Inhalt
Seite 1
Die Entwicklung von Prognosetools
Seite 2
Prognosekraft von Bankkreditspreads
Seite 3
Ursachen für die Prognosekraft und abschließende Überlegungen
Seite 4
Endnoten Auf einer Seite lesen

Die Prognosekraft von Bankkreditspreads

Die Prognosekraft von Kreditspreads kann mit Hilfe von Modellen untersucht werden. In der einfachsten Form handelt es sich hierbei um lineare Regressionsmodelle, in denen ein Zusammenhang zwischen der Veränderung des jeweiligen Indikators (Spreads) und der zukünftigen ökonomischen Entwicklung untersucht wird.

Abbildung 2 zeigt den Zusammenhang von heutigen Veränderungen des Bankkredit-Index und der zukünftigen Veränderung eines Index für die Industrieproduktion (ein gängiges Maß für die ökonomische Entwicklung) für verschiedene Prognosezeiträume.6 Beispielsweise bedeutet der Wert von –0,4 für den Dreimonatszeitraum, dass eine Erhöhung des Bankkredit-Index um eine Standardabweichung (45 Basispunkte) im Durchschnitt mit einer Reduktion der Industrieproduktion um 0,4 Standardabweichungen (0,72%) in den nächsten drei Monaten einhergeht.7 Anders gesagt: Ein Anstieg des Bankkreditspreads ist ein deutliches Signal für eine zukünftige Verschlechterung der ökonomischen Lage.

Europäische Evidenz

Die bisherige Diskussion fokussierte sich auf die USA, die den am weitesten entwickelten und liquidesten Sekundärmarkt für Syndikatskredite besitzen. Jedoch reicht die Datenverfügbarkeit aus, um Bankkredit-Indizes auch für große europäische Länder zu bestimmen. Dies ist insbesondere interessant angesichts der Tatsache, dass, verglichen mit den USA, Firmen in den meisten europäischen Ländern zu einem noch größeren Teil bankfinanziert sind. Ein Index, der die finanzielle Situation von bankabhängigen Unternehmen widerspiegelt, kann in diesen Ländern somit potenziell eine noch wichtigere Rolle in der Prognose einnehmen.

Diese Evidenz für die USA zeigt, dass der Bankkredit-Index Erklärungskraft für die künftige ökonomische Entwicklung hat. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Index auch zusätzliche Prognosekraft gegenüber gängigen, auf Unternehmensanleihen basierenden Kreditspread-Indikatoren hat. Abbildung 3 zeigt einen einfachen Vergleich der Güte verschiedener Prognosemodelle anhand des Bestimmtheitsmaßes R². Das Bestimmtheitsmaß gibt an, welcher Teil der Variation in der Industrieproduktion durch das Modell erklärt werden kann. Ein einfaches Basismodell, das nur den „Term Spread“ und die „Federal Funds Rate“ enthält (siehe Fußnote 7), erklärt ca. 19% der Variation der Industrieproduktion über die nächsten drei Monate. Die in Abbildung 1 gezeigten, auf Unternehmensanleihen basierenden Indikatoren (Geldmarktspread, Anleihenspread, Baa-Aaa-Spread) erhöhen die Erklärungskraft des Modells um ca. drei bis sieben Prozentpunkte. Der Bankkredit-Index hingegen erhöht die Erklärungskraft um ca. 15 Prozentpunkte, d. h., er führt fast zu einer Verdopplung des Bestimmtheitsmaßes relativ zum Basismodell. Dies zeigt, dass der Bankkredit-Index nicht nur für sich genommen ein guter Indikator ist, sondern auch relativ zu anderen Indikatoren zur Güte von Modellen zur Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung signifikant beiträgt8

Abbildung 4 zeigt den Bankkredit-Index für Deutschland (orange Linie) sowie zum Vergleich einen Index basierend auf Unternehmensanleihen (blaue Linie). Ähnlich zum US-Markt sind starke Spread-Anstiege im Zuge der Finanzkrise und zu Beginn der Covid-19- Pandemie ersichtlich, und beide Zeitreihen sind korreliert. Auch für Frankreich und Spanien konnten analoge Indizes entwickelt werden (ohne Abbildung).

Untersuchungen analog zu den Abbildungen 2 und 3 zeigen, dass Bankkreditspreads auch in Europa eine starke Prognosekraft haben. So geht zum Beispiel eine Erhöhung des deutschen Kreditspreads um eine Standardabweichung mit einer Reduktion des deutschen Industrieproduktionsindex um 0,38 Standardabweichungen über die nächsten drei Monate einher. Im direkten Vergleich mit anderen Indikatoren zeigt sich erneut die starke zusätzliche Erklärungskraft von Bankkreditspreads. Analoge Evidenz zeigt sich auch in den Analysen für Spanien und Frankreich.

