Inhalt
Seite 1
Der Börsengang als Herausforderung für die Unternehmensorganisation
Seite 2
Zentrale Ergebnisse
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Zusammenfassung
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Zentrale Ergebnisse

Unsere Ergebnisse stehen im Einklang mit der Standardisierung des Unternehmens und den Bemühungen um eine effiziente Organisation des börsennotierten Unternehmens. Der Börsengang unterwirft das Unternehmen einem rigorosen Wandel, der organisatorische Funktionen und Managementstrukturen entwickelt und das Unternehmen hierarchischer und „kopflastiger“ (top heavy) macht. Bemerkenswert ist, dass die meisten organisatorischen Veränderungen vor dem oder im Jahr des Börsengangs stattfinden, was darauf hindeutet, dass die beobachteten organisatorischen Veränderungen tatsächlich der Vorbereitung des Börsengangs dienen. Insgesamt verdeutlichen unsere Ergebnisse einen zentralen Zielkonflikt: Die Transformation ermöglicht den Zugang zu öffentlichen Aktienmärkten, behindert aber die Innovationsfähigkeit des Unternehmens, da Hierarchien das Unternehmen bürokratischer machen.6

Organisatorische Veränderungen: Mehr Hierarchieebenen, geringere Kontrollspannen

Zu den häufigsten organisatorischen Veränderungen gehört die Anpassung der hierarchischen Struktur der börsennotierten Unternehmen: Sie richten zusätzliche Hierarchieebenen ein und setzen einen größeren Anteil ihrer Arbeitskräfte in den oberen Ebenen des Unternehmens ein. Unternehmen fügen im Rahmen des Börsengangs im Durchschnitt eine vollständige Ebene in der Hierarchie hinzu, was einer Zunahme von 33% entspricht. Nur etwa ein Drittel des Anstiegs der Ebenen im Vergleich zur Kontrollgruppe lässt sich durch das Wachstum der Beschäftigung, der Anzahl der Betriebe, Branchen oder Regionen bei den an die Börse gebrachten Firmen erklären. Das Unternehmenswachstum erklärt zwar einen Teil der hierarchischen Veränderungen im Zusammenhang mit Börsengängen, ist aber nicht die Hauptursache für diese Veränderungen.

Zugleich verändern sich die oberen Ebenen der Hierarchie in ihrer relativen Größe: Alle Ebenen oberhalb der untersten Ebene, in der die meisten Arbeiter in der Produktion beschäftigt sind, nehmen überproportional zu, wodurch die Organisation viel kopflastiger wird. Infolgedessen sinkt die Kontrollspanne, die das Verhältnis zwischen den Beschäftigten einer bestimmten Hierarchieebene und den Beschäftigten der darüberliegenden Ebene angibt. Diese Ergebnisse stimmen mit der Vorstellung überein, dass ein Börsengang die Komplexität des Produktionsprozesses erhöht, sodass mehr Beschäftigte in höheren Rängen benötigt werden, um das Unternehmen kontrollierter zu führen.

Höhere Fluktuation

Die Fluktuation der Beschäftigten ist in den Unternehmen, die an der Börse eingeführt wurden, um 40% höher als in den Kontrollunternehmen, was den Umfang der internen Umstrukturierung des Unternehmens unterstreicht. Die Mitarbeiterfluktuation ist in allen Bereichen hoch, übermäßig hoch ist sie jedoch im Finanz- und Rechnungswesen sowie im Management. Die Börsengang-spezifische Fluktuation im Management liegt bei nahezu 100%, was bedeutet, dass das Management fast vollständig ausgetauscht wird. Wir stellen fest, dass die Fluktuation über den Zeitraum des Börsengangs verschoben wird: Neueinstellungen erfolgen in erster Linie vor dem Börsengang und Entlassungen in erster Linie nach dem Börsengang, vermutlich um eine gewisse Überschneidung zu erreichen und den Wissenstransfer zu ermöglichen. Außerdem stellen wir fest, dass die neu eingestellten Beschäftigten andere Tätigkeiten ausüben als die ausgeschiedenen, was bedeutet, dass die neu eingestellten Personen nicht direkt die frei gewordenen Stellen ersetzen. Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass ein erheblicher Teil der ursprünglichen Arbeitskräfte nicht den Humankapitalanforderungen eines börsennotierten Unternehmens entspricht. Darüber hinaus verdeutlichen die Ergebnisse die mit einem Börsengang verbundenen Arbeitskosten: Die Personalabteilungen schätzen die Kosten für die Einstellung und Schulung eines neu eingestellten Beschäftigten in der Regel auf ein halbes bis zwei Jahresgehälter, je nach Qualifikationsniveau der Stelle.

