Internationale Konjunkturprognose und konjunkturelle Szenarien für die Jahre 2017 bis 2022
Andrej Drygalla, Oliver Holtemöller, Axel Lindner
IWH Online,
Nr. 5,
2018
Abstract
In der vorliegenden Studie werden zunächst die weltweiten konjunkturellen Aussichten für das Ende des Jahres 2017 und für die Jahre 2018 bis 2022 dargestellt. Die Weltwirtschaft befindet sich in einem Aufschwung. Stimmungsindikatoren deuten auch für die zweite Jahreshälfte 2017 auf eine schwungvolle Weltkonjunktur hin. In den USA, in Japan und im Euroraum steigt die Produktion deutlich schneller als im Trend. Nicht zuletzt wegen der für die Zentralbanken überraschend schwachen Preisdynamik, im Fall der USA auch wegen einer Neueinschätzung der künftigen Finanzpolitik, dürfte die Geldpolitik langsamer als noch im Frühjahr erwartet gestrafft werden. In der vorliegenden Prognose sind keine wesentlichen finanzpolitischen Impulse unterstellt; das gilt auch für die USA. Trotzdem ist für die Jahre 2018 und 2019 mit einer recht kräftigen Expansion der Weltwirtschaft zu rechnen, wobei die Zuwachsraten gegen Ende des Prognosezeitraums allmählich in Richtung der Potenzialraten sinken werden. Die wirtschaftspolitischen Risiken haben sich in den vergangenen Monaten sowohl in den USA als auch in Europa etwas verringert. Erheblich sind allerdings nach wie vor die mit dem protektionistischen Gedankengut der US-Regierung verbundenen Risiken für den internationalen Handel.
Neben dem Basisszenario wird auch die Entwicklung für den Fall skizziert, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion in einer Gruppe von EU-Ländern eine ungünstige, eine sehr ungünstige Wendung (mittelschweres und schweres Negativszenario), oder auch eine günstige Wendung nimmt (Positivszenario). Diese Gruppe besteht aus folgenden Volkswirtschaften: Deutschland, Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Spanien und Tschechien. Das mittelschwere Negativszenario ist so gewählt, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion dieser Ländergruppe im Jahr 2018 gemäß der aus dem Modell resultierenden Wahrscheinlichkeitsverteilung nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% noch geringer ausfällt; das schwere Negativszenario ist so gewählt, dass sich mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 1% eine noch geringere Produktion realisieren dürfte. Das Positivszenario wird schließlich so gewählt, dass es mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 10% zu einer noch höheren Produktion in der Ländergruppe kommen dürfte.
Der weltwirtschaftliche Produktionszuwachs beträgt nach vorliegender Studie in den Jahren 2017 und 2018 je 3,1% (IWF: 3% und 3,1%). Der Ausblick auf die weiteren weltwirtschaftlichen Perspektiven beinhaltet für die Jahre 2019 bis 2022 einen jährlichen Produktionszuwachs, der mit knapp 3,0% nur etwas unterhalb seines derzeitigen Niveaus liegt. Im Fall eines mittelschweren Einbruchs bleibt die Zuwachsrate der europäischen Ländergruppe im Jahr 2018 mit 0,2% um 1,7 Prozentpunkte unter der Rate im Basisszenario, im Fall eines schweren Einbruchs mit -1,2% um 3,1 Prozentpunkte. Besonders stark bricht in den negativen Risikoszenarien die Produktion in Griechenland, Irland, Spanien und der Slowakei ein. Der weltwirtschaftliche Schock reduziert die Produktion in Deutschland erst einmal etwas stärker als im Durchschnitt der Ländergruppe, die deutsche Wirtschaft erholt sich dann aber besonders rasch. All diese Ergebnisse entsprechen im Prinzip den Auswirkungen, welche die Finanzkrise und die Große Rezession in den einzelnen europäischen Ländern hatten.