Nächste Seite
Ursachen für die Prognosekraft und abschließende Überlegungen

Empfohlene Publikationen

cover_SSRN.png

Corporate Loan Spreads and Economic Activity

Anthony Saunders Alessandro Spina Sascha Steffen Daniel Streitz

in: SSRN Working Paper, 2021

Abstract

We use secondary corporate loan-market prices to construct a novel loan-market-based credit spread. This measure has considerable predictive power for economic activity across macroeconomic outcomes in both the U.S. and Europe and captures unique information not contained in public market credit spreads. Loan-market borrowers are compositionally different and particularly sensitive to supply-side frictions as well as financial frictions that emanate from their own balance sheets. This evidence highlights the joint role of financial intermediary and borrower balance-sheet frictions in understanding macroeconomic developments and enriches our understanding of which type of financial frictions matter for the economy.

Publikation lesen

Außerdem in diesem Heft

cover_wiwa_2022-02.jpg

Kommentar: Brauchen wir ein Öl- und Gasembargo?

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2022

Abstract

Die russische Wirtschaft ist durch die westlichen Sanktionen nach dem Einmarsch in die Ukraine schwer getroffen. Die Wirtschaft schrumpft um über 8%, die Inflation hat sich auf knapp 20% erhöht. Die meisten internationalen Firmen haben sich aus Russland zurückgezogen. Viele reiche Russen haben keinen Zugang mehr zu ihren Vermögenswerten im Ausland, Kapitalverkehrskontrollen verhindern, dass Russen und russische Firmen Fremdwährung kaufen können, und sowohl die russischen Banken als auch die russische Zentralbank haben fast keine Möglichkeiten mehr, mit ausländischen Banken Transaktionen durchzuführen. Gleichzeitig hat Putin das Gegenteil von dem erreicht, was er laut eigener Aussage wollte: eine Schwächung der NATO, der Europäischen Union und des Westens im Allgemeinen. Schweden und Finnland haben um die Aufnahme in die NATO gebeten und damit die gemeinsame Grenze der NATO mit Russland um über 800 km verlängert. Die Chancen, dass die Ukraine in die EU aufgenommen wird, haben sich deutlich erhöht, und der Westen ist mit wenigen Ausnahmen (Ungarn, Türkei) geeinter denn je.

Publikation lesen

cover_wiwa_2022-02.jpg

Aktuelle Trends: Deutsche Gasspeicher erreichen jahreszeitüblichen Füllstand

Oliver Holtemöller Christoph Schult

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2022

Abstract

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird intensiv diskutiert, welche Folgen ein Lieferstopp für russisches Gas für die deutsche Konjunktur hätte. Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose hat in ihrem Frühjahrsgutachten berechnet, wann in einem solchen Fall die Gasnachfrage in Deutschland nicht mehr vollständig bedient werden könnte und es somit zu einer Rationierung von Gas kommen würde. Diese Berechnungen basierten auf der Annahme eines Lieferstopps Mitte April. Da die deutschen Gasspeicher zu Jahresbeginn unterdurchschnittlich befüllt waren, wäre infolge eines solchen Lieferstopps im Winter 2022/2023 mit einer Rationierung der deutschen Industrie und damit mit erheblichen konjunkturellen Einbußen zu rechnen gewesen. 

Publikation lesen

cover_wiwa_2022-02.jpg

Fallende Lohnquoten: Die Rolle von Technologie und Marktmacht

Matthias Mertens

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2022

Abstract

Die Lohnquote, definiert als die Summe der Arbeitnehmerentgelte geteilt durch die Gesamtproduktion einer Volkswirtschaft, ist in den letzten 40 Jahren in vielen Ländern gefallen. Das Fallen der Lohnquote besitzt potenziell weitreichende Implikationen für das Ausmaß an Ungleichheit und für den Wohlstand von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Daneben kann eine fallende Lohnquote auch ein Anzeichen für einen Anstieg der Firmenmarktmacht sein. Anhand von Mikrodaten zum deutschen Verarbeitenden Gewerbe untersucht dieser Artikel, welche Rolle technologischer Wandel und steigende Firmenmarktmacht als Ursachen für das Fallen der Lohnquote spielen. Es zeigt sich, dass technologischer Wandel und ein Anstieg der Firmenmarktmacht, insbesondere auf Arbeitsmärkten, jeweils die Hälfte der fallenden Lohnquote im deutschen Verarbeitenden Gewerbe erklären. Daher können politische Maßnahmen, die Firmenmarktmacht reduzieren, nicht nur eine effizienzsteigernde Wirkung entfalten, sondern, als ein Nebeneffekt, auch den Anteil der Löhne an der Gesamtproduktion erhöhen.

Publikation lesen

Ihr Kontakt

Für Wissenschaftler/innen

Für Journalistinnen/en

Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft LogoTotal-Equality-LogoGefördert durch das BMWK