Inhalt
Seite 1
Die Entwicklung von Prognosetools
Seite 2
Prognosekraft von Bankkreditspreads
Seite 3
Ursachen für die Prognosekraft und abschließende Überlegungen
Seite 4
Endnoten Auf einer Seite lesen

Ursachen für die Prognosekraft

Warum haben Bankkreditspreads eine hohe Prognosekraft? Der diesem Beitrag zugrunde liegende Artikel untersucht diese Frage im Detail. Im Folgenden werden die Kernerkenntnisse zusammengefasst.

Im Fokus stehen dabei zwei Kanäle: Erstens können Kreditspreads Friktionen in der Finanzintermediation widerspiegeln, welche sich wiederum auf die Realwirtschaft auswirken. Wenn sich die Bilanzsituation im Bankensektor verschlechtert, kann dies zu einer Reduktion der Kreditvergabe führen. Diese „Probleme“ (Friktionen) können frühzeitig in Kreditspreads reflektiert sein. Erkennbar wird dies zum Beispiel daran, dass ein Unternehmen mit gleichbleibendem Risiko im Laufe der Zeit schlechtere Konditionen erhält bzw. der Markt dessen Risiko höher einschätzt.

Zweitens können Friktionen auf der Unternehmensseite in Spreads reflektiert sein. Gerade für kleinere, risikoreichere Unternehmen ist externes Kapital oft kostspielig, zum Beispiel, weil außenstehende Investoren das Unternehmen aufgrund von asymmetrischer Information (sie kennen das Unternehmen nicht so gut wie die Eigentümer oder Manager) schlecht einschätzen können. Wenn sich diese Friktionen erhöhen, kann dies dazu führen, dass weniger Investitionen getätigt werden können, relativ zu einem friktionslosen Markt. Auch diese unternehmensseitigen Friktionen können in Kreditspreads reflektiert sein.

Warum spielen diese Kanäle insbesondere für bankfinanzierte Firmen eine Rolle? Der Grund liegt in den bereits angesprochenen Unterschieden in den Firmen, welche auf dem Bankkredit- versus Anleihenmarkt zu finden sind. Abbildung 5 visualisiert einen Hauptunterschied deutlich: Unternehmen im Anleihenmarkt sind signifikant größer als Unternehmen im Bankkreditmarkt. Es ist plausibel, das kleinere, risikoreichere Firmen sowohl von Friktionen im Bankensektor als auch von Friktionen auf der Unternehmensseite stärker betroffen sind als große Unternehmen.9

Verschiedene Analysen legen nahe, dass beide Kanäle eine Rolle für die starke Prognosekraft von Bankkreditspreads haben. Die Konstruktion von Indizes für verschiedene Subgruppen zeigt, dass die Prognosekraft insbesondere von denjenigen Firmen herrührt, die nicht im Anleihenmarkt aktiv sind (kleine Firmen und nicht börsennotierte Firmen). Diese Firmen sind stärker von Friktionen betroffen und deren Spreads haben entsprechend auch eine höhere Prognosekraft. Da diese Firmen nicht im Anleihenmarkt zu finden sind, bietet der Bankkredit-Index zusätzliche Informationen.

Eine Unterteilung des Kreditspreads in einen Teil, der durch Fundamentaldaten des Kreditnehmers erklärt werden kann (eine Indikation für Friktionen auf der Unternehmensseite) und einen Teil, der darüber hinausgeht (eine Indikation für Friktionen in Bankensektor), zeigt zudem, dass beide Teile eine starke Prognosekraft haben. Die Evidenz deutet daher darauf hin, dass Bankkreditspreads sowohl Informationen über Finanzmarktfriktionen wie auch Friktionen auf der Unternehmensseite in sich tragen und daher einen zusätzlichen Beitrag zur Prognosegüte von Konjunkturvorhersagen leisten können.

Abschließende Überlegungen

Dieser Beitrag stellt einen neuen Kreditspread-Index vor, der auf Preisdaten von Krediten basiert, die im Sekundärmarkt gehandelt werden. Dieser Indikator kann die Güte von Modellen zur Konjunkturprognose signifikant verbessen. Es ist anzumerken, dass der Fokus dieses Artikels auf der Aussagekraft von Kreditspreads „in sample“ (d. h. innerhalb der dem Forscher bekannten Datenpunkte) liegt. Auch in „Out-of-Sample“- Modellen zeigt sich die erhöhte Prognosekraft von Bankkreditspreads. Aufgrund der bisher kurzen Zeitreihe sind hier jedoch weitere Studien notwendig.

