Inhalt
Seite 1
Braunkohleregionen in Deutschland
Seite 2
Mögliche Auswirkungen eines Braunkohleausstiegs und Modellszenarien
Seite 3
Fazit
Seite 4
Endnoten Auf einer Seite lesen

Die meisten Studien, die gesamtwirtschaftliche Effekte eines Braunkohleausstiegs ermitteln, verwenden Input-Output-Analysen.14 Diese vernachlässigen jedoch sowohl Preiseffekte als auch den Ausbau anderer Energieträger sowie den Fortzug von Menschen aus den Braunkohleregionen. Im Folgenden werden die potenziellen Effekte eines beschleunigten Braunkohleausstiegs auf Beschäftigung und Arbeitseinkommen in Deutschland insgesamt und in den Braunkohleregionen mit Hilfe eines dynamischen allgemeinen Gleichgewichtsmodells simuliert, das diese Faktoren berücksichtigt (vgl. Kasten).

Es werden hier zwei Szenarien betrachtet. Das erste Szenario simuliert die Effekte einer Reduzierung der Nettostromerzeugung, die sich aus den bisher beschlossenen Maßnahmen ergeben (Basisszenario). Im zweiten Szenario (Alternativszenario) wird die Stromerzeugung aus Braunkohle darüber hinaus so stark reduziert, dass die Treibhausgasemissionen die Zielmengen ab dem Jahr 2030 nicht überschreiten (vgl. Abbildung 3a). In diesem Ausstiegsszenario wird ab 2035 kein Strom aus Braunkohle mehr generiert.

Mögliche Auswirkungen eines Braunkohleausstiegs und Modellszenarien

Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung dürfte somit den Durchschnittslohn in den betroffenen Regionen mindern und in der Folge eine niedrigere Konsumgüternachfrage mit sich bringen. Auch wird Nachfrage bei den Zulieferern der Braunkohlenwirtschaft wegfallen. Außerdem dürften in ganz Deutschland die Strompreise stärker steigen, wenn die Verstromung der Braunkohle eingestellt wird.13

Effekte auf Beschäftigung und Arbeitnehmerentgelt

Der beschleunigte Braunkohleausstieg führt im Jahr 2040 zu einer vollständigen Einstellung der Erzeugung von Strom aus Braunkohle, d. h. im Vergleich zu den bisher geplanten Maßnahmen zu einem zusätzlichen Abbau von 10 000 Arbeitsplätzen und einer zusätzlichen Reduktion des Arbeitnehmerentgelts um 675 Mio. Euro in der Braunkohlenwirtschaft. Der größte Teil dieser Reduktion entfällt auf die Lausitz und das Rheinland.

Das Arbeitnehmerentgelt insgesamt geht besonders stark im Rheinland und in der Lausitz zurück. Im Jahr 2040 wird es in Deutschland um 4,2 Mrd. Euro geringer sein als im Basisszenario. Davon entfallen ca. 1,8 Mrd. Euro auf das Rheinland, ca. 750 Mio. Euro auf die Lausitz und ca. 590 Mio. Euro auf Mitteldeutschland. Im übrigen Deutschland fällt das Arbeitnehmerentgelt um ca. eine Mrd. Euro (vgl. Abbildung 3 b). Das Arbeitnehmerentgelt verringert sich durch eine geringere Beschäftigung und durch geringere reale Löhne. Im Jahr 2040 gibt es im Alternativszenario ungefähr 16 000 Erwerbstätige in Deutschland weniger. Das Rheinland und die Lausitz haben ungefähr 4 000 Erwerbstätige weniger und Mitteldeutschland 400 Erwerbstätige. Im übrigen Deutschland reduziert sich die Anzahl der Erwerbstätigen um 7 000 Personen (vgl. Abbildung 3 c).

Durch den Wegfall eines Hochlohnsektors verschlechtert sich die Verhandlungsposition von Arbeitnehmern bei Tarifabschlüssen. Aus diesem Grund wird das Arbeitnehmerentgelt langfristig geringer ausfallen. Besonders in den Braunkohleregionen können andere Wirtschaftszweige geringere Lohnsteigerungen durchsetzen, solange die regionalen Arbeitslosenquoten höher sind. Auch die Konkurrenz um junge, gut qualifizierte Arbeitnehmer wäre weniger intensiv durch einen beschleunigten Braunkohleausstieg.