Die länderspezifischen Szenarien erlauben auch die Antwort auf die Frage, wie stark die deutsche Wirtschaft von dem Wirtschaftseinbruch eines bestimmten Landes aus dem europäischen Länderkreis betroffen ist. Es zeigt sich, dass es für Deutschland nur bei einem schweren Einbruch der Konjunktur in Großbritannien zu nennenswerten Produktionsverlusten kommt. Über die Jahre zwischen 2018 und 2022 betragen sie 0,3 Prozentpunkte. Zuletzt wird ein Szenario betrachtet, in dem ein mehrjähriger weltwirtschaftlicher Wirtschaftseinbruch mit einer deutlichen Erhöhung der Zinsen einhergeht. Ein solches Szenario könnte sich etwa aus einem Verlust an Vertrauen von Unternehmen und Haushalten in die Stabilitätsorientierung der Geldpolitik entwickeln. In einem solchen Fall können die Zentralbanken gezwungen sein, ihre Reputation durch eine Hochzinspolitik wieder herzustellen auch unter Inkaufnahme einer längeren Phase gesamtwirtschaftlicher Unterauslastung.
Interessant ist der Vergleich zwischen den Produktionsverlusten im mit dem Zinsanstieg einhergehenden langfristigen Risikoszenario mit denen im Fall eines globalen schweren Einbruchs: Es zeigt sich, dass die Verluste über die Jahre 2018 bis 2022 gerechnet neben Griechenland in Spanien, den Niederlanden und Großbritannien am höchsten sind. Alle drei Länder sind bekannt für ausgeprägte Zyklen auf den Häusermärkten. Sie sind wegen der großen Bedeutung der Zinsen für die Immobilienwirtschaft von Zinsschwankungen besonders abhängig.
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Accounting Quality in Banking: The Role of Regulatory Interventions
Manthos D. Delis, Iftekhar Hasan, Maria Iosifidi, Lingxiang Li
Journal of Banking and Finance,
2018
Abstract
Using the full sample of U.S. banks and hand-collected data on enforcement actions over 2000–2014, we analyze the role of these interventions in promoting several aspects of accounting quality. We find that enforcement actions issued for both risk-related and accounting-related reasons lead to significant improvements in accounting quality. This improvement is consistently found for earnings smoothing, big-bath accounting, timely recognition of future loan losses, the association of loan loss provisions with future loan charge offs, loss avoidance, and cash flow predictability and earnings persistence. Most of the effects are somewhat more potent in the crisis period and survive in several sensitivity tests. Our findings highlight the imperative role of regulatory interventions in promoting bank accounting quality.
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The Joint Dynamics of Sovereign Ratings and Government Bond Yields
Makram El-Shagi, Gregor von Schweinitz
Journal of Banking and Finance,
2018
Abstract
Can a negative shock to sovereign ratings invoke a vicious cycle of increasing government bond yields and further downgrades, ultimately pushing a country toward default? The narratives of public and political discussions, as well as of some widely cited papers, suggest this possibility. In this paper, we will investigate the possible existence of such a vicious cycle. We find no evidence of a bad long-run equilibrium and cannot confirm a feedback loop leading into default as a transitory state for all but the very worst ratings. We use a bivariate semiparametric dynamic panel model to reproduce the joint dynamics of sovereign ratings and government bond yields. The individual equations resemble Pesaran-type cointegration models, which allow for valid interference regardless of whether the employed variables display unit-root behavior. To incorporate most of the empirical features previously documented (separately) in the literature, we allow for different long-run relationships in both equations, nonlinearities in the level effects of ratings, and asymmetric effects in changes of ratings and yields. Our finding of a single good equilibrium implies the slow convergence of ratings and yields toward this equilibrium. However, the persistence of ratings is sufficiently high that a rating shock can have substantial costs if it occurs at a highly speculative rating or lower. Rating shocks that drive the rating below this threshold can increase the interest rate sharply, and for a long time. Yet, simulation studies based on our estimations show that it is highly improbable that rating agencies can be made responsible for the most dramatic spikes in interest rates.