Die aufgezeigten Ergebnisse in Bezug auf die in Bankkreditspreads enthaltenen Informationen sind jedoch vielversprechend. Die Evidenz deutet darauf hin, dass die zusätzliche Prognosekraft gegenüber Indikatoren, die auf Unternehmensanleihen basieren, in der andersgearteten Zusammensetzung von Unternehmen auf dem Bankkreditmarkt begründet liegt. Bankabhängige Unternehmen sind oft kleiner und stärker von Friktionen betroffen – sowohl von solchen auf Unternehmensseite als auch von Friktionen im Bankensektor. Die Entwicklung dieser Firmen, die auf dem Anleihenmarkt nicht beobachtet werden können, bietet damit wertvolle Signale über Friktionen, die sich auf die realwirtschaftliche Entwicklung auswirken können.  

Empfohlene Publikationen

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Corporate Loan Spreads and Economic Activity

Anthony Saunders Alessandro Spina Sascha Steffen Daniel Streitz

in: SSRN Working Paper, 2021

Abstract

We use secondary corporate loan-market prices to construct a novel loan-market-based credit spread. This measure has considerable predictive power for economic activity across macroeconomic outcomes in both the U.S. and Europe and captures unique information not contained in public market credit spreads. Loan-market borrowers are compositionally different and particularly sensitive to supply-side frictions as well as financial frictions that emanate from their own balance sheets. This evidence highlights the joint role of financial intermediary and borrower balance-sheet frictions in understanding macroeconomic developments and enriches our understanding of which type of financial frictions matter for the economy.

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Außerdem in diesem Heft

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Kommentar: Brauchen wir ein Öl- und Gasembargo?

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2022

Abstract

Die russische Wirtschaft ist durch die westlichen Sanktionen nach dem Einmarsch in die Ukraine schwer getroffen. Die Wirtschaft schrumpft um über 8%, die Inflation hat sich auf knapp 20% erhöht. Die meisten internationalen Firmen haben sich aus Russland zurückgezogen. Viele reiche Russen haben keinen Zugang mehr zu ihren Vermögenswerten im Ausland, Kapitalverkehrskontrollen verhindern, dass Russen und russische Firmen Fremdwährung kaufen können, und sowohl die russischen Banken als auch die russische Zentralbank haben fast keine Möglichkeiten mehr, mit ausländischen Banken Transaktionen durchzuführen. Gleichzeitig hat Putin das Gegenteil von dem erreicht, was er laut eigener Aussage wollte: eine Schwächung der NATO, der Europäischen Union und des Westens im Allgemeinen. Schweden und Finnland haben um die Aufnahme in die NATO gebeten und damit die gemeinsame Grenze der NATO mit Russland um über 800 km verlängert. Die Chancen, dass die Ukraine in die EU aufgenommen wird, haben sich deutlich erhöht, und der Westen ist mit wenigen Ausnahmen (Ungarn, Türkei) geeinter denn je.

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Aktuelle Trends: Deutsche Gasspeicher erreichen jahreszeitüblichen Füllstand

Oliver Holtemöller Christoph Schult

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2022

Abstract

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird intensiv diskutiert, welche Folgen ein Lieferstopp für russisches Gas für die deutsche Konjunktur hätte. Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose hat in ihrem Frühjahrsgutachten berechnet, wann in einem solchen Fall die Gasnachfrage in Deutschland nicht mehr vollständig bedient werden könnte und es somit zu einer Rationierung von Gas kommen würde. Diese Berechnungen basierten auf der Annahme eines Lieferstopps Mitte April. Da die deutschen Gasspeicher zu Jahresbeginn unterdurchschnittlich befüllt waren, wäre infolge eines solchen Lieferstopps im Winter 2022/2023 mit einer Rationierung der deutschen Industrie und damit mit erheblichen konjunkturellen Einbußen zu rechnen gewesen. 

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Fallende Lohnquoten: Die Rolle von Technologie und Marktmacht

Matthias Mertens

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2022

Abstract

Die Lohnquote, definiert als die Summe der Arbeitnehmerentgelte geteilt durch die Gesamtproduktion einer Volkswirtschaft, ist in den letzten 40 Jahren in vielen Ländern gefallen. Das Fallen der Lohnquote besitzt potenziell weitreichende Implikationen für das Ausmaß an Ungleichheit und für den Wohlstand von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Daneben kann eine fallende Lohnquote auch ein Anzeichen für einen Anstieg der Firmenmarktmacht sein. Anhand von Mikrodaten zum deutschen Verarbeitenden Gewerbe untersucht dieser Artikel, welche Rolle technologischer Wandel und steigende Firmenmarktmacht als Ursachen für das Fallen der Lohnquote spielen. Es zeigt sich, dass technologischer Wandel und ein Anstieg der Firmenmarktmacht, insbesondere auf Arbeitsmärkten, jeweils die Hälfte der fallenden Lohnquote im deutschen Verarbeitenden Gewerbe erklären. Daher können politische Maßnahmen, die Firmenmarktmacht reduzieren, nicht nur eine effizienzsteigernde Wirkung entfalten, sondern, als ein Nebeneffekt, auch den Anteil der Löhne an der Gesamtproduktion erhöhen.

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