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Zur Wirtschaftskraft deutscher Regionen aus langfristiger Perspektive: Alte Muster werden in Ostdeutschland langsam wieder sichtbar

Kann der Osten Deutschlands in Zukunft noch wesentlich aufholen, oder haben die 40 Jahre Zentralplanwirtschaft dauerhafte Spuren in der Raumstruktur der deutschen Volkswirtschaft hinterlassen? Dieser Beitrag vergleicht die Raumstruktur der deutschen Volkswirtschaft im Jahr 1925, vor den politischen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts, mit ihrer Entwicklung nach der Vereinigung. Es zeigen sich folgende Punkte: Gewinner der historischen Umbrüche war eher Süd- als Westdeutschland. Berlin konnte sein Hauptstadt-Potenzial lange nicht ausspielen, beginnt dies aber nun nachzuholen. Die Wirtschaftskraft ostdeutscher Flächenländer war 1925 breit gestreut und dabei teils höher, teils niedriger als die Deutschlands. Seit 1990 ist sie dagegen viel niedriger als im gesamtdeutschen Durchschnitt und liegt eng beieinander. Zwar holten die ostdeutschen Flächenländer in den Jahren nach 1990 zügig auf, nach dem Jahr 2000 aber nur noch langsam. Die Streuung nimmt erst seit 2010 wieder ein wenig zu. Aus historischer Perspektive sehen manche Tendenzen, etwa der Berlin-Boom und die höhere Wachstumsdynamik in Sachsen, wie eine Normalisierung aus, die sich mit einiger Wahrscheinlichkeit fortsetzen dürfte.

18. Dezember 2019

Autoren Axel Lindner

Inhalt
Seite 1
Neue historische Daten zur Wirtschaftsentwicklung
Seite 2
Der Süden ist Gewinner. Die regionalen Unterschiede im Osten wurden nivelliert. Die Hauptstadt ist noch schwach.
Seite 3
Alte regionale Muster treten wieder stärker in Erscheinung
Seite 4
Endnoten Auf einer Seite lesen

Der Fall der Berliner Mauer jährte sich dieses Jahr zum 30. Mal. Das Jubiläum hat die Diskussion um die Kluft bei der Wirtschaftskraft und beim Lebensstandard zwischen Ost- und Westdeutschland neu belebt. Vor allem geht es darum, ob der Osten in Zukunft noch wesentlich aufholen kann, oder ob die 40 Jahre Zentralplanwirtschaft dauerhafte Spuren in der Raumstruktur der deutschen Volkswirtschaft hinterlassen haben. Um Antworten auf solche Fragen zu finden, ist es wichtig, sich erst einmal Klarheit darüber zu verschaffen, wie die Raumstruktur der deutschen Volkswirtschaft überhaupt aussah, als sie noch nicht von den politischen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts deformiert war, und wie sich die Raumstruktur nach der Vereinigung relativ zu ihrem einstigen Zustand entwickelt hat. Dies soll im vorliegenden Beitrag auf Basis jüngst aus historischen Quellen gewonnener Daten gezeigt werden.

Neue historische Daten zur Wirtschaftsentwicklung

Eine Gruppe europäischer Wirtschaftshistoriker hat kürzlich für alle westeuropäischen Regionen (einschließlich Deutschlands, aber ohne die ehemaligen deutschen Ostgebiete) Schätzungen des kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukts veröffentlicht, die bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurückreichen.1 Erstmals können damit Veränderungen in der Regionalstruktur der europäischen Volkswirtschaft seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts und bis in die Gegenwart verfolgt werden. Raumeinheiten sind dabei die von der amtlichen Statistik der Europäischen Union definierten NUTS-2-Regionen. Im Folgenden werden einige Ergebnisse für Deutschland auf Bundesländerebene aggregiert dargestellt.2 Dabei wird das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner als Maß für die Produktivität oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Regionen herangezogen.3

Als Ausgangspunkt der Darstellung wird das Jahr 1925 gewählt. In den Jahrzehnten davor war die Raumstruktur in Deutschland recht stabil,4 mit Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg kommt es dann zu Umbrüchen, die in der deutschen Teilung bis 1990 ihre Fortsetzung finden. Die von Wolf und Rosés erhobenen Daten für das ostdeutsche Bruttoinlandsprodukt zwischen 1950 und 1980 sind allerdings problematisch, denn sie gehen letztlich auf Schätzungen zurück, die auf amtlichen Angaben der DDR aufbauen, und Marktpreise zur Bewertung von Produktion der amtlichen DDR-Statistik fehlten.5 Die Daten aus dem Jahr 1925 sind hingegen für alle Regionen von ähnlicher und vergleichsweise guter Qualität.

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Der Süden ist Gewinner. Die regionalen Unterschiede im Osten wurden nivelliert. Die Hauptstadt ist noch schwach.

Außerdem in diesem Heft

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Kommentar: Freihandel, Protektionismus und das stabile Genie

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2019

Abstract

Protektionismus ist schlecht, aber vielleicht nicht ganz so schlecht, wie ihn viele Leute machen. Zölle sind kurzfristig nichts anderes als Umverteilung: von vielen Konsumenten zu einigen wenigen inländischen Produzenten und deren Mitarbeitern. Denken Sie zum Beispiel an Zölle auf Stahl: Die Konsumenten leiden, weil Autos, Maschinen und alles, wofür es sonst noch Stahl braucht, teurer wird. Allerdings profitieren die im Vergleich zu den ausländischen Wettbewerbern ineffizienteren inländischen Stahlhersteller.

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Aktuelle Trends: Fachkräftemangel hat in den letzten zehn Jahren in Ost und West stark zugenommen

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in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2019

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Ostdeutscher Produktivitätsrückstand und Betriebsgröße

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in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2019

Abstract

Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall ist die Produktivität der ostdeutschen Wirtschaft um 20% geringer als die der westdeutschen. Vielfach wird dies dadurch erklärt, dass westdeutsche Betriebe größer sind – denn größere Betriebe sind meist produktiver. Berechnungen auf Basis einzelbetrieblicher Daten bringen jedoch zum Vorschein, dass die Produktivitätslücke sich selbst dann nicht schließt, wenn Betriebe ähnlicher Größe verglichen werden, die zudem noch der gleichen Branche angehören und Ähnlichkeiten in weiteren für die Produktivität relevanten Merkmalen wie der Kapitalintensität, der Exporttätigkeit und dem Anteil qualifizierten Personals aufweisen.

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