IWH-Tarif-Check: Kräftige reale Netto-Tariflohnzuwächse für Beschäftigte im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen im Jahr 2023
Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen erhalten im Jahr 2023 keine reguläre Tariflohnerhöhung. Vielmehr wurden Zahlungen in Form der so genannten Inflationsausgleichsprämie vereinbart. Dieses Instrument, das der Gesetzgeber zeitlich befristet im Rahmen des dritten Entlastungspakets geschaffen hat, erlaubt es Arbeitgebern, bis zu einem Betrag von 3.000 Euro Sonderzahlungen zu leisten, die sozialversicherungs- und lohnsteuerfrei sind. Die im öffentlichen Dienst abgeschlossene Tarifvereinbarung sieht dabei grundsätzlich gleich hohe Zahlungen an alle Beschäftigten vor. Davon profitieren die unteren Gehaltsgruppen prozentual stärker. So steigt beispielsweise für einen Beschäftigten im mittleren Dienst (Entgeltgruppe 8 Stufe 2) das Bruttogehalt im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr insgesamt um 7,1%. Dieser Zuwachs ergibt sich aus einer Sonderzahlung über 1.240 Euro im Juni 2023 und über jeweils 220 Euro in den darauffolgenden Monaten. Insgesamt werden im Jahr 2023 2.560 Euro Inflationsausgleichszahlungen sozialversicherungs- und lohnsteuerfrei je Beschäftigten gezahlt. Die noch offene Differenz zur maximal möglichen Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro wird im Januar und Februar 2024 an die Beschäftigten ausgezahlt. Im März entfällt die temporäre Sonderzahlung, und ein Sockelbetrag in Höhe von 200 Euro erhöht die Tarifentgelte. Zusätzlich gibt es dann eine reguläre Tariflohnerhöhung um 5,5%. Der Gesamtzuwachs soll dabei mindestens 340 Euro je Monat betragen. Damit steigen die Bruttogehälter im Jahr 2024 insgesamt, in dem Beispiel eines Beschäftigten der Entgeltgruppe 8 um 4,3%.
Durch die vom Gesetzgeber gewährte Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit auf die Inflationsausgleichsprämie erhalten die Beschäftigten die vereinbarten Zahlungen ohne die sonst üblichen gesetzlichen Abzüge. „Damit steigen die Nettolöhne um den gleichen Betrag wie die Bruttolöhne“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH. „Prozentual gerechnet ist der Anstieg sogar noch kräftiger“. Zusätzlich wird aufgrund des Inflationsausgleichsgesetzes im Jahr 2023 weniger Lohnsteuer als im Jahr 2022 erhoben, sodass auch das bisherige Gehalt von der Lohnsteuer entlastet wird. Allerdings mindern die gestiegenen Sozialversicherungsbeiträge dies wieder. Bei dem oben genannten Beispiel des mittleren Dienstes liegt damit der Nettolohnanstieg im Jahr 2023 mit 11,9% deutlich über dem Bruttolohnanstieg von 7,1%. Da zu Beginn des nächsten Jahres der maximale Betrag der Inflationsausgleichsprämie ausgeschöpft ist und laut Tarifvereinbarung ein Sockelbetrag auf das Tarifentgelt aufgeschlagen wird, fallen dann auch wieder alle regulären Lohnabzüge an. Das kann trotz nochmals deutlich höherer Bruttolöhne im Jahr 2024 zu stagnierenden Nettolöhnen bei den Beschäftigten führen. „Der Anstieg der Bruttolöhne im Jahr 2024 wird dadurch insgesamt mehr oder weniger vollständig aufgesogen, sodass die Nettolöhne stagnieren“, so Holtemöller.
Zwar wurde durch die Inflationsausgleichsprämie – vor allem durch den Nettolohneffekt – sowohl die Teuerung im laufenden Jahr als auch die des Vorjahres zum großen Teil ausgeglichen, im Jahr 2024 dürfte es hingegen dann wohl wieder zu Kaufkraftverlusten kommen.
Werden alle Teilkomponenten berücksichtigt, so hat ein kommunaler Beschäftigter im mittleren Dienst nach realen Netto-Tariflohneinbußen von 4,5% im Jahr 2022 durch die Inflationsausgleichprämie im Jahr 2023 ein deutliches Plus von 6,1% und im Jahr 2024 aufgrund der nur langsam sinkenden Inflation reale Netto-Lohnverluste von etwa 3½%.
Alle bisherigen Ausgaben des IWH-Tarif-Checks sind auch auf der IWH-Website nachzulesen.
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