Die Phasen der weltweiten Finanzkrise: Gibt es eine „wandernde“ spekulative Blase?
Lucjan T. Orlowski
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 9,
2008
Abstract
Dieser Beitrag begründet, warum die Schwere der gegenwärtigen globalen Finanzkrise von der ständigen Verlegung internationaler Liquidität auf verschiedene Anlagemärkte beeinflusst wird. Dieser Prozess kann als „wandernde“ spekulative Vermögensblase bezeichnet werden. Nachdem sie durch den Niedergang des amerikanischen Subprime-Hypothekenmarkts und der hypothekengedeckten Wertpapiere ausgelöst worden war, hat sie sich auf andere Kreditfelder, auf strukturierte Finanzprodukte und globale Finanzinstitutionen ausgebreitet. Die Reaktionen der Wirtschaftspolitik, insbesondere der Geldpolitik, sind bisher nicht angemessen ausgefallen, da sie sich auf eine unsystematische Re-Kapitalisierung der betroffenen und auch verantwortlichen Investitionsbanken konzentrierten. Stattdessen sollte die Geldpolitik darauf abzielen, die weltweite Überschussliquidität in produktive Investitionen zu lenken. Eine sinnvolle Maßnahme wäre die Einführung eines Inflationsziels im Rahmen einer vorwärts-blickenden geldpolitischen Strategie durch die amerikanische Federal Reserve Bank (Fed) und andere Zentralbanken. Damit könnten die inflationären Effekte der gegenwärtigen Liquiditätsinjektionen und der steigenden Preise für Warenfutures reduziert werden. Entscheidend ist auch, dass sich die Inflationsbekämpfung nicht an der Kerninflationsrate, sondern an der tatsächlichen Inflationsrate orientiert, da insbesondere die Preissteigerungen auf den Futuremärkten demnächst in die Kerninflationsrate durchschlagen werden.
Artikel Lesen
Monetary Policy and Financial (In)stability: An Integrated Micro–Macro Approach
Ferre De Graeve, Thomas Kick, Michael Koetter
Journal of Financial Stability,
Nr. 3,
2008
Abstract
Evidence on central banks’ twin objective, monetary and financial stability, is scarce. We suggest an integrated micro–macro approach with two core virtues. First, we measure financial stability directly at the bank level as the probability of distress. Second, we integrate a microeconomic hazard model for bank distress and a standard macroeconomic model. The advantage of this approach is to incorporate micro information, to allow for non-linearities and to permit general feedback effects between financial distress and the real economy. We base the analysis on German bank and macro data between 1995 and 2004. Our results confirm the existence of a trade-off between monetary and financial stability. An unexpected tightening of monetary policy increases the probability of distress. This effect disappears when neglecting microeffects and non-linearities, underlining their importance. Distress responses are largest for small cooperative banks, weak distress events, and at times when capitalization is low. An important policy implication is that the separation of financial supervision and monetary policy requires close collaboration among members in the European System of Central Banks and national bank supervisors.
Artikel Lesen
Umsetzung des Hartz IV-Urteils zu weitergehenden Reformen nutzen
Joachim Wilde
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 8,
2008
Abstract
Ein wesentliches Ziel der Hartz IV-Reform bestand in der Gewährleistung der Betreuung der Empfänger von Arbeitslosengeld II „aus einer Hand“. Hierzu sah das Gesetz die Bildung von Arbeitsgemeischaften zwischen Arbeitsagenturen und Kommunen vor. Im Dezember 2007 urteilte jedoch das Bundesverfassungsgericht, dass der entsprechende Paragraph nicht verfassungskonform ist. Es ist deshalb eine Neuregelung erforderlich, um zu einer mit der Verfassung übereinstimmenden Zusammenarbeit zu kommen.
Erste Skizzen für eine Reform der Behördenstruktur wurden vorgelegt und werden in diesem Artikel ausgewertet. Dabei zeigt sich jedoch, dass sich diese Vorschläge darauf beschränken, die entstandenen juristischen Probleme zu lösen. Inzwischen zeichnet sich sogar ab, dass bei der Behördenstruktur alles beim Alten bleiben und stattdessen die Verfassung geändert werden soll. Weitergehende Reformansätze werden nicht verfolgt, obwohl die Empfängerzahlen nach wie vor hoch sind und die gesellschaftliche Akzeptanz nur begrenzt gegeben ist.
