In Ostdeutschland ist die Wirtschaft wie im Westen in der Krise - Implikationen der Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2025 und amtlicher Länderdaten für die ostdeutsche Wirtschaft

Im Jahr 2024 ist die Wirtschaft in Ostdeutschland um 0,1% geschrumpft, in Deutschland insgesamt um 0,2%. Für das Jahr 2025 rechnet das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) für Ostdeutschland mit einer Stagnation, für 2026 mit einem Zuwachs von 1,1%. Die Arbeitslosenquote dürfte laut IWH-Prognose in den Jahren 2025 und 2026 jeweils 7,8% betragen, nach 7,5% im Jahr 2024.

Autoren Oliver Holtemöller

Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose konstatiert in ihrem Frühjahrsgutachten, dass sich die deutsche Wirtschaft seit Ende des Jahres 2023 in der Krise befindet und dass die neuen US-Zölle sowie die hohe politische Unsicherheit die Aktivität im Jahr 2025 belasten werden. Das gilt auch für Ostdeutschland, auch wenn Exporte in die USA eine geringere Rolle spielen als für die westdeutsche Wirtschaft. Im Vorjahr ist das Bruttoinlandsprodukt in Ostdeutschland mit 0,1% einen Deut weniger zurückgegangen als in Westdeutschland (‒0,3%). Dabei legte die Produktion in Berlin um 0,8% zu, während sie in den ostdeutschen Flächenländern um 0,5% sank. Mit der amtlichen Veröffentlichung der Produktionszahlen im März 2025 wurden frühere Jahresergebnisse revidiert: Das Bruttoinlandsprodukt Ostdeutschlands ist für die vergangenen Jahre nach unten korrigiert worden (vgl. Abbildung). Nach dem Berechnungsstand vom Frühjahr 2024 war es im Jahr 2023 um 12,1% höher als im Jahr 2015, nach aktuellem Berechnungsstand nur um 10,2%. Besonders stark fiel die Revision des kumulierten Zuwachses für Brandenburg (4,5% statt 11,6%), Mecklenburg-Vorpommern (7,3% statt 13,3%) und Sachsen-Anhalt (‒0,1% statt 3,3%) aus. Die ostdeutsche Wirtschaft ist in den vergangenen zehn Jahren nur deshalb etwas schneller gewachsen als die deutsche insgesamt, weil in Berlin die Dienstleistungen stark zulegen.

„In den kommenden Jahren wird der demographisch bedingte Schwund an Arbeitskräften die ostdeutsche Wirtschaft zunehmend belasten“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident am IWH. Schon im vergangenen Jahr ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Osten um 0,1% zurückgegangen, während sie im Westen um 0,4% zugelegt hat. Zudem dürfte das Gros der Rüstungsinvestitionen in Westdeutschland erfolgen, denn dort liegen die Schwerpunkte der deutschen Rüstungsindustrie. Alles in allem dürfte die Produktion in Ostdeutschland im Jahr 2025 stagnieren (Deutschland +0,1%). Im Jahr darauf ist die Expansion nach vorliegender Prognose mit 1,1% um zwei Zehntel Prozentpunkte geringer als in Deutschland insgesamt. Die Arbeitslosenquote dürfte in den Jahren 2025 und 2026 mit jeweils 7,8% etwas höher liegen als im Jahr 2024 (7,5%).

Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2025: 

Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Geopolitischer Umbruch verschärft Krise – Strukturreformen noch dringlicher. Essen, April 2025.

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Zugehörige Publikationen

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Geopolitischer Umbruch verschärft Krise – Strukturreformen noch dringlicher

Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose

in: Dienstleistungsauftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, 1, 2025

Abstract

<p>Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin in der Krise. Der Beginn des Jahres 2025 ist geprägt von erheblichen innen- aber auch außenpolitischen Veränderungen. In Deutschland ist die wirtschaftspolitische Unsicherheit angesichts des Regierungswechsels hoch. Gleichzeitig belastet die protektionistische Handelspolitik der USA die deutsche Konjunktur. Zudem hat sich mit der neuen Regierung in den USA die Sicherheitslage in Europa verschlechtert. Vor diesem Hintergrund haben Bundestag und Bundesrat die Finanzverfassung Deutschlands grundlegend geändert und weitreichende öffentliche Verschuldungsspielräume geschaffen.&nbsp;</p> <p>Die wirtschaftliche Schwäche in Deutschland ist nicht nur konjunktureller, sondern auch struktureller Natur. So sehen sich deutsche Unternehmen einem verstärkten internationalen Wettbewerb vor allem aus China ausgesetzt. Zudem scheint ein Teil der Produktion in der energieintensiven Industrie dauerhaft weggefallen zu sein. Eine schwindende Erwerbsbevölkerung und hoher bürokratischer Aufwand sind weitere strukturelle Schwächen, unter denen die deutsche Wirtschaft leidet.&nbsp;</p> <p>Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr mit einem Anstieg um 0,1 % kaum mehr als stagnieren. Damit revidieren die Institute die Prognose vom Herbst 2024 recht deutlich um 0,7 Prozentpunkte nach unten. Insbesondere im Sommerhalbjahr 2025 wird inzwischen die Dynamik aufgrund der US-Zollpolitik schwächer eingeschätzt. Damit verzögert sich die erwartete Erholung. Im weiteren Prognosezeitraum dürfte eine voraussichtlich expansive Finanzpolitik die Konjunktur beleben. Im kommenden Jahr dürfte steigt das Bruttoinlandsprodukt um 1,3 %, wobei 0,3 Prozentpunkte der höheren Zahl an Arbeitstagen zu verdanken sind. Damit ist die Rate gegenüber der Herbstprognose unverändert, das Niveau der Wirtschaftsleistung ist aber 0,8 % niedriger.</p>

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