IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten im August leicht gesunken

Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer heute veröffentlichten Analyse feststellt, ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im August zwar leicht zurückgegangen. Dennoch liegt der Wert deutlich höher als vor der Corona-Pandemie. Besonders viele Insolvenzen gab es in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen.

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im August bei 1 282 (vgl. Abbildung 1). Das sind 9% weniger als im Vormonat, aber 27% mehr als im August 2023. Der aktuelle Wert liegt 37% über dem August-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Besonders stark betroffen sind aktuell Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen. In allen drei Bundesländern wurden im August die höchsten Werte seit Beginn der Erfassung im IWH-Insolvenztrend im Januar 2016 verzeichnet. Baden-Württemberg registrierte 163 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften, was 94% über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 liegt. In Bayern gab es 203 solcher Firmenpleiten (+84%), in Sachsen 52 (+54%).

Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im August in den größten 10% der insolventen Unternehmen fast 15 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten mehr als die Hälfte über dem Vormonatswert, 39% höher als im August 2023 und 84% über dem Durchschnitt eines typischen Augusts der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2). Zu den größten Einzelinsolvenzen im August gehörten die Modemarke Esprit sowie die Gießereien Franken Guss und Sachsen Guss.

Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um zwei bis drei Monate vorauslaufen. Im Juli stiegen diese Indikatoren stark an und liegen trotz eines leichten Rückgangs im August weiterhin auf hohem Niveau. „Wir erwarten auf Basis unserer Frühindikatoren einen erneuten Anstieg der Insolvenzen im September und Oktober“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. Die Insolvenzzahlen dürften damit weiterhin deutlich über dem Niveau von vor der Coronapandemie liegen.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3).

Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.

Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.

Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.

Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

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