Sachsen-Anhalts Mittelstand atmet auf
Demnach bewerten wieder 63,2% der befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage mit „sehr gut“ bzw. „gut“. In der Vorjahresumfrage lag dieser Anteil nur bei 55,3%. Auch zeigten sich weniger Unternehmen als im Vorjahr unzufrieden mit der Geschäftslage. Aktuell bezeichneten 4,8% der Befragten die Geschäftslage als „mangelhaft“ bzw. „ungenügend“. Vor einem Jahr war dieser Anteil noch doppelt so hoch (10,9%).
„Weiterhin sind die Unternehmen von einem Normalbetrieb aber weit entfernt, die Auswirkungen der Pandemie teilweise noch erheblich“, betonte Martin Plath, Prokurist bei Creditreform in Halle (Saale), bei der Vorstellung der Umfrage. Eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau schon in den nächsten Monaten sei vor diesem Hintergrund unrealistisch.
„Bemerkenswert ist, dass eine Mehrheit von Unternehmen ihre Geschäftslage als günstig einschätzt, obwohl die Zahl der Unternehmen, deren Umsätze zuletzt zurückgegangen sind, die Anzahl von Unternehmen mit gestiegenen Umsätzen übertrifft“, ergänzt Dr. Axel Lindner, stellvertretender Leiter der Abteilung Makroökonomik am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). „Für die positive Grundstimmung ist vermutlich ausschlaggebend, dass die Umsätze weniger von schwacher Nachfrage als von Einschränkungen der Produktion aufgrund von Liefer- und Personalengpässen gebremst werden.“
Corona-Krise wirkt nach
Die Corona-Pandemie war auch für den Mittelstand in Sachsen-Anhalt in den zurückliegenden Monaten das beherrschende Thema. Bei 22,8% der Befragten war der Geschäftsbetrieb voll betroffen, beispielsweise durch den Lockdown, bei weiteren 43,9% der Unternehmen zum Teil. In ihrem zweiten Jahr führte die Pandemie damit bei mehr Unternehmen zu einem Schaden als im ersten Jahr 2020. Die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung haben in den letzten Monaten für den Mittelstand indes an Bedeutung verloren. Hauptsächlich war das Kurzarbeitergeld noch relevant.
Die Umsatzentwicklung im Mittelstand stand auch in diesem Frühjahr unter dem Eindruck der pandemiebedingten Einschränkungen. Der lange Lockdown hat Spuren hinterlassen. Immerhin 29,3% der Befragten berichteten von einem Umsatzrückgang. Gleichwohl waren im Vorjahr noch mehr Unternehmen von Rückgängen betroffen gewesen (37,3%). 27,4% der Unternehmen (Vorjahr: 21,4%) meldeten wieder ein Umsatzplus. Nachdem die Geschäfte im Mittelstand wieder anziehen, spielen Umsätze, die nicht in Ostdeutschland erwirtschaftet werden, wieder eine größere Rolle.
Konjunkturerwartungen ziehen wieder an
Der Optimismus kehrt in den Mittelstand zurück. Die Unternehmen bewerten die weitere Umsatzentwicklung freundlicher als noch im Frühjahr 2020. So rechnen mittlerweile drei von zehn Befragten (28,9%) mit steigenden Umsätzen, nur jeder fünfte (20,0%) erwartet rückläufige Umsätze. In der Vorjahresbefragung lag dieser Anteil noch bei 37,4%. Nach dem herben Einschnitt im Vorjahr sind die Umsatzerwartungen im Mittelstand aber noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau. Zudem bleiben massive Unsicherheiten für die weitere Konjunkturentwicklung, Zu nennen sind hier u. a. sich ausbreitende Virusvarianten und Kostenexplosionen wie bei Baumaterial.
Der Optimismus schlägt sich in der Investitions- und Personalplanung nieder. 58,3% der befragten Mittelständler wollen investieren (Vorjahr: 47,0%). Die Investitionsbereitschaft liegt damit über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Auch die Belegschaften will der Mittelstand aufstocken. So plant fast jedes vierte Unternehmen (23,7%), den Personalbestand zu erhöhen. Vor einem Jahr lag diese Quote erst bei 16,3%.
„Die Zeichen stehen auf Aufschwung“, bewertet Creditreform-Prokurist Plath die aktuellen Erwartungen des Mittelstandes. 2021 werde eine spürbare Konjunkturbelebung in Sachsen-Anhalt bringen. Gleichwohl lasse sich der Mittelstand nicht auf Euphorie ein. Die Sorgenfalten seien noch da.
Corona drückt aufs Eigenkapital
Die Eigenkapitalquoten im Mittelstand sind in der Corona-Krise stark unter Druck geraten. Deutlich mehr Unternehmen als im Vorjahr wiesen Eigenkapitalquoten von unter 10% auf und gelten damit als eigenkapitalschwach (2021: 30,6% der Unternehmen; 2020: 24,4%). Eine solide Eigenkapitalquote von mehr als 30% verzeichneten nur noch 30,3% der Befragten (Vorjahr: 41,8%).
Eigenkapitalquoten sind für gewöhnlich recht stabil. Nach der Einschätzung Lindners dürfte es deshalb etliche Jahre dauern, bis der pandemiebedingte Einbruch hier wieder wettgemacht sein werde: „Pointiert gesagt droht deshalb aufgrund von zu geringen Eigenkapitalquoten eine Art wirtschaftliches „Long-Covid-Phänomen“.
Kaum beeinträchtigt ist hingegen bislang das Zahlungsverhalten. Nennenswerte Forderungsausfälle blieben auch im Krisenjahr selten.
„Die Maßnahmen der Bundesregierung haben eine Insolvenzwelle verhindert und die Wirtschaft zunächst stabilisiert“, fasste Plath zusammen. Die Corona-Krise habe aber viele finanzielle Polster aufgebraucht. In den nächsten Monaten werde es dann auch zu Marktaustritten kommen.
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