Langfristig kommt es durch den Braunkohleausstieg in den betroffenen Regionen zu Abwanderung, was wesentlich dazu beiträgt, die Arbeitslosenquote wieder zu verringern. Aus der Lausitz wandern den Simulationsrechnungen zufolge ungefähr 2 500 Personen (ca. 0,7% der Erwerbsbevölkerung des Jahres 2014) wegen des beschleunigten Braunkohleausstiegs zusätzlich ab (vgl. Abbildung 3 d).

Außerdem in diesem Heft

cover_wiwa_2019-01.jpg

Kommentar: Stadt, Land, Frust

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2019

Abstract

Der Titel ist nüchtern, das Echo grell. „Vereintes Land – drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall“ heißt die Publikation, die das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) heute vor einem Monat veröffentlicht hat. Wir analysieren darin die Entwicklungsunterschiede im heutigen Deutschland. Ob Wirtschaftsleistung oder Löhne, Zuwanderung oder Bildung: In vielerlei Hinsicht zeichnen die regionalen Muster beständig die einstige Teilung zwischen DDR und alter Bundesrepublik nach. Das zeigen wir sehr anschaulich und überlegen, wie sich die Unterschiede verkleinern ließen. Und die Reaktionen aus Teilen der Politik? Entrüstung, Diskreditierung von Forschung und Versuche, Wissenschaftler persönlich herabzusetzen.

Publikation lesen

cover_wiwa_2019-01.jpg

Aktuelle Trends: Durchschnittsalter der Bevölkerung: Deutliches Ost-West-Gefälle

Hans-Ulrich Brautzsch

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2019

Abstract

Das Durchschnittsalter der Bevölkerung[1] hat in Deutschland kontinuierlich zugenommen. In Ostdeutschland ist es zwischen Ende 1990 und Ende 2017 von 37,9 auf 46,3 Jahre gestiegen.[2] In Westdeutschland nahm das Durchschnittsalter von 39,6 auf 44,1 Jahre zu. Die Zunahme des Durchschnittsalters war damit in Westdeutschland mit 4,5 Jahren nur etwa halb so hoch wie in Ostdeutschland (8,4 Jahre). Beeinflusst wurde diese Entwicklung in Ostdeutschland durch das hohe Geburtendefizit sowie die Wanderungsverluste.

Publikation lesen

cover_wiwa_2019-01.jpg

Gute Absicht – böses Ende: Die US-Wohnungspolitik als Brandbeschleuniger der Weltfinanzkrise

Reint E. Gropp Vahid Saadi

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2019

Abstract

Der Boom auf dem US-amerikanischen Eigenheimmarkt in den frühen 2000er Jahren führte zur schwersten Finanzkrise der vergangenen Jahrzehnte. Wissenschaftler haben unterschiedliche Faktoren dokumentiert, die zum rasanten Anstieg der Immobilienpreise beigetragen haben. Kaum beleuchtet wurde bisher die Rolle der US-Wohnungspolitik, insbesondere die Förderung des privaten Wohneigentums durch den Community Reinvestment Act (CRA). Der vorliegende Beitrag untersucht die Geschichte dieses Bundesgesetzes und seine Auswirkungen auf den Markt für Hypotheken und Wohneigentum seit den späten 1990er Jahren. Infolge des CRA wurden seit 1998 deutlich mehr Hypotheken aufgenommen. Der Anstieg der Immobilienpreise in der Boomphase beruhte zum Teil auf diesem politisch induzierten Anstieg der Hypothekenvergabe. Der CRA ermöglichte es auch Kreditnehmern mit geringerer Kreditwürdigkeit, eine Hypothek aufzunehmen – in der Folge kam es zu vermehrten Zahlungsausfällen. Der CRA hat also zum Boom-Bust-Zyklus auf dem amerikanischen Immobilienmarkt beigetragen. Er kann als Beispiel einer wohlmeinenden Politik gelten, die unbeabsichtigt wohlfahrtsmindernde Wirkungen zeitigt.

Publikation lesen

Ihr Kontakt

Für Wissenschaftler/innen

Für Journalistinnen/en

Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft LogoTotal-Equality-LogoGefördert durch das BMWK