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Taken by Storm: Business Financing and Survival in the Aftermath of Hurricane Katrina
Emek Basker, Javier Miranda
Journal of Economic Geography,
Nr. 6,
2018
Abstract
We use Hurricane Katrina’s damage to the Mississippi coast in 2005 as a natural experiment to study business survival in the aftermath of a capital-destruction shock. We find very low survival rates for businesses that incurred physical damage, particularly for small firms and less-productive establishments. Conditional on survival, larger and more-productive businesses that rebuilt their operations hired more workers than their smaller and less-productive counterparts. Auxiliary evidence from the Survey of Business Owners suggests that the differential size effect is tied to the presence of financial constraints, pointing to a socially inefficient level of exits and to distortions of allocative efficiency in response to this negative shock. Over time, the size advantage disappeared and market mechanisms seem to prevail.
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A Market-based Measure for Currency Risk in Managed Exchange Rate Regimes
Stefan Eichler, Ingmar Roevekamp
Journal of International Financial Markets, Institutions and Money,
November
2018
Abstract
We introduce a novel currency risk measure based on American Depositary Receipts (ADRs). Using an augmented ADR pricing model, we exploit investors’ exposure to potential devaluation losses to derive an indicator of currency risk. Using weekly data for a sample of 807 ADRs located in 21 emerging markets over the 1994–2014 period, we find that a deterioration in the fiscal balance and higher inflation increase currency risk. Interaction models reveal that the fiscal balance and inflation drive the determination of currency risk for countries with poor sovereign rating, low foreign reserves, low capital account openness and managed float regimes.
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Katrina und die Folgen: Sicherere Banken und positive Produktionseffekte
Felix Noth
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 4,
2018
Abstract
Welche Auswirkungen haben große Schocks wie Naturkatastrophen auf das Risiko von Banken, und welche realwirtschaftlichen Implikationen ergeben sich daraus? Diesen Fragen geht ein aktueller Beitrag unter IWH-Beteiligung nach, der die Auswirkungen des Wirbelsturms Katrina in den USA untersucht. Dabei finden die Autoren, dass vor allem eigenständige und besser kapitalisierte Banken auf das erhöhte Risiko reagieren, indem sie ihre Risikovorsorge in Form deutlich erhöhter Eigenkapitalpuffer nach oben fahren und den Anteil risikoreicher Aktiva in ihren Bilanzen verkleinern. Das geschieht allerdings nicht durch eine Verknappung des Kreditangebots, sondern potenziell durch Kreditverkäufe. Die Ergebnisse legen deshalb nahe, dass das Instrument der Verbriefung es betroffenen Banken ermöglicht, einerseits ihre Bilanzen sicherer zu machen und andererseits Unternehmen mit neuen Krediten zu versorgen. Dadurch profitieren auch die vom Schock betroffenen Regionen. Solche Regionen, die durch mehr eigenständige und besser kapitalisierte Banken gekennzeichnet sind, haben nach der Wirbelsturmsaison von 2005 deutlich höhere Produktionseffekte und geringere Arbeitslosenquoten.
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06.09.2018 • 17/2018
Konjunktur aktuell: Aufschwung in Deutschland setzt sich trotz nachlassender Impulse aus dem Ausland fort
Die Weltwirtschaft expandiert im Jahr 2018 immer noch recht kräftig. Im Euroraum ist der Aufschwung aber deutlich schwächer geworden, und in geringerem Maß gilt das auch für die deutsche Wirtschaft. „Das deutsche Bruttoinlandsprodukt expandiert nach vorliegender Prognose im Jahr 2018 um 1,8% und damit etwas schwächer als im Vorjahr“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Der gesamtstaatliche Finanzierungsüberschuss dürfte in Relation zum Bruttoinlandsprodukt mit 1,8% außergewöhnlich hoch ausfallen. Der Zuwachs der Produktion in Ostdeutschland bleibt im Jahr mit 1,5% erneut hinter dem westdeutschen zurück.
