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Deutsche Wirtschaft (Forts.) Auf einer Seite lesenDie Zahl der Arbeitslosen ist seit Mitte des Jahres 2022 um über 450 000 Personen (20 %) gestiegen, und die Arbeitslosenquote hat von 5,4 % auf 6,3 % zugenommen. Der Abbau von Arbeitsplätzen findet vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, dem Baugewerbe und den Unternehmensdienstleistern statt, während die Beschäftigung im Bereich öffentliche Dienstleister, Erziehung und Gesundheit weiter zulegt. In den kommenden Monaten dürfte die Arbeitslosigkeit weiter steigen. Erst im Zuge der Belebung der wirtschaftlichen Aktivität im Verlauf des kommenden Jahres ist mit einer sinkenden Arbeitslosigkeit zu rechnen.
Der Anstieg der Verbraucherpreise wird sich im Prognosezeitraum nur leicht abschwächen. Zwar dürften sowohl die Zollpolitik als auch die geplanten höheren Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur für sich genommen den gesamtwirtschaftlichen Preisauftrieb verstärken. Die Effekte im Prognosezeitraum werden aber wohl überschaubar sein. Die steigende öffentliche Nachfrage dürfte jedoch in den Wirtschaftszweigen mit hoher Kapazitätsauslastung zu deutlichen Preissteigerungen führen. Aufgrund der Verzögerungen bei der Planung werden diese Effekte aber erst ab dem kommenden Jahr an Bedeutung gewinnen. In der kurzen Frist überwiegt ein nachlassender Preisauftrieb bei Dienstleistungen, der mit einer schwächeren Lohndynamik einhergeht.
Erhebliche Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gehen von der Handelspolitik der USA aus. Die zum 2. April seitens der USA angekündigten allgemeinen Zollerhöhungen deuten eher in die Richtung einer weiteren Eskalation. Die negativen Effekte in beiden Wirtschaftsräumen wären dann deutlich stärker als in dieser Prognose unterstellt. Allerdings könnten Verhandlungen zwischen der EU und den USA den transatlantischen Konflikt auch entschärfen, bis hin zu einem vollständigen Verzicht auf bilaterale Zölle. Zudem ist die Schätzung der gesamtwirtschaftlichen Effekte der durch die Grundgesetzänderung möglichen höheren Ausgaben für Verteidigung und Investitionen mit großen Unsicherheiten behaftet, da sie von einer Reihe von Faktoren abhängen, deren Ausprägung derzeit noch nicht bekannt ist. Je nach tatsächlicher Ausgestaltung der Maßnahmen können die gesamtwirtschaftlichen Effekte daher deutlich stärker, aber auch deutlich schwächer sein als in dieser Prognose unterstellt. Ferner steht ein Bundeshaushalt für dieses Jahr noch aus. Mit seiner Verabschiedung würde zwar die vorläufige Haushaltsführung überwunden, was für sich genommen kurzfristig expansiv wirkte, konkrete Maßnahmen sind derzeit jedoch noch nicht absehbar und bleiben daher in dieser Prognose unberücksichtigt.
Die Wirtschaftspolitik kann durch die erweiterten Verschuldungsspielräume zwar die äußere Sicherheit und die Infrastruktur stärken, sie lösen aber nicht die strukturelle Wachstumsschwäche in Deutschland. Weil damit zusätzliche staatliche Nachfrage ermöglicht wird, werden angebotsseitige Reformen zur Stärkung des Produktionspotenzials umso dringlicher. Hierzu zählen Maßnahmen, die die sozialen Sicherungssysteme demografiefest machen sowie Fehlanreize und Kostendynamik eindämmen. Angesichts der demografischen Alterung sind generelle Anreize für ein höheres Arbeitsangebot wichtig. Sie sollten auf eine höhere Erwerbsbeteiligung, auf eine längere Lebensarbeitszeit, auf qualifizierte Zuwanderung und auf eine höhere Attraktivität von Vollzeitbeschäftigung gerichtet sein. Zu einer Reform gehört auch eine grundlegende Überarbeitung des Abgaben-Transfer-Systems, um Arbeitsanreize im unteren Einkommensbereich zu stärken. Eine standortstärkende Energiepolitik sollte die Kosten der Energiewende insgesamt senken. Hierzu gehört auch, im Bereich der Dekarbonisierungspolitik vornehmlich auf das Instrument des CO2-Preises zu setzen. Schließlich ist eine durchgreifende Entbürokratisierung dringend geboten. Diese gelingt umso einfacher, je stärker die Wirtschaftspolitik auf Marktmechanismen setzt.