Im Artikel wird deshalb ein anreizethisches Konzept vorgestellt, bei dem durch die Zuweisung moralischer Güter wie „Fairness“ und „offene Zuwendung zum Gegenüber“ an die ALG II-Empfänger Anreize zur Überwindung der Abhängigkeit von den Transfers geschaffen werden. Wesentlich ist dabei eine verlässliche Zuweisung dieser Güter ohne strategische Abwägung im Einzelfall. Ein erster empirischer Befund deutet die praktische Relevanz des Konzepts an. Es sollten daher Modellversuche durchgeführt werden, die eine systematische Evaluierung erlauben. Als positiver Nebeneffekt des neuen Konzepts ist eine Erhöhung der Akzeptanz des Systems zu erwarten.
Artikel Lesen
Elterngeld – Neuer Risikofaktor für Unternehmen
Nicole Nulsch, Henry Dannenberg
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 7,
2008
Abstract
Mit dem zum 1. Januar 2007 neu eingeführten Elterngeld verfolgt der Gesetzgeber unter anderem das Ziel, mehr Väter für eine Elternzeit zu begeistern. Bislang wurden die Auswirkungen des Elterngelds insbesondere aus familienpolitischer Perspektive betrachtet. Ziel dieses Beitrags ist es jedoch, die unternehmenspolitischen Folgen des Elterngelds zu untersuchen.
Die Entwicklung der Elterngeldanträge im Jahr 2007 deutet darauf hin, dass zunehmend mehr Väter von der Elternzeit Gebrauch machen. Dabei handelt es sich in mehr als der Hälfte der Fälle um berufstätige Väter. Konnten Unternehmen in der Vergangenheit das Risiko, dass eine wichtige Position im Unternehmen für einen längeren Zeitraum aufgrund der Geburt eines Kindes unbesetzt ist, verhältnismäßig einfach dadurch senken, indem ein Mann beschäftigt wurde, wird diese Strategie in Zukunft an Bedeutung verlieren. Es ist zu erwarten, dass dieses veränderte Risikoumfeld einerseits die Karrierechancen der Frauen verbessern und zu einer Verringerung der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern beitragen kann. Es ist jedoch auch zu erwarten, dass sich die Risikosituation der Unternehmen insgesamt verschlechtert und bei gegebener Risikotragfähigkeit bisher tragbare Risiken zukünftig nicht mehr eingegangen werden können, was sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken könnte.
Artikel Lesen
Konjunktur im Sommer 2008: Preisschub und Finanzmarktkrise bremsen Aufschwung weltweit
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 7,
2008
Abstract
Im Sommer 2008 werden die Aussichten für die Weltwirtschaft von den Turbulenzen an den Rohstoff- und Finanzbörsen eingetrübt: Die Rohölpreise haben seit März 2008 noch einmal beschleunigt zugelegt. Zugleich sind die Kapitalmarktzinsen in den USA und in Europa deutlich gestiegen, denn der weltweite Anstieg der Preise für Energie, aber auch für Industrierohstoffe und Lebensmittel hat die Inflationserwartungen steigen lassen. Als Reaktion auf den Anstieg der Inflationserwartungen zeichnet sich in einigen entwickelten Volkswirtschaften wie im Euroraum eine vorsichtige Straffung der Geldpolitik ab. Dabei ist die Krise des Finanzsektors in den USA und in Westeuropa noch nicht ausgestanden. Nach wie vor muss dort mit fortgesetzten Konsolidierungsmaßnahmen gerechnet werden. Auch deshalb verlangsamt sich die Expansion von Produktion und Nachfrage in den entwickelten Ländern im Sommer 2008. Andererseits stehen die