Oliver Holtemöller
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Konjunktur aktuell: Aufschwung in Deutschland setzt sich trotz nachlassender Impulse aus dem Ausland fort
Konjunktur aktuell,
Nr. 3,
2018
Abstract
Im Herbst 2018 ist die Weltkonjunktur weiterhin recht kräftig. Allerdings haben die regionalen Differenzen seit Jahresbeginn zugenommen. Während der Aufschwung in den USA auch wegen des starken Impulses durch die dortige Steuerreform noch einmal an Kraft gewonnen hat, ist die Konjunktur im Euroraum etwas schwächer geworden. Der Welthandel hat seit Jahresbeginn kaum noch zugelegt. Eine Ursache dieser Stagnation ist die Verschlechterung der handelspolitischen Rahmenbedingungen. Die Handelskonflikte sind allerdings nur einer von mehreren Risikofaktoren für die deutsche Konjunktur. Hinzu kommen die Möglichkeit eines ungeordneten Austritts Großbritanniens aus der EU im Frühjahr 2019 sowie ein weiterer Verlust an Vertrauen der Finanzmärkte in die Solvenz des italienischen Staates, falls die Regierung Italiens ihre finanzpolitischen Vorhaben in großem Stil umsetzt. Die deutsche Wirtschaft ist seit fünf Jahren im Aufschwung. Wichtige Treiber sind die außerordentlich günstigen Finanzierungsbedingungen und eine starke Expansion der Beschäftigung. Zuletzt hat die Nachfrage aus dem Ausland allerdings an Schwung verloren. Dabei spielt auch die Verteuerung deutscher Produkte aufgrund der Aufwertung des Euro seit dem Frühjahr 2017 eine Rolle. Die in diesem Jahr und besonders im Jahr 2019 expansiv ausgerichtete Finanzpolitik verschafft der Konjunktur Rückenwind, aber hohe Kapazitätsauslastungen und Engpässe beim Beschäftigungsaufbau dürften eine weitere kräftige Expansion behindern. Das reale Bruttoinlandsprodukt liegt nach vorliegender Prognose im Jahr 2018 um 1,8% höher als im Vorjahr, im Jahr 2019 beträgt die Rate 1,7%. Die ostdeutsche Wirtschaft expandiert in diesem Jahr um 1,5% und im Jahr 2019 um 1,4%.
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Zum Risiko einer Staatsschuldenkrise in Italien
Oliver Holtemöller, Tobias Knedlik, Axel Lindner
Abstract
Die wirtschaftliche Entwicklung Italiens war in den vergangenen Jahren durch eine ausgesprochen schwache Produktivitätsentwicklung gekennzeichnet. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner beträgt nur 92% des Niveaus im Jahr 2007, während es im Euroraum insgesamt (inklusive Italien) bei 103% des Vorkrisenniveaus von 2007 liegt. Die Staatsschuldenquote ist im Zeitraum von 2007 bis 2017 von 100% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt um 30 Prozentpunkte auf 130% gestiegen. Es bestehen daher Zweifel, ob die Wirtschaftskraft Italiens ausreichend ist, um die weiter steigenden Staatsschulden künftig bedienen zu können. Diese Zweifel kommen zum Beispiel in der gegenwärtig (August 2018) um gut 3 Prozentpunkte höheren Umlaufsrendite 10-jähriger italienischer Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen zum Ausdruck.
Die Regierung Italiens will der Wirtschaft durch expansive Finanzpolitik wieder auf die Beine helfen. Im vorliegenden Beitrag wird die Tragfähigkeit der italienischen Staatsverschuldung für verschiedene Szenarien analysiert. Dabei gibt es je nach den getroffenen Annahmen zu wichtigen Wirkungszusammenhängen eine ganze Bandbreite von möglichen Entwicklungen, die aber allesamt eine deutlich expansive Finanzpolitik für Italien nicht ratsam erscheinen lassen, weil sie insgesamt nicht förderlich für die Stabilisierung der Staatsverschuldung wäre. Vielmehr sollten produktivitätssteigernde Strukturreformen umgesetzt werden, die dann auch moderat höhere Staatsausgaben erlauben würden.
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Kommentar: 30 Jahre DAX
Reint E. Gropp
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 3,
2018
Abstract
Gerade ist der Deutsche Aktienindex DAX 30 Jahre alt geworden, und es gibt viel zu feiern. Preisbereinigt hätte ein Investment von 1 000 Euro, angelegt am DAX-Eröffnungstag 1. Juli 1988, heute einen Wert von über 6 000 Euro, hätte sich also versechsfacht!
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