IWH-Insolvenztrend für September: Lage stabil, Aussicht trüb
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im September bei 1 016 (vgl. Abbildung 1). Das sind in etwa so viele wie im August, aber 33% mehr als im September des vorigen Jahres. Die Zahl der Insolvenzen lag 12% über dem September-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Schließungen großer Arbeitgeber führen oft zu hohen und dauerhaften Lohnverlusten bei den Beschäftigten. Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im September gemeldet wurde, ca. 11 500 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten 10% der Unternehmen liegt damit 130% über dem September-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2). Die meisten Arbeitsplätze entfallen im September auf Insolvenzen in der Industrie sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Betroffen waren unter anderem mehrere Krankenhäuser.
„Im Sommer lag die Zahl der Insolvenzen zwar über dem Durchschnitt vor der Corona-Pandemie, aber sie war stabil. Das wird sich nun wohl ändern“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung. „Wie schon im August deuten unsere Frühindikatoren im September auf einen deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen im vierten Quartal hin – vor allem im Baugewerbe sowie im Grundstücks- und Wohnungswesen.“ Die IWH-Frühindikatoren basieren auf vorläufigen Gerichtsentscheidungen, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Insolvenzanmeldung stehen. Die Indikatoren zeigen aktuell den höchsten Wert seit Beginn der Berechnung im Januar 2020 an.
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.
Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.
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