Chancen gut, dass der konjunkturelle Tiefpunkt in den USA auch aufgrund des dortigen massiven finanzpolitischen Impulses bald durchschritten wird. Zudem wird die Weltwirtschaft durch die nach wie vor hohe Wachstumsdynamik in vielen Schwellenländern gestützt. Allerdings ist erst für das zweite Halbjahr 2009 damit zu rechnen, dass die entwickelten Volkswirtschaften wieder so schnell expandieren wie im langfristigen Trend. Überhitzungstendenzen sind in vielen Schwellenländern ein erheblicher Risikofaktor für die Weltwirtschaft als Ganzes, weil sie vielerorts wirtschaftspolitisch noch verschärft werden.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Sommer 2008 in einer konjunkturellen Delle. Die Impulse aus dem Ausland lassen nach, und die Unternehmen warten nach dem Investitionsschub in den vergangenen beiden Jahren mit der Aufstockung ihrer Investitionsbudgets ab, bis die Ölpreis-Hausse abebbt und sich die Aussichten auf expandierende Märkte und Gewinne wieder aufhellen. Auch ist die Schwachstelle im Übertragungsmechanismus der konjunkturellen Impulse nicht überwunden: Der private Konsum kommt nicht in Fahrt, und das trotz hoher Beschäftigungszuwächse und inzwischen auch anziehender Löhne. Eine neue Hürde verhindert das für die Spätphase des Aufschwungs typische Aufschließen der Konsumnachfrage der privaten Haushalte in den Kreis der Konjunkturtreiber: der Preisschub für Verbrauchsgüter, insbesondere für Kraftstoffe, Energie und Nahrungsmittel. In der Folge steigen die Realeinkommen kaum, da die Verdienst- und anderen Einkommenszuwächse durch diese Teuerungswelle größtenteils kompensiert werden.
Für ein erneutes Anziehen der Konjunktur in Deutschland im späteren Verlauf dieses Jahres und im kommenden Jahr sprechen vor allem die weiterhin kräftige Ausweitung der Absatzmärkte für deutsche Produkte in den Schwellenländern, die langsame Überwindung der Schwächephase der US-Wirtschaft sowie die Erhaltung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft trotz deutlich gestiegener Lohnabschlüsse. Eine Wiederbelebung der inländischen Auftriebskräfte wird allerdings wesentlich davon abhängen, ob es der Europäischen Zentralbank gelingt, die Inflation im Euroraum zu bannen. Die Lohnabschlüsse in Deutschland deuten bislang nicht auf das In-gangsetzen einer Preis-Lohn-Spirale hin.
Artikel Lesen
Im Fokus: Warum bleiben die langfristigen Inflationsprognosen im Euroraum so niedrig?
Axel Lindner
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2008
Abstract
Inflation ist mit den Preisrekorden für Energie und Nahrungsmittel wieder zu einem der großen wirtschaftspolitischen Probleme geworden – weltweit und auch im Euroraum. Dort liegt die Teuerung der Verbraucherpreise seit November vergangenen Jahres bei über 3% und damit so hoch wie noch nie seit Bestehen der Gemeinschaftswährung. Das EZB-Ziel der Preisniveaustabilität, das die Notenbank als Teuerungsraten von „unterhalb, aber nahe bei 2%“ identifiziert, ist für die nächste Zeit außer Reichweite. In einer solchen Situation steht die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik auf dem Spiel, und entsprechend hat der EZB-Rat jüngst energisch seine Entschlossenheit bekundet, notfalls trotz Liquiditätskrise und Konjunktursorgen die Leitzinsen zu erhöhen.
