Inhalt
Seite 1
Dynamische Merit-Order-Analyse
Seite 2
Großhandelsstrompreise im Jahr 2023
Seite 3
Fazit
Seite 4
Endnoten Auf einer Seite lesen

Fazit

Im europäischen Vergleich lagen die deutschen Großhandelspreise für Strom 2023 mit 95 EUR/MWh zwischen denen von Italien (123 bis 237 EUR/MWh) und Schweden (44 bis 51 EUR/MWh). Der Großhandelsstrompreis in Frankreich und Deutschland betrug 2022 jeweils 275 EUR/MWh und 235 EUR/MWh und sank bis 2023 auf 95 EUR/MWh. Somit lag der deutsche Großhandelsstrompreis unter den Preisen von acht der zwölf EU-Länder, die Atomkraftwerke betreiben. 

Der Preisrückgang ist hauptsächlich auf die gesunkenen Erdgaspreise zurückzuführen, die von 124 EUR/MWh im Jahr 2022 auf 41 EUR/MWh im Jahr 2023 fielen. Schätzungen zufolge hätte der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke den Strompreisverfall um zusätzliche 1 bis 7 EUR/MWh verstärken können. Besonders im Oktober 2023 hätte dies zu einer weiteren Senkung der Großhandelsstrompreise beigetragen. Die vorliegende Analyse berücksichtigt jedoch nicht die expliziten Kosten einer Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken. Laut der Internationalen Energieagentur würden sich die Grenzkosten bei gleichbleibender Auslastung der Atomkraftwerke verdoppeln, jedoch weiterhin die kostengünstigste konventionelle Erzeugungskapazität darstellen. Die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke hatte insgesamt nur geringe Auswirkungen auf den Strompreis, was auf den geringen Anteil der installierten Leistung an der Gesamtleistung zurückzuführen ist. 

Die aktuellen Strompreise werden hauptsächlich durch die Entscheidungen zum Atomausstieg in den Jahren 2002 und 2011 beeinflusst, welche zur Stilllegung von Kraftwerkskapazitäten führten, die etwa der heutigen installierten Kapazität von Steinkohlekraftwerken entsprechen. Wäre diese Kernkraftwerkskapazität noch in Betrieb, wäre die derzeitige Stromerzeugung nahezu vollständig dekarbonisiert, vorausgesetzt, die heutige installierte Leistung erneuerbarer Energien bliebe unverändert. 

Für die ökonomische Beurteilung des Atomausstiegs ist der Strompreis nur dann ein valides Kriterium, wenn er alle möglichen negativen Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft berücksichtigt. Wesentlich sind hierbei die Endlagerung des Atommülls und die Sicherheit des Betriebs der Kernkraftwerke. Nur wenn ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke keine direkte Auswirkung auf die Endlagersuche hat, wäre diese negative Externalität irrelevant. Das Risiko eines atomaren Zwischenfalls in Deutschland wurde durch die Abschaltung stark reduziert, aber nicht vollständig eliminiert, da Deutschland weiterhin Atomstrom aus Nachbarländern importiert. Zwischenfälle in diesen Ländern könnten ebenfalls negative Auswirkungen auf Deutschland haben.

Außerdem in diesem Heft

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Deutschland braucht eine klare wirtschaftspolitische Strategie

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2024

Abstract

<p>Die deutsche Wirtschaft steht unter Druck, doch die aktuellen Maßnahmen der Regierung führen kaum zu einer nachhaltigen Erholung. Unternehmen sind mit Unsicherheiten konfrontiert, die Investitionen hemmen – insbesondere hinsichtlich der Energieversorgung und der damit verbundenen Kosten. Viele Betriebe schieben deshalb notwendige Investitionen auf – genau die Investitionen, die das wirtschaftliche Wachstum antreiben könnten.</p>

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Aktuelle Trends: Starker Anstieg der Gesetzesfolgekosten der Wirtschaft

Steffen Müller

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2024

Abstract

<p>Steigende Bürokratiekosten werden derzeit oft als ein Grund für die aktuelle wirtschaftliche Schwäche genannt. Allerdings ist der Streit um (zu hohe) Bürokratiekosten nichts Neues. Als Konsequenz daraus wurde der unabhängige Normenkontrollrat bereits 2006 ins Leben gerufen.</p>

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Nachlassende Unternehmensdynamik in Europa: Die Rolle von Schocks und Reaktionsfähigkeit

Filippo Biondi Sergio Inferrera Matthias Mertens Javier Miranda

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2024

Abstract

<p>Wir untersuchen die Veränderung der Unternehmensdynamik in Europa seit 2000 anhand neuer Daten, die wir für 19 europäische Länder erhoben haben. In allen Ländern dokumentieren wir einen breit angelegten Rückgang der Unternehmensdynamik, der die meisten Wirtschaftszweige und Firmengrößenklassen betrifft. Große und ältere Unternehmen verzeichnen den stärksten Rückgang der Unternehmensdynamik. Gleichzeitig geht der Anteil an Personen, die in jungen Unternehmen arbeiten, zurück. In Übereinstimmung mit Ergebnissen aus den USA reagieren Unternehmen in Europa weniger stark auf Produktivitätsveränderungen als früher („Reaktivität von Firmen“), was einen Teil des Rückgangs der Unternehmensdynamik erklärt. Im Gegensatz zur bisherigen Evidenz für die USA hat sich in Europa jedoch auch die Dynamik von Produktivitätsschocks abgeschwächt, was einen weiteren Teil des Rückgangs der Unternehmensdynamik erklärt. Für das deutsche Verarbeitende Gewerbe berechnen wir, dass der Rückgang der Reaktivität von Firmen ca. 40% des Rückgangs der Unternehmensdynamik erklärt, während die Abschwächung von Produktivitätsschocks 60% des Rückgangs der Unternehmensdynamik erklärt. Diese Prozesse deuten darauf hin, dass Marktfriktionen, wie beispielsweise Firmenmarktmacht in Europa, zu zunehmenden Fehlallokationen führen und dass die Innovationsprozesse sich abgeschwächt haben, woraus eine geringere Umverteilung von Marktanteilen zwischen Firmen resultiert.</p>

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Interview: Gibt es aktuell eine Insolvenzwelle in Deutschland?

Steffen Müller

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2024

Abstract

<p>In den letzten Wochen gab es zahlreiche Medienberichte zu Insolvenzen in Deutschland, darunter einige bekannte Namen. Befinden wir uns in einer Insolvenzwelle? Dazu sprechen wir mit dem Insolvenz-Experten Professor Dr. Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).</p>

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