Wirtschaftliche Mobilität dürfte nach Lockerung deutlich steigen – aber auch die Zahl der COVID-19-Fälle
In Deutschland wurden Anfang März in einigen Bereichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus gelockert; so wurde die Anzahl der Personen aus verschiedenen Haushalten, die sich treffen dürfen, vielerorts erhöht, und Einzelhandelsgeschäfte können vermehrt wieder Kunden empfangen. Auf diese Weise kommt es zu einem gewollten Wiederanstieg der wirtschaftlichen Mobilität und der persönlichen Kontakte zwischen Menschen. Die Kontakthäufigkeit ist aber auch ein wesentlicher Einflussfaktor für die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus, zumal die Lockerungen bislang nicht mit einer systematischen Teststrategie einhergehen; und auch der Impffortschritt bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück.
Schätzungen auf Basis eines Modells für den Zusammenhang zwischen Eindämmungsmaßnahmen (Oxford COVID-19 Government Response Tracker, Stringency Index), wirtschaftlicher Mobilität (Google Mobility Data), Corona-Neuinfektionen und Todesfällen (Weltgesundheitsorganisation) mit Daten aus 44 Ländern deuten darauf hin, dass die jüngsten Lockerungen die wirtschaftliche Mobilität um mehr als zehn Prozentpunkte und die Zahl der Neuinfektionen und der Todesfälle in Deutschland um 25% erhöhen. Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), und Koautor Malte Rieth, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), simulieren ein kontrafaktisches Szenario ohne die Anfang März vorgenommenen Lockerungen. Dem stellen sie ein Szenario gegenüber, in dem der Index für die Intensität der Eindämmungsmaßnahmen um 5% sinkt, was in etwa dessen Rückgang Anfang März entspricht. Ausgewiesen wird die Differenz zwischen diesen beiden Szenarien (vgl. Abbildung).
"Sowohl ein fortgesetzter Lockdown als auch Lockerungen bringen erhebliche negative Konsequenzen mit sich. Es ist daher umso wichtiger, durch eine bessere Test- und Quarantänestrategie und durch eine höhere Geschwindigkeit beim Impfen weitere Lockerungen zu ermöglichen, ohne damit die Gesundheit der Menschen zu gefährden", sagt Holtemöller.
Veröffentlichung:
Oliver Holtemöller, Malte Rieth: Wirtschaftliche Mobilität dürfte nach Lockerung deutlich steigen – aber auch die Zahl der COVID-19-Fälle. IWH Policy Notes 3/2021. Halle (Saale) 2021.
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Zugehörige Publikationen
Wirtschaftliche Mobilität dürfte nach Lockerung deutlich steigen – aber auch die Zahl der COVID-19-Fälle
in: IWH Policy Notes, 3, 2021
Abstract
In Deutschland wurden Anfang März in einigen Bereichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus gelockert; so wurde die Anzahl der Personen aus verschiedenen Haushalten, die sich treffen dürfen, vielerorts erhöht und Einzelhandelsgeschäfte können vermehrt wieder Kunden empfangen. Auf diese Weise kommt es zu einem gewollten Wiederanstieg der wirtschaftlichen Mobilität und der persönlichen Kontakte zwischen Menschen. Die Kontakthäufigkeit ist allerdings auch ein wesentlicher Einflussfaktor für die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus, zumal die Lockerungen bislang nicht mit einer systematischen Teststrategie einhergehen; und auch der Impffortschritt bleibt hinter den Erwartungen zurück. Schätzungen auf Basis eines Modells für den Zusammenhang zwischen Eindämmungsmaßnahmen (Oxford COVID-19 Government Response Tracker, Stringency Index), wirtschaftlicher Mobilität (Google Mobility Data), Corona-Neuinfektionen und Todesfällen mit Daten aus 44 Ländern deuten darauf hin, dass die jüngsten Lockerungen die wirtschaftliche Mobilität um mehr als zehn Prozentpunkte ansteigen lassen und die Zahl der Neuinfektionen und der Todesfälle in Deutschland um 25% erhöhen. Da sowohl ein fortgesetzter Lockdown als auch Lockerungen erhebliche negative Konsequenzen mit sich bringen, ist es umso wichtiger, durch eine bessere Test- und Quarantänestrategie und durch eine höhere Geschwindigkeit beim Impfen weitere Lockerungen zu ermöglichen, ohne damit die Gesundheit der Menschen zu gefährden.