Erfahrungswissen geht verloren, formale Qualifikation der Beschäftigten nimmt zu

Der Gang an die Börse verändert die Zusammensetzung der Arbeitskräfte. Zwei Jahre nach dem Börsengang verfügen die Beschäftigten im Durchschnitt über weniger Erfahrung in der von ihnen ausgeübten Funktion als zwei Jahre vor dem Börsengang. Die Arbeitskräfte verfügen im Durchschnitt auch über weniger branchenspezifische Erfahrung. Andererseits steigt das Bildungsniveau der Arbeitskräfte an. Darüber hinaus hat ein größerer Anteil der Arbeitskräfte vor ihrem Eintritt in die neu börsennotierten Unternehmen bereits für ein börsennotiertes Unternehmen gearbeitet. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der Vorstellung, dass die Tätigkeitsprofile (Rollen) standardisierter geworden sind, was es dem Unternehmen ermöglicht, Talente aus anderen Branchen einzustellen und Beschäftigte innerhalb des Unternehmens zu versetzen, was wiederum das Humankapitalrisiko senkt.

Empfohlene Publikationen

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Going Public and the Internal Organization of the Firm

Daniel Bias Benjamin Lochner Stefan Obernberger Merih Sevilir

in: SSRN Working Paper, May 2022

Abstract

We examine how firms adapt their organization when they go public. To conform with the requirements of public capital markets, we expect IPO firms to become more organized, making the firm more accountable and its human capital more easily replaceable. We find that IPO firms transform into a more hierarchical organization with smaller departments. Managerial oversight increases. Organizational functions dedicated to accounting, finance, information and communication, and human resources become much more prominent. Employee turnover is sizeable and directly related to changes in hierarchical layers. New hires are better educated, but younger and less experienced than incumbents, which reflects the staffing needs of a more hierarchical organization. Wage inequality increases as firms become more hierarchical. Overall, going public is associated with a comprehensive transformation of the firm's organization which becomes geared towards efficiently operating a public firm.

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Außerdem in diesem Heft

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Ausstieg aus der Kohle: Herausforderungen bei der Mittelvergabe und -verteilung

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2024

Abstract

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 ist ein wichtiger Teil der Strategie der Bundesregierung, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Begleitet wird der Kohleausstieg seit 2020 von regionalen Subventionen (Investitionsgesetz Kohleregionen – InvKG und Bundesprogramm STARK), um die wirtschaftlichen und sozialen Anpassungsprozesse zu begleiten und die negativen Auswirkungen abzufedern. Dafür stehen bis 2038 insgesamt rund 41 Mrd. Euro bereit. Es wird dabei eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen eingesetzt, u. a. die Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und der Verkehrsanbindungen, die Stärkung der regionalen Bildungsangebote sowie Forschungseinrichtungen. Das IWH hat zusammen mit dem RWI in Essen einen ersten Evaluationsbericht für die Periode von August 2020 bis Ende 2022 vorgelegt.

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Aktuelle Trends: Die Liquidität europäischer Immobilienmärkte in der Polykrise

Michael Koetter Felix Noth Fabian Wöbbeking

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2024

Abstract

Der Ausbruch der Covid-Pandemie in Europa zu Beginn des Jahres 2020 markierte den Beginn einer Polykrise in Europa. Umgangsbeschränkungen lähmten die Wirtschaft, die Invasion der Ukraine durch Russland trieb die Energiepreise, internationale Lieferketten strauchelten und die hohe Inflation belastete die Haushalte nachhaltig. 

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Klimastresstests, Kreditvergabeverhalten der Banken und der Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft

Larissa Fuchs Huyen Nguyen Trang Nguyen Klaus Schaeck

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2024

Abstract

Kann die Bankenaufsicht den Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft unterstützen, indem sie die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen beeinflusst? Dieser Beitrag untersucht die Kreditvergabe der Banken vor und nach dem weltweit ersten Klimastresstest in Frankreich und die Reaktion der kreditnehmenden Unternehmen. Die dem Stresstest unterworfenen Banken geben kohlenstoffintensiven Unternehmen mehr Kredite. Zugleich verlangen sie ihnen aber höhere Zinssätze ab. Die kohlenstoffintensiven Kreditnehmer, deren Banken sich dem Klimastresstest unterzogen haben, verpflichten sich eher zu ehrgeizigen Emissionszielen und integrieren eher Umweltaspekte in die Bewertung von Investitionsprojekten. Jedoch reduzieren sie weder direkt ihre Kohlenstoffemissionen noch beenden sie Beziehungen zu klimaschädlichen Lieferanten. Die Studie belegt somit einen kausalen Zusammenhang zwischen Klimastresstests der Banken und der Verringerung des Transitionsrisikos der Kreditnehmer.

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