Artikel Lesen
Russland: Anhaltend kräftige Wirtschaftsentwicklung wird von hoher Inflation überschattet
Martina Kämpfe
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2008
Abstract
Der kräftige Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in Russland wurde im vergangenen Jahr erneut von der Binnennachfrage bestimmt. Privater Konsum und Unternehmensinvestitionen nahmen im zweistelligen Bereich zu; insbesondere die Investitionen beschleunigten sich merklich. Auslöser dafür ist der große Modernisierungsbedarf der Wirtschaft. Durch den kräftigen Nachfrageanstieg nach Investitionsgütern in nahezu allen Wirtschaftsbereichen wurde einerseits die einheimische Produktion angeregt, andererseits stiegen auch die Importe stark. Zusätzlich nachfragewirksam war die verstärkte Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen. Allerdings hat sich zugleich der Preisanstieg wieder beschleunigt und das von der Zentralbank angestrebte Inflationsziel von maximal 8% verfehlt. Neben dem Einfluss des weltweiten Anstiegs der Ölpreise und der Lebensmittelpreise wirkte sich auf die Inflationsbeschleunigung aber vor allem die kräftige Expansion der Geldmenge M2 aus. Der sprunghafte Anstieg der Kapitalbeschaffung russischer Unternehmen auf ausländischen Märkten hatte massive Nettokapitalzuflüsse zur Folge, die ebenso wie die hohen Devisenzuflüsse aus den Ölexporterlösen inflationswirksam waren. Der hohe Preisdruck dürfte die Wirtschaftsentwicklung dämpfen, da sowohl die Investitionen als auch der private Konsum infolge der zinspolitischen Gegensteuerung durch die Zentralbank etwas schwächer als im Vorjahr zulegen werden; zudem wird der Anstieg der Realeinkommen verhaltener sein. Dennoch wird die Binnennachfrage weiterhin kräftig bleiben und die wirtschaftliche Entwicklung in diesem und im kommenden Jahr stimulieren. Die Impulse von der Außenwirtschaft werden angesichts der weltwirtschaftlichen Abschwächung gering ausfallen. Der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts wird vor diesem Hintergrund insgesamt aber hoch bleiben und bei Raten um 6,5% liegen.
Artikel Lesen
Folgen der US-Immobilienkrise belasten Konjunktur - Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2008
Wirtschaft im Wandel,
1. Sonderausgabe
2008
Abstract
Im Frühjahr 2008 wird die Weltkonjunktur von der Krise des Immobilien- und des Finanzsektors in den USA und den von ihr ausgelösten weltweiten Finanzmarktturbulenzen überschattet. Die USA stehen am Rande einer Rezession, in Westeuropa hat sich die Konjunktur etwas abgekühlt, und in Japan nimmt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nur noch schwach zu. Gleichwohl ist das weltwirtschaftliche Expansionstempo immer noch beträchtlich, vor allem, weil die Produktion in den Schwellenländern bis zuletzt kräftig stieg. Für den Prognosezeitraum ist ein weiteres Nachlassen der weltwirtschaftlichen Expansion zu erwarten. Die Krise auf den US-Finanzmärkten und die weltweiten Finanzmarktturbulenzen belasten die Konjunktur. Sie führen zu Vermögensverlusten der privaten Haushalte, was den Konsum dämpfte, besonders deutlich in den USA. Vor allem aber verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Haushalte. Beeinträchtigt wird die weltwirtschaftliche Entwicklung zudem dadurch, dass sich der Preisauftrieb in den vergangenen Monaten erheblich beschleunigt hat. +eben dem anhaltenden Anstieg der Rohölpreise haben sich vor allem Nahrungsmittel massiv verteuert. Weltweit führt dies zu einem Entzug von Kaufkraft der privaten Haushalte zugunsten der Produzenten von Rohstoffen und Nahrungsmitteln. In dieser Situation sieht sich besonders die Geldpolitik großen Herausforderungen gegenüber. Sie muss im Spannungsfeld zwischen Liquiditätsproblemen, konjunktureller Abschwächung und Inflationsgefahren die Balance wahren. Vordringlich ist gegenwärtig, eine ausreichende Liquiditätsversorgung sicherzustellen; zu diesem Zweck haben die Zentralbanken in den vergangenen Monaten ihr Instrumentarium angepasst. Darüber hinaus haben die Notenbanken unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt: Die US-Notenbank hat angesichts der Rezessionsgefahr ihre Leitzinsen im Winterhalbjahr drastisch gesenkt, während die europäischen Zentralbanken – auch entsprechend den dort bislang weniger trüben konjunkturellen Aussichten – den Inflationsrisiken eine höhere Bedeutung beimessen und ihre Zinsen wenn überhaupt nur wenig gesenkt haben. Im Prognosezeitraum wird die Weltkonjunktur angesichts der beträchtlichen Belastungen zwar zunächst noch an Fahrt verlieren. Der Verlust an Dynamik wird aber nach Einschätzung der Institute begrenzt bleiben. Dafür sprechen die im Allgemeinen sehr günstige Verfassung der Unternehmen im nichtfinanziellen Sektor, die kräftigen Impulse von Seiten der amