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Die Rolle von KulturSeite 2
VW-Neuzulassungen gehen in protestantischen Kreisen signifikant zurückSeite 3
Endnoten Auf einer Seite lesenVW-Neuzulassungen gehen in protestantischen Kreisen signifikant zurück
Das Hauptergebnis der Studie zeigt, dass VW-Neuzulassungen in Kreisen mit einer protestantischen Mehrheit als Folge des VW-Skandals statistisch signifikant um circa 0,8 Prozentpunkte stärker zurückgehen als in Kreisen ohne protestantische Mehrheit. Da der Anteil von VW an allen Neuzulassungen in Deutschland vor 2015 bei 38% lag, bedeutet dies einen relativen Rückgang des Anteils von VW am deutschen Markt um 2,1% (=0,8/38*100), welcher auf die Reaktion der protestantischen Bevölkerung auf den VW-Skandal zurückzuführen ist. Nimmt man die Anzahl an VW-Neuzulassungen, kommt man auf einen relativen Rückgang von 1%. Rechnet man das in die Anzahl an Fahrzeugen um, ergibt sich pro Kreis im Schnitt ein Rückgang um 2,5 Fahrzeuge. Bezogen auf die circa 400 Kreise und kreisfreien Städte wurden in den zweieinhalb Jahren nach Bekanntwerden des Skandals circa 1 000 VW-Fahrzeuge – durch die protestantische Reaktion – weniger zugelassen. Geht man sehr konservativ von einem durchschnittlichen Preis von 35 000 Euro für VW-Fahrzeuge und die dazugehörigen anderen Marken wie Audi aus,7 bedeutet das einen Umsatzverlust von circa 35 Mio. Euro.
Um den Einfluss der protestantischen Prägung noch mehr zu verdeutlichen, unternehmen die Autoren einen weiteren Test. Sie messen den Einfluss der Dauer der Prägung auf den jeweiligen Kreis unter Verwendung der Verteilung von protestantischen Mehrheiten aus dem Jahr 1624. In ihren Analysen können sie unter Berücksichtigung dieser Information zeigen, dass der relative Rückgang von VW-Neuzulassungen vor allem in den protestantischen Kreisen nachzuweisen ist, die schon im Jahr 1624 protestantisch waren. Der gleiche Effekt findet sich auch in einem alternativen Test, in dem der Einfluss der räumlichen Nähe deutscher Kreise zu wichtigen protestantischen Kirchen (wie dem Ulmer Münster oder dem Halleschen Dom) untersucht wird. Auch hier zeigt sich: Liegt der protestantisch geprägte Kreis in der Nähe eines wichtigen protestantischen Bauwerks, fällt die Reaktion in diesen Kreisen im Hinblick auf VW-Neuzulassungen stärker negativ aus.
Fazit: Gesellschaftliche Korrektive durch religiöse Prägungen
Aktuelle Beiträge, wie zum Beispiel solche des ehemaligen Chefökonomen des Internationalen Währungsfonds Raghuram Rajan,8 werfen die Frage auf, ob der Verlust gesellschaftlicher Bindungen negative Konsequenzen für Ökonomien und Gesellschaften haben kann. Religiöse Prägungen sind ein Faktor, der als Bindeglied in Gesellschaften fungieren und gewisse Normen für das Zusammenleben vorgeben kann. Vor diesem Hintergrund legen die Ergebnisse der hier beschriebenen Studie nahe, gesellschaftliche Merkmalewie eine starke Normenkontrolle und Durchsetzungswillen (die typischerweise protestantischen Religionsanhängern zugeschrieben werden) zu stärken, um ein gesellschaftliches Korrektiv für Verfehlungen von ökonomischen Markteilnehmenden aufzubauen.