Start für IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten trotz Coronakrise konstant

Trotz Krisenstimmung blieb die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im März und April 2020 auf Vorjahresniveau. Das zeigt der heute erstmals veröffentlichte IWH-Insolvenztrend. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) liefert damit ab sofort und deutlich vor der amtlichen Statistik ein monatliches Update zum bundesweiten Insolvenzgeschehen.

Autoren Steffen Müller

Erlebt Deutschland eine Pleitewelle? Was viele angesichts der coronabedingten Wirtschaftskrise befürchten, ist bislang ausgeblieben. Laut der ersten Ausgabe des IWH-Insolvenztrends meldeten im März und April dieses Jahres 1 936 Personen- und Kapitalgesellschaften Insolvenz an. Somit lässt sich kein Anstieg gegenüber den beiden Vorjahresmonaten beobachten, als ebenfalls
1 936 Firmen derselben Rechtsformen zahlungsunfähig wurden. Der Blick auf Kapital- und Personengesellschaften ist vor allem deshalb interessant, weil in der Regel etwa 90% aller von Insolvenz betroffenen Beschäftigten in diesen Unternehmen angestellt sind.

Zum einen verfügen viele Unternehmen über Reserven und melden nicht sofort bei Ausbruch einer Krise Insolvenz an. Zum anderen dürften staatliche Maßnahmen geholfen haben, eine Pleitewelle zumindest aufzuschieben.

Deutlich schneller als die offizielle Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) von nun an jeden Monat einen aktuellen, belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Kapital- und Personengesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben. Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Gerichte aus. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der Insolvenzforschungsstelle, sieht trotz der konstanten Zahl von Firmenpleiten keinen Grund zur Entwarnung: „Zum einen verfügen viele Unternehmen über Reserven und melden nicht sofort bei Ausbruch einer Krise Insolvenz an. Zum anderen dürften staatliche Maßnahmen geholfen haben, eine Pleitewelle zumindest aufzuschieben.“ Neben Kurzarbeitergeld und Soforthilfen dürfte ein weiterer Grund für das bisherige Ausbleiben einer Insolvenzwelle sein, dass per „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 27. März 2020 die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen unter bestimmten Umständen ausgesetzt wurde. Somit könnte es nach dem Ende der gesetzlichen Ausnahmeregelung doch noch zu einem starken Anstieg der Insolvenzen kommen. Die Ausnahmeregelung gilt vorerst bis zum 30. September 2020, kann aber verlängert werden.

Institutspräsident Reint Gropp begrüßt den IWH-Insolvenztrend als Instrument der Politikberatung: „Wir werden mit diesem neuen Indikator die äußerst unsichere Wirtschaftsentwicklung besser und frühzeitiger abbilden. Damit geben wir der Politik eine wichtige Orientierungshilfe bei den schwierigen Entscheidungen der nächsten Zeit.“

Mehr zur IWH-Insolvenzforschungsstelle: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung

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