Banken steigern Ertrag, wenn Fusionsschranken fallen

Wenn durch den Wegfall politischer Konsolidierungsbarrieren aus zwei Banken eine wird, wird das neu entstandene Institut deutlich profitabler und nützlicher für die Realwirtschaft. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von zwangsfusionierten Sparkassen, durchgeführt vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Aus der Studie ergeben sich wichtige Erkenntnisse für den deutschen und den europäischen Bankenmarkt.

Autoren Michael Koetter

Die Debatte um die staatliche Rettung der angeschlagenen Norddeutschen Landesbank mit einem Milliardenbetrag erscheint in einem anderen Licht, wenn man bedenkt, dass (1) Deutschland mit mehr als 1 800 Banken so viele Kreditinstitute hat wie kein anderes Land in Europa und (2) viele Banken nur sehr kleine Gewinne erwirtschaften, was in der Folge (3) die Stabilität des deutschen Finanzmarkts gefährden kann. Denn will eine Bank ihren niedrigen Profit erhöhen, steigt für sie der Anreiz, sehr riskante Geschäfte einzugehen.

In Deutschland gibt es zu viele Banken, die sich um zunehmend kleine Erträge balgen. Diese strukturelle Ertragsschwäche in der Branche kann die Finanzstabilität gefährden.

Ein Team des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat eine besondere Situation untersucht: Wenn in Deutschland im Zuge von Gebietsstandreformen Kreise zusammengeführt werden, so müssen auch deren Sparkassen fusionieren. Dieser „Fusionsschock“ erlaubt es, den kausalen Zusammenhang zwischen dem Zusammenschluss von regionalen Banken und deren Leistungskraftentwicklung nach einer solchen Transaktion zu isolieren und von anderen Treibern, wie zum Beispiel der regionalen Konjunktur, zu trennen. Für die Jahre 1993 bis 2015 wurden 1 627 Sparkassenfusionen untersucht. Die neu entstandenen Institute haben die Forschenden mit Genossenschaftsbanken verglichen, die sich entweder freiwillig oder gar nicht zusammengeschlossen haben. Das Ergebnis: Im Vergleich zu den Genossenschaftsbanken steigern die zwangsfusionierten Sparkassen ihre Profitabilität um fünf bis sechs Prozentpunkte. Das ist ein substanzieller Zuwachs, gemessen an einer durchschnittlichen Eigenkapitalrentabilität von acht Prozentpunkten. Der Effekt hält bis zu acht Jahre nach einer Fusion an. Wesentliche Treiber der höheren Profitabilität sind ein geringerer Eigenkapitaleinsatz, leicht erhöhte Kreditrisiken sowie niedrigere operative Kosten.

Dahingehend ist die Vollendung der europäischen Bankenunion mit einer umfassenden Einlagensicherung ein wichtiger Schritt

Darüber hinaus wurden die Folgen einer erzwungenen Sparkassenfusion für die Unternehmenskunden dieser Bank relativ zu Firmenkunden von nicht fusionierenden Sparkassen untersucht. Demnach sinken für Unternehmen die Finanzierungskosten um 0,25 Prozentpunkte. Dank günstigerer Kredite investieren Firmen in den drei Jahren nach der Bankfusion bis zu 50 % mehr und stellen langfristig 1% bis 2% mehr Arbeitskräfte ein.

Studienautor Michael Koetter, Leiter der Abteilung Finanzmärkte am IWH, zieht aus der Untersuchung folgendes Fazit: „In Deutschland gibt es zu viele Banken, die sich um zunehmend kleine Erträge balgen. Diese strukturelle Ertragsschwäche in der Branche kann die Finanzstabilität gefährden.“ Auch weil die Digitalisierung Bankgeschäfte einfacher mache, brauche es weniger Geldhäuser. Übermäßiger Erfolgsdruck aufgrund von Überkapazitäten steigere das Risiko einer neuen Finanzkrise, die ein weiteres Mal viel Steuergeld kosten könnte.

Deshalb plädiert Koetter dafür, politische Barrieren für Bankenfusionen zu reduzieren. „Wir brauchen mehr kluge und mutige Konsolidierung, die Grenzen überschreitet – in Europa und der Welt, aber auch national zwischen den Säulen unseres historisch gewachsenen Bankensystems, das für heutige Herausforderungen zu kleinteilig ist.“ Bislang ist es so, dass zwischen den drei Säulen des deutschen Bankensystems (Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Geschäftsbanken) Fusionen verboten sind. „Dahingehend ist die Vollendung der europäischen Bankenunion mit einer umfassenden Einlagensicherung ein wichtiger Schritt“, sagt Koetter. Damit wäre zum Beispiel eine Fusion der Deutschen Bank mit einer anderen europäischen Bank wesentlich einfacher, weil es attraktiver für ausländische Investoren wäre, sich dieser Herausforderung zu stellen. Eine solche internationale Lösung hält Koetter für sinnvoller als einen Zusammenschluss mit der ebenfalls ertragsschwachen Commerzbank. „Denn die Erfahrung zeigt, dass auch in der Bankenwelt aus zwei einbeinigen Wanderern kein zweibeiniger Sprinter wird.“

Veröffentlichung

Koetter, Michael; Müller, Carola; Noth, Felix; Fritz, Benedikt: May the Force Be with You: Exit Barriers, Governance Shocks, and Profitability Sclerosis in Banking. Discussion Paper Deutsche Bundesbank No 49/2018, Frankfurt am Main 2018.

Koetter, Michael: Es ist nicht genug für alle da. Gastbeitrag in: Süddeutsche Zeitung, 01.04.2019, S. 16.

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Zugehörige Publikationen

cover_Deutsche-Bundesbank-Discussion-Paper_2018-49.jpg

May the Force Be with You: Exit Barriers, Governance Shocks, and Profitability Sclerosis in Banking

Michael Koetter Carola Müller Felix Noth Benedikt Fritz

in: Deutsche Bundesbank Discussion Paper, 49, 2018

Abstract

We test whether limited market discipline imposes exit barriers and poor profitability in banking. We exploit an exogenous shock to the governance of government-owned banks: the unification of counties. County mergers lead to enforced government-owned bank mergers. We compare forced to voluntary bank exits and show that the former cause better bank profitability and efficiency at the expense of riskier financial profiles. Regarding real effects, firms exposed to forced bank mergers borrow more at lower cost, increase investment, and exhibit higher employment. Thus, reduced exit frictions in banking seem to unleash the economic potential of both banks and firms.

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