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Seite 1
Internationale KonjunkturSeite 2
Konjunktur in DeutschlandSeite 3
Arbeitsmarkt, Staatshaushalt, Prognoserisiken Auf einer Seite lesenDie Corona-Krise hat spürbare Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Infolge des Einbruchs der gesamtwirtschaftlichen Aktivität fällt das Arbeitsvolumen kurzfristig beträchtlich. Dabei dürfte die Erwerbstätigkeit in diesem Jahr um 282000 Personen zurückgehen und die Zahl der Arbeitslosen um 236000 steigen. Die Arbeitslosenquote wird auf 5,5% der Erwerbspersonen zunehmen. Ihren Höchststand dürfte die Arbeitslosigkeit mit rund 2,7 Millionen Personen bzw. einer Quote von 5,9% im dritten Quartal 2020 erreichen. Der größte Teil der Anpassung wird jedoch über einen kräftigen Rückgang der Arbeitsstunden je Erwerbstätigen erfolgen. Hier schlagen sich auch die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung nieder, mit denen insbesondere die Zugangsvoraussetzungen zum Kurzarbeitergeld deutlich gelockert wurden. Somit dürfte die Zahl der Kurzarbeiter von schätzungsweise 110000 Personen Anfang des Jahres auf etwa 2,4 Millionen im Durchschnitt des zweiten Quartals hochschnellen. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte werden im laufenden Jahr erstmals seit der Großen Rezession sinken. Sowohl die Lohnsumme als auch die Einkommen aus selbständiger Arbeit und Vermögen werden zurückgehen. Dem wirkt der beschleunigte Anstieg der monetären Sozialleistungen infolge steigender Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit entgegen. Gestützt wird die Kaufkraft der privaten Haushalte im laufenden Jahr durch den geringeren Preisauftrieb, der vor allem aus dem Absturz der Rohölpreise resultiert. Die Verbraucherpreise werden in diesem Jahr nur um 0,6% steigen.
Die Corona-Krise hinterlässt auch deutliche Spuren im Staatshaushalt. Die öffentlichen Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen werden sich im laufenden Jahr aufgrund des konjunkturellen Einbruchs und der von Bund und Ländern verabschiedeten steuerlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Folgen des Shutdown deutlich verringern. Auch die Entwicklung der Ausgaben des Staates wird in diesem Jahr maßgeblich durch die finanzpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen im Zuge der Corona-Krise beeinflusst. Darin schlagen sich unter anderem die Ausweitungen des Kurzarbeitergeldes, Zuschüsse an Unternehmen und Beschaffungen im Gesundheitswesen nieder. Die hohen Mehrausgaben und Mindereinnahmen führen in diesem Jahr zu einem Rekorddefizit im gesamtstaatlichen Haushalt von 159 Mrd. Euro. Im nächsten Jahr dürfte der Staatshaushalt dann wieder in etwa ausgeglichen sein. Der Bruttoschuldenstand des Staates in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt wird unter Berücksichtigung des hohen finanziellen Defizits und der damit verbundenen Neuverschuldung, sowie der zusätzlichen Kredite und Beteiligungen von 250 Mrd. Euro in diesem Jahr auf etwa 70% steigen. Im nächsten Jahr dürfte er dann – vor allem aufgrund des wieder höheren nominalen Bruttoinlandsprodukts – auf rund 64% sinken.
Insgesamt bewirkt die Corona-Pandemie somit eine schwerwiegende Rezession in Deutschland. Die Beeinträchtigungen durch die Pandemie selbst dürften jedoch nach ein bis zwei Jahren überwunden sein. Deutschland bringt gute Voraussetzungen mit, den wirtschaftlichen Einbruch zu verkraften und mittelfristig wieder das wirtschaftliche Niveau, das sich ohne die Krise ergeben hätte, zu erreichen. Die günstige fiskalische Ausgangssituation ermöglicht es dem Staat, weitgehende Maßnahmen zur Abfederung der kurzfristigen negativen Folgen für Unternehmen und private Haushalte zu ergreifen. Dennoch bleiben gesamtwirtschaftliche Einbußen, die mit individuell sehr unterschiedlichen Lasten verbunden sind und über deren finale Verteilung noch zu entscheiden sein wird.
Mit dieser Prognose sind erhebliche Abwärtsrisiken verbunden. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich die Krise länger hinzieht, etwa, weil sich die Pandemie deutlich langsamer abschwächen lässt, oder weil das Wiederhochfahren der wirtschaftlichen Aktivität schlechter funktioniert als im Basisszenario bzw. eine erneute Ansteckungswelle auslöst. Auch können weitere Maßnahmen zur Infektionsbekämpfung in Kraft treten, die die Produktion länger oder in größerem Umfang als hier angenommen stilllegen. Solche Produktionsstillstände ziehen kurzfristig erhebliche gesamtwirtschaftliche Effekte nach sich. Diese dürften mit zunehmender Dauer überproportional steigen. Ein solches Szenario verstärkt den Konjunktureinbruch, verlängert die Rezession und verlangsamt die Erholung. Auch werden dann Verwerfungen im Finanzsystem als Folge vermehrter Unternehmensinsolvenzen wahrscheinlicher, die durch staatliche Schutzschilde nicht verhindert werden können.
Schließlich durchlaufen auch die anderen Länder des Euroraums tiefe Rezessionen, die die Staatsfinanzen unter Druck setzen. Angesichts der zum Teil bereits erheblichen Staatsschuldenstände dürften mit der Dauer und Tiefe des Einbruchs in einigen Fällen Zweifel an der Schuldentragfähigkeit steigen. Sollte es zu einer zweiten Welle von Staatsschuldenkrisen im Euroraum kommen, würde dies die Absatzaussichten deutscher Exporteure und die Finanzstabilität im Euroraum insgesamt zusätzlich belasten. Wenn es in anderen Staaten zu Insolvenzwellen kommt, dürfte dies die Produktionsstrukturen erheblich beschädigen. Eine damit verbundene Neuausrichtung globaler Wertschöpfungs- ketten und Absatzmärkte wäre für das deutsche Verarbeitende Gewerbe mit deutlich höheren Kosten verbunden als hier unterstellt.
Zu den wenigen Aufwärtsrisiken, die zu einer besseren als der hier prognostizierten konjunkturellen Entwicklung führen würden, zählt insbesondere ein günstigerer Verlauf der Epidemie. So könnte nach dem Shutdown die Anzahl der Neuinfektionen schneller und stärker sinken, etwa, weil schnelle Fortschritte bei der Entwicklung eines Impfstoffes erzielt werden können bzw. sich im Zeitablauf die Immunität der Bevölkerung generell als höher erweist oder sich der saisonale Einfluss auf die Ausbreitung des Virus als größer herausstellt. Zudem könnte vor diesem Hintergrund die konjunkturelle Erholung nicht nur in Deutschland, sondern auch der deutschen Handelspartner, zügiger vonstattengehen.