Dr. Manfred Wegner, Gründungspräsident des IWH
ein Nachruf
Bereits ein Jahr nach dem Mauerfall, im Herbst 1990, hatte sich die Politik auf die Gründung eines neuen Instituts der empirischen Wirtschaftsforschung mit Sitz in Ostdeutschland verständigt, um vorhandenes detailreiches Wissen über die Planwirtschaft der DDR zu bewahren und zugleich mit westdeutschem Sachverstand über das Funktionieren marktwirtschaftlicher Prozesse zusammenzuführen. Für diese Herkulesaufgabe am Beginn der Transformation in Ostdeutschland gewann das Bundeswirtschaftsministerium Manfred Wegner, einen promovierten Volkswirt aus München, der zuvor mehr als drei Jahrzehnte politikberatend in der Wirtschaftsforschung tätig war, darunter am ifo-Institut sowie langjährig in der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Kommission.
Nach einem reichlichen Jahr Vorbereitung nahm das neue Institut für Wirtschaftsforschung mit Wegner als Gründungspräsidenten Anfang 1992 seine Arbeit auf. Als Sitzland hatte sich Sachsen-Anhalt mit dem Standort Halle durchgesetzt. Die Hürden für den Neubeginn des Instituts waren hoch: Trotz vielversprechender Forschungsagenda und modernster technischer Ausstattung schreckte nicht nur die desolate Wirtschaftslage im Osten, sondern auch der Chemie-Standort Halle mit Umweltschäden und mangelhafter Infrastruktur gutes wissenschaftliches Personal ab. Wegner wusste, wie wichtig dessen Gewinnung für das Haus war, sollte es zukünftig nicht nur aus Proporzgründen geduldet werden, sondern sich als Wettbewerber im Kreis der anderen fünf großen Wirtschaftsforschungsinstitute bewähren können. Mit unermüdlichem Einsatz, mit Weitsicht und auch mit Herz und Humor verstand er es, Menschen zusammenzubringen und zu motivieren. Vieles ist ihm in dieser Anfangs- und Aufbruchszeit gelungen, obgleich seine Aufbautätigkeit am IWH zeitlich eng begrenzt war. Wegner räumte seinen Posten Ende 1993, früh genug, um einem Nachfolger ausreichend Gestaltungsspielräume für Ideen und Personalbesetzung zu lassen.
Dem Institut blieb Wegner nach der Rückkehr in seine Münchner Wahlheimat noch viele Jahre als Aufsichtsratsmitglied verbunden, was ihm fortan auch Einblicke in die konzeptionelle Weiterentwicklung verschaffte. Sein Interesse an der erfolgreichen Etablierung des Hauses in der Wissenschaftslandschaft blieb groß.
Wie uns erst jetzt bekannt wurde, ist Manfred Wegner am 19. September 2021 im Alter von 90 Jahren in München verstorben. Das IWH wird sich stets mit großer Wertschätzung an ihn erinnern.
Halle (Saale) im März 2022