IWH gründet europäisches Zentrum für Mikrodatenforschung
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) geht einen wichtigen Entwicklungsschritt: Eine neu gegründete Institutseinheit hat zu Jahresbeginn offiziell die Arbeit aufgenommen, das „Zentrum für Firmen- und Produktivitätsdynamik“ (Englisch "Centre for Business and Productivity Dynamics", kurz: CBPD). Ziel des Zentrums ist, durch die Arbeit mit Mikrodaten auf Firmenebene den tiefgreifenden Strukturwandel in Europas Volkswirtschaften besser zu ergründen. Dieser vollzieht sich vor dem Hintergrund komplexer Herausforderungen, ausgelöst etwa durch Preisschocks, technische und grüne Transformation, Globalisierung und Regulierung.
Nach Abschluss der Aufbauphase des Zentrums im Jahr 2027 sollen dort elf Vollzeitstellen angesiedelt sein. Die jährliche Grundfinanzierung des Instituts steigt dann um 953 000 Euro, ein Plus von 11% gegenüber heute. Es ist die zweite große Erweiterung des IWH in der Amtszeit von Institutspräsident Reint Gropp. Im Jahr 2020 wurde die nunmehr vierte Forschungsabteilung gegründet, um die Wechselwirkungen der staatlichen Regulierung von Finanz- und Arbeitsmärkten und deren Folgen für die Gesamtwirtschaft zu untersuchen.
Eine Kernaufgabe der neuen Struktureinheit besteht darin, die Produktivitätsforschung aus einer international vergleichenden Perspektive voranzubringen. Dafür werden Ökonomen Firmendaten aus EU-Ländern sammeln, miteinander verknüpfen, bereitstellen und untersuchen. Anders als Daten auf Ebene der Wirtschaftssektoren sollen die neuen Mikrodaten ein feineres Bild liefern, wie die ständige Neuverteilung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zwischen Unternehmen die Produktivität beeinflusst. Diese gilt als Schlüsselfaktor für Innovation und Wirtschaftswachstum und damit als Grundlage von Wohlstand. In Deutschland und Europa stockt das Produktivitätswachstum seit Jahren, was Verteilungskämpfe verschärfen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt belasten kann.
IWH-Präsident Reint Gropp sagt: „Diese Erweiterung ist der Schlussstein, um unsere Strategie der Spitzenforschung vollständig umzusetzen. Wir wollen Europas führendes Institut für die Erforschung der Produktivität in all ihren Facetten werden." Das IWH habe dafür beste Voraussetzungen, darunter eine eigene Abteilung mit Forschungsschwerpunkt Produktivität. Diese hatte bereits das EU-finanzierte Projekt MICROPROD mit neun europäischen Partnern geleitet und somit dazu beigetragen, den Weg für das neue Kompetenzzentrum zu ebnen.
Javier Miranda, Leiter des CBPD, hat in der Vergangenheit als Principal Economist beim US Census Bureau gearbeitet und bringt einen reichen Erfahrungsschatz in das Zentrum ein. Miranda freut sich auf eine intensive Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern: „Unsere Forschung wird alle Abteilungen des Instituts einbeziehen, um Perspektiven aus der Arbeitsmarkt-, Finanz- und Makroökonomie zu kombinieren. Andere deutsche und europäische Wissenschaftler und Institutionen wie die Nationalen Produktivitätsausschüsse sind bereits wichtige Partner. Gemeinsam wollen wir den Zugang zu Mikrodaten für die Spitzenforschung erschließen, um der Politik besser informierte Entscheidungen zu ermöglichen."
Der Eröffnung des Zentrums vorausgegangen war ein mehrjähriger Planungs- und Entwicklungsprozess. Darin hatte der Senatsausschuss Strategische Vorhaben der Leibniz-Gemeinschaft das Vorhaben des IWH als exzellent bewertet und die Erweiterung befürwortet. Die finale Zusage zu dem so genannten kleinen Sondertatbestand erteilte die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern im November 2024. Die Institutserweiterung, die unter dem Arbeitstitel „Zentrum für Faktormarkttransformation, Energieschocks und Produktivitätswachstum“ (IWH-FEP) begonnen hatte, erhielt schließlich ihren heutigen Namen: „Zentrum für Firmen- und Produktivitätsdynamik“.
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Die IWH-Expertenliste bietet eine Übersicht der IWH-Forschungsthemen und der auf diesen Gebieten forschenden Wissenschaftler/innen. Die jeweiligen Experten für die dort aufgelisteten Themengebiete erreichen Sie für Anfragen wie gewohnt über die Pressestelle des IWH.