Aufschwung im Osten so stark wie in Deutschland insgesamt – Implikationen der Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2017 für Ostdeutschland
„In den vergangenen drei Jahren expandierte die ostdeutsche Wirtschaft trotz ungünstigerer demographischer Entwicklung schneller als die Gesamtdeutschlands. Dies dürfte im Jahr 2017 nicht mehr der Fall sein, wie Indikatoren für das Produzierende Gewerbe, die Auftragseingänge und die Beschäftigtenentwicklung im ersten Halbjahr 2017 nahelegen“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomie und Vizepräsident am IWH. So ist der Boom am Bau im Westen wohl noch ausgeprägter als in Ostdeutschland. Gemäß den aktuellen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Länder hat die Produktion in Ostdeutschland im ersten Halbjahr 2017 mit 1,3% sogar deutlich langsamer gegenüber dem ersten Halbjahr 2016 zugelegt als in West-deutschland (2,1%). Ausschlaggebend war dafür vor allem eine schwächere Expansion in den ostdeutschen Wachstumszentren Berlin mit Brandenburg und Sachsen. Allerdings dürfte dies auf eine schwache und mittlerweile überwundene schwächere Produktionsentwicklung im zweiten Halbjahr 2016 zurückgehen. „Im laufenden Jahr ist die Konjunktur in Ost und West wohl etwa wieder gleich kräftig. Sie hat sogar noch etwas an Schwung gewonnen, weil zur schon seit längerem starken Binnennachfrage im ersten Halbjahr 2017 auch eine deutliche Expansion der Exporte trat“, so Holtemöller.
Dementsprechend setzt sich auch in Ostdeutschland der Beschäftigungsaufbau fort. Im Jahr 2017 wird die Erwerbstätigkeit mit 1,5% wohl genau so kräftig zunehmen wie in Westdeutschland. Die registrierte Arbeitslosigkeit nimmt weiter ab. Im Jahr 2017 dürften 643 000 Personen arbeitslos gemeldet sein. Die – auf die Erwerbspersonen bezogene – Arbeitslosenquote wird wohl bei 7,5% liegen.
Hintergrund: Das IWH hat im Sommer 2017 seinen Jahresbericht zur wirtschaftlichen Entwicklung in Ostdeutschland vorgelegt. Darin wurde ein Anstieg des Bruttoinlandsproodukts in Ostdeutschland (mit Berlin) um 1,8% für das Jahr 2017 prognostiziert.*typo3/#_ftn1 Wegen der jüngst guten Konjunkturentwicklung in Gesamtdeutschland wird diese Prognose leicht nach oben revidiert. Am 28.09.2017 stellen die Wirtschaftsforschungsinstitute unter Beteiligung des IWH ihre Konjunkturprognose für Deutschland insgesamt vor, vgl. Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Aufschwung weiter kräftig – Anspannungen nehmen zu. Herbst 2017. Kiel 2017. In dieser Pressemitteilung wird beschrieben, welche Implikationen sich aus der aktuellen Prognose für Deutschland insgesamt für Ostdeutschland ergeben.
* Vgl. Altemeyer-Bartscher, M.; Heimpold, G.; Holtemöller, O.; Lindner, A.; Titze, M. (2017): Ostdeutsche Wirtschaft: Rückstand bleibt trotz kräftigem Aufschwung groß, Finanzausgleich fließt auch nach Reform vor allem in den Osten. Konjunktur aktuell Jg. 5 (3), 2017.
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Zugehörige Publikationen
Aufschwung weiter kräftig — Anspannungen nehmen zu: Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2017
in: Externe Monographien, 2017
Abstract
Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat an Stärke und Breite gewonnen. Neben den Konsumausgaben tragen nun auch das Auslandsgeschäft und die Investitionen zur Expansion bei. Die sehr hohe konjunkturelle Dynamik in der ersten Hälfte des laufenden Jahres wird sich zwar etwas abschwächen. Gleichwohl nimmt die Wirtschaftsleistung in diesem und im nächsten Jahr stärker zu als die Produktionskapazitäten wachsen. Im Ergebnis steigt die gesamtwirtschaftliche Auslastung, und die Wirtschaftsleistung liegt über dem Produktionspotenzial. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 1,9 Prozent und im nächsten Jahr um 2 Prozent zulegen (kalenderbereinigt 2,2 bzw. 2,1 Prozent).
Ostdeutsche Wirtschaft: Rückstand bleibt trotz kräftigem Aufschwung groß, Finanzausgleich fließt auch nach Reform vor allem in den Osten
in: Konjunktur aktuell, 3, 2017
Abstract
Ostdeutschland hat vom gegenwärtigen Aufschwung in Deutschland bisher besonders deutlich profitiert. In jedem der Aufschwungsjahre 2014 bis 2016 nahm die gesamtwirtschaftliche Produktion schneller zu als in Westdeutschland; auch für das Jahr 2017 prognostiziert das IWH, dass der Zuwachs der Produktion in Ostdeutschland mit 1,8% etwas höher liegt als in Westdeutschland. Freilich ist auch nach mehr als 25 Jahren Deutscher Einheit in jeder der ostdeutschen Regionen die Produktivität immer noch niedriger als in derjenigen westdeutschen Region mit der geringsten Produktivität. Der größte Teil der Zuweisungen vom Bund wird auch ab dem Jahr 2020, wenn der reformierte Länderfinanzausgleich gilt, in den Osten der Republik fließen. Die Reform des Länderfinanzausgleichs hat dabei nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftspolitischen Anreize für die finanzschwachen Bundesländer geführt, was auch dazu beitragen könnte, dass die ökonomische Konvergenz nur schleppend verläuft.