IWH-Insolvenztrend: Weiterhin Höchststände bei Insolvenzzahlen, Industrie stark betroffen
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im März bei 1 459 (vgl. Abbildung 1). Das sind 2% mehr als im Vormonat, 12% mehr als im März 2024 und 46% mehr als in einem durchschnittlichen März der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im März in den größten 10% der insolventen Unternehmen mehr als 16 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten um 13% unter dem Vormonatswert, 43% über dem Niveau von März 2024 und mehr als doppelt so hoch wie im März-Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2).

Im ersten Quartal 2025 waren 4 237 Personen- und Kapitalgesellschaften von einer Insolvenz betroffen. Damit wurden die Werte des vierten Quartals 2024 – in dem die höchsten Insolvenzzahlen seit dem Ende der großen Wirtschafts- und Finanzkrise Mitte 2009 gemessen wurden – nochmals leicht übertroffen (+1%). Die Zahl der betroffenen Jobs in den größten 10% der insolventen Unternehmen stieg um etwa ein Sechstel auf knapp 49 000 an. Eine branchenspezifische Aufschlüsselung für insolvente Personen- und Kapitalgesellschaften liegt beim Statistischen Bundesamt nicht vor. Das IWH erhebt diese Daten seit Januar 2020. Im ersten Quartal 2025 wurde in wichtigen Branchen ein absoluter Höchststand verzeichnet. Dazu gehören Industrie, Bauwesen, Handel und die sonstigen Dienstleistungen. Mit Abstand am meisten Jobs waren in der Industrie betroffen.
Verglichen mit dem ersten Quartal 2020 – also noch bevor die Pandemie das Insolvenzgeschehen hätte prägen können – stieg die Zahl der Insolvenzen im ersten Quartal 2025 um 52%. Unter den großen Bundesländern gab es die stärksten Zuwächse in Bayern (+80%) und Baden-Württemberg (+73%). Beide Länder verzeichnen zudem starke Anstiege bei den betroffenen Jobs (Bayern +93%, Baden-Württemberg +66%). Bei den Insolvenzbranchen mit den meisten betroffenen Jobs lag der Zuwachs im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen (+260%) am höchsten, gefolgt von Industrie, Bau und Handel, wo sich die Zahlen jeweils fast verdoppelten.
Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung, führt die hohen Insolvenzzahlen nur zum Teil auf aktuelle gesamtwirtschaftliche Probleme zurück. „Extrem niedrige Zinsen haben Insolvenzen über viele Jahre verhindert, und während der Pandemie sind Insolvenzen von bereits zuvor schwachen Unternehmen aufgrund von Stützungsmaßnahmen ausgefallen“, sagt Müller. „Der Zinsanstieg und der Wegfall der Stützungsmaßnahmen haben ab 2022 Nachholeffekte bei Insolvenzen ausgelöst.“ Müller sieht in den hohen Insolvenzzahlen schmerzhafte, aber notwendige Marktbereinigungen, die Platz für zukunftsfähige Unternehmen machen.
IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3).

Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.
Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.
Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.
Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.
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