Stresstest für Sachsen-Anhalts Mittelstand
Danach beurteilten noch 59,5% der befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage mit „sehr gut“ bzw. „gut“. Der Anteil der positiven Meldungen lag damit deutlich niedriger als im Vorjahr (69,0%), ist aber nicht eingebrochen. „Die Energiepreiskrise hat der Konjunktur einen erheblichen Dämpfer verpasst. Die Unternehmen verzeichnen weniger Aufträge, gleichzeitig leiden sie unter gestiegenen Kosten“, berichtet Martin Plath, Prokurist bei Creditreform in Halle (Saale), bei der Vorstellung der Studie. Die Kombination aus hoher Inflation und stagnierender bzw. rückläufiger Wirtschaftsentwicklung sei für den Mittelstand eine Belastungsprobe.
Umsätze und Erträge der Unternehmen in Sachsen-Anhalt entwickelten sich in den letzten Monaten häufig rückläufig. 30,5% der Befragten berichteten von Umsatzeinbußen. In der letztjährigen Umfrage waren nur 19,4% der Unternehmen betroffen. Gleichzeitig verbuchten noch 28,2% der Befragten ein Umsatzplus (Vorjahr: 37,8%).
„Nach dem Aufholprozess im vergangenen Jahr im Anschluss an das Ende der Coronapandemie dürfte die Wirtschaftsleistung in Deutschland 2023 schrumpfen“, ergänzt Axel Lindner, stellvertretender Leiter der Abteilung Makroökonomik am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Die verschlechterte Wirtschaftslage sei in allen Bereichen zu spüren. Es gebe derzeit kaum Wachstumsimpulse.
Geschäftserwartungen: Pessimismus überwiegt
Die weitere Geschäftsentwicklung beurteilen die mittelständischen Unternehmen in Sachsen-Anhalt überwiegend pessimistisch. 26,7% der Befragten rechnen mit einer rückläufigen Umsatzentwicklung. Das ist ein deutlich höherer Anteil als im Vorjahr (17,7%). Lediglich 24,4% der Befragten erwarten ein Umsatzplus (Vorjahr: 37,0%). Die aktuellen Umsatzerwartungen im Mittelstand sind die zweitschlechtesten in den vergangenen zehn Jahren. Nur im Sommer 2020 waren sie noch negativer als derzeit.
Die Zurückhaltung ist auch in den Investitionsplanungen zu spüren. Lediglich 48,1% der Unternehmen wollen investieren (2022: 55,8%; 2021: 58,4%). Hierbei dürften sich auch die höheren Finanzierungskosten negativ bemerkbar machen. In den vergangenen zwölf Monaten ist es dem Mittelstand in Sachsen-Anhalt nicht gelungen, die Beschäftigtenzahl zu erhöhen. Auch die Personalplanungen für die nächsten Monate sind zurückhaltend. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen (74,2%) will den Personalbestand unverändert lassen. Jedes zehnte Unternehmen (9,7%) rechnet mit einer verkleinerten Belegschaft. 16,1% der Befragten Unternehmen planen eine Aufstockung (Vorjahr: 22,3%).
„Es ist derzeit nicht leicht, positive Signale bei den mittelständischen Unternehmen auszumachen. Der Kostendruck ist weiterhin sehr groß, die Inflation hartnäckig“, schätzt Creditreform-Prokurist Plath die Stimmungslage der Unternehmen ein. Stress würden die Unternehmen gleich von mehreren Seiten bekommen. So führe die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen und die Zinswende zu einer Belastung der Unternehmensstabilität. Bundesweit sei im
1. Halbjahr 2023 bereits ein massiver Anstieg der Insolvenzen zu verzeichnen gewesen.
IWH-Konjunkturforscher Lindner ergänzt: „Eine durchgreifende Konjunkturbelebung ist für die nächsten Monate nicht zu erwarten. Mit der Beruhigung der Energiepreise und dem Abflauen der Inflation könnte sich aber der Druck auf die Unternehmen etwas abmildern.“ Umso wichtiger seien gute Rahmen- und Standortbedingungen für die Unternehmen. Die aktuell rückläufige Innovationstätigkeit des Mittelstandes sei für ihn jedoch ein Warnsignal.
Positiv entwickelten sich noch einmal die Eigenkapitalquoten im Mittelstand. 38,2% der Unternehmen erreichen mittlerweile wieder eine solide Eigenkapitalquote von über 30% (Vorjahr: 33,1% der Befragten). Bei 27,9% der Unternehmen liegt die Eigenkapitalquote unter 10%. Der Anteil dieser eigenkapitalschwachen Firmen war geringer als im Vorjahr.
Inflation: Bedrohung für die Geschäfte im Mittelstand
Ein erhebliches Bedrohungspotenzial sieht der Mittelstand in Sachsen-Anhalt in der allgemeinen Teuerung. Nur 8,7% der Befragten sehen durch den Preisauftrieb gar keine Gefahr für die eigene Geschäftsgrundlage. 41,9% der Befragten erwarten, dass die Inflation die Geschäftsentwicklung sogar voll beeinträchtigt. Als bedrohlich nimmt der Mittelstand dabei die Preisanstiege und Versorgungsrisiken speziell bei Energieträgern wahr. 46,3% der Befragten sehen sich voll betroffen, nur jeder Zehnte (10,3%) gar nicht. Die mangelnde Verfügbarkeit von Personal wird von 39,0% der Befragten als voll geschäftsschädigend wahrgenommen. Daran hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum etwas geändert. Verzögerungen und Ausfälle bei Zulieferungen sind dagegen deutlich seltener als im Vorjahr eine starke Bedrohung für die Unternehmen.
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