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Deutsche Industrie vorerst weiter im Abschwung
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In Deutschland hat die Produktion im ersten Quartal 2019 mit 0,4% recht kräftig zugenommen. Besonders stark (um 1,2%) haben die privaten Haushalte ihre Nachfrage ausgeweitet. Die Bauinvestitionen nahmen, auch begünstigt durch milde Witterung, gar um 1,9% zu, und auch die Exporte expandierten deutlich (1%). Allerdings deutet der Rückgang der Industrieproduktion im April darauf hin, dass die Grundtendenz der Konjunktur weiterhin schwach ist. Die Belebung vom Jahresanfang ging vor allem auf temporäre Faktoren zurück: Im zweiten Halbjahr 2018 hatte die Produktion lediglich stagniert, auch weil Niedrigwasser Gütertransporte auf dem Rhein und damit insbesondere die westdeutsche Chemieindustrie hemmte. Zudem war die Automobilindustrie wegen fehlender Zertifizierungen nach dem neuen Emissionsstandard WLTP zur Produktion auf Lager und auch zu Produktionseinschränkungen gezwungen. Dass viele Kraftfahrzeugmodelle zu Beginn des Jahres wieder lieferbar waren, erklärt zum Teil den kräftigen Anstieg der privaten Konsumausgaben. Allerdings liegt die Produktion sowohl im Kraftfahrzeugbau als auch in der Chemieindustrie jeweils weiter deutlich unter ihrem in der ersten Jahreshälfte 2018 erreichten Niveau. Eine Wende ist für die nächste Zeit nicht in Sicht: Die Auftragseingänge für das Verarbeitende Gewerbe sind im Trend (trotz eines leichten Anstiegs im Mai) rückläufig, zuletzt auch aus dem Inland. Von der Schwäche des Welthandels ist die international stark verflochtene deutsche Industrie eben besonders betroffen. Das sehen auch die Unternehmen so: Seit Sommer 2018 sinkt der ifo Geschäftsklimaindex. Er ist mittlerweile deutlich niedriger als im Mittel seit dem Jahr 2005.  Der IWH-Flash-Indikator, der die Information aus einer Fülle von Einzelindikatoren für die nahe Zukunft aggregiert, deutet auf wenig mehr als Stagnation im Sommerhalbjahr 2019 hin (vgl. Abbildung 3).

Was die deutsche Konjunktur in diesem und wohl auch im nächsten Jahr stützen wird, ist die nach wie vor robuste Binnennachfrage. Vor allem bleibt der Zuwachs des privaten Konsums kräftig, denn die Einkommensentwicklung ist weiter positiv. So haben die Effektivlöhne je Arbeitnehmer im ersten Quartal 2019 nach einer Verschnaufpause am Ende des Jahres 2018 wieder kräftig um 0,9% zugelegt, und die Beschäftigung expandiert weiter deutlich, im ersten Quartal um 0,3%. Der vor allem für sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen kräftige Beschäftigungsaufbau hat sogar im absatzschwachen Verarbeitenden Gewerbe angehalten. Hier ist die Arbeitsproduktivität deutlich rückläufig, ebenso wie im Grundstücks- und Wohnungswesen sowie im Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung und Gesundheit. Aber auch gesamtwirtschaftlich ist sie nun schon drei Quartale über gesunken. Dies hat zusammen mit den deutlichen Lohnsteigerungen dazu geführt, dass die Lohnstückkosten im ersten Quartal 2019 um knapp 4% höher liegen als ein Jahr zuvor.

Die Lohnquote dürfte dieses Jahr auf 70% steigen und damit etwa so hoch sein wie zuletzt um das Jahr 2000 (vgl. Abbildung 4). Der starke Anstieg der Lohnstückkosten dämpft die Arbeitsnachfrage. Darauf deuten auch Frühindikatoren für den Arbeitsmarkt hin: Zwar stagniert der Bestand an offenen Stellen noch auf hohem Niveau, das ifo Beschäftigungsbarometer geht aber seit vergangenem Herbst recht deutlich zurück. Im Mai ist auch die saisonbereinigte Arbeitslosenquote seit langer Zeit wieder etwas (von 4,9 auf 5%) gestiegen, was allerdings zum Teil auch auf veränderte Erfassungsmethoden zurückzuführen ist.

