zu einem volkswirtschaftlichen Mehrwert führt. Denn die mit einer höheren Inflationsrate einhergehenden volkswirtschaftlichen Kosten sind keineswegs gering anzusetzen, wie eine heute erscheinende Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) nachweist.
Juliane Scharff
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Wege aus der Schulden- und Vertrauenskrise in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion
Diemo Dietrich, Oliver Holtemöller, Axel Lindner
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 8,
2010
Abstract
Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) befindet sich gegenwärtig in einer Schulden- und Vertrauenskrise. Die europäischen Institutionen haben darauf mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert: Ein Finanzstabilisierungsmechanismus wurde geschaffen, und die Europäische Zentralbank hat damit begonnen, die Anleihen von denjenigen Mitgliedsstaaten des Euro-Währungsgebietes aufzukaufen, die auf den Finanzmärkten gar nicht mehr oder nur zu relativ hohen Zinsen Finanzmittel aufnehmen können. Zwar können diese Maßnahmen kurzfristig geeignet sein, die Lage zu stabilisieren; langfristig sind sie jedoch problematisch. So wird das Überschuldungsproblem Griechenlands nicht dauerhaft gelöst und die Krisenanfälligkeit sowohl des Finanzsystems als auch der Mitgliedsstaaten selbst wird nicht gemindert. Die durch die ergriffenen Maßnahmen gewonnene Zeit muss unbedingt zur Stärkung der Institutionen im Euro-Währungsgebiet genutzt werden. Eine graduelle Modifikation des Stabilitäts- und Wachstumspaktes oder die Schaffung neuer politischer Institutionen, zum Beispiel einer europäischen Wirtschaftsregierung, wird dies nicht leisten können. Vielmehr bedarf es der Einsicht, dass Krisen Bestandteil marktwirtschaftlich organisierter Volkswirtschaften sind und dass vorab vereinbarte Regeln für den Umgang mit ihnen festgelegt werden müssen. Dazu zählt vor allem eine Insolvenzordnung für Banken und auch für Staaten, um systemische Risiken zu reduzieren.
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25.08.2010 • 44/2010
Wege aus der Schulden- und Vertrauenskrise in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion
Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) befindet sich gegenwärtig in einer Schulden- und Vertrauenskrise. Die europäischen Institutionen haben reagiert: Ein Finanzstabilisierungsmechanismus wurde geschaffen, der finanziellen Beistand in Höhe von hunderten Milliarden Euro gewähren kann, und die Europäische Zentralbank kauft seit einiger Zeit Anleihen hochverschuldeter Euro-Staaten auf.
Diemo Dietrich
Oliver Holtemöller
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