Unvermindert dürfte der Stellenaufbau im öffentlichen Sektor anhalten. Überhaupt ist die Finanzpolitik in diesem Jahr deutlich expansiv ausgerichtet. Die Impulse aus sozialpolitischen und investiven Maßnahmen addieren sich zu etwa 25 Mrd. Euro oder 0,7% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt.

Die Geldpolitik trägt dazu bei, dass die Finanzierungskonditionen für Unternehmen und Haushalte weiter sehr günstig bleiben. Die niedrigen Zinsen heizen vor allem die Bauinvestitionen an, denn diese sind wegen ihrer langen Amortisationsdauer besonders zinsreagibel. Der Bauboom schlägt sich in hohen Expansionsraten sowohl des Volumens als auch der Preise nieder: Im ersten Quartal 2019 lagen die Bauinvestitionen preisbereinigt um 4,7% und nominal um über 10% höher als ein Jahr zuvor. Deutlich geringer ist die Dynamik bei den Ausrüstungsinvestitionen.  Die zuletzt gesunkenen Umsätze und Auftragseingänge für Investitionsgüter aus dem Inland deuten auf eine nur moderate Expansion im Jahr 2019 hin. Die Importe dürften in etwa so kräftig wie im langjährigen Durchschnitt expandieren.

Weil die Exporte aufgrund des schwierigen handelspolitischen Umfelds nur sehr schwach expandieren dürften, ist für das Jahr 2019 mit einem deutlichen Rückgang des Außenbeitrags von 6,8% im Jahr 2018 auf 6,3% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt zu rechnen. Alles in allem steigt nach vorliegender Prognose das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Jahr 2019 um 0,5% (vgl. Tabelle 1).

Im Jahr 2020 dürfte der Zuwachs bei 1,8% liegen. Bereinigt um die Mehrzahl an Arbeitstagen, die kalenderbedingt 2020 anfallen, ergibt sich eine Rate von 1,5%. Für das Jahr 2019 reicht das 68%-Prognoseintervall für den Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von –0,1% bis 1,2%, für das Jahr 2020 von 0,2% bis 2,5%. (vgl. Abbildung 5). Der Auslastungsgrad der deutschen Wirtschaft nimmt deutlich ab; die Produktionslücke dürfte im Jahr 2019 leicht negativ sein. Die Preisdynamik ist weiterhin moderat und wird stark vom volatilen Ölpreis bestimmt.

Der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo wird sich, ausgehend von einem Haushaltsüberschuss von gut 57 Mrd. Euro im Jahr 2018, im laufenden Jahr auf 45 Mrd. Euro bzw. 1,3% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt verringern. Ausschlaggebend hierfür ist insbesondere die expansiv ausgerichtete Finanzpolitik, in deren Folge die Ausgaben insbesondere für sozialpolitische und investive Maßnahmen deutlich ausgeweitet werden. Die konjunkturelle Abkühlung dämpft zwar die Einnahmen aus gewinnabhängigen Steuern; aufgrund der robusten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt legen aber die Einnahmen aus der Lohn- und der Umsatzsteuer ebenso wie die Sozialbeiträge weiterhin dynamisch zu. Im Jahr 2020 wird sich der gesamtstaatliche Haushaltsüberschuss nochmals verringern, allerdings weniger als im laufenden Jahr. Zwar werden die öffentlichen Ausgaben infolge diverser finanzpolitischer Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag unverändert kräftig expandieren, aber auch die Einnahmen des Staates dürften im Jahr 2020 mit der wieder anziehenden Konjunktur etwas beschleunigt zulegen. Alles in allem beläuft sich der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo in Relation zum Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr auf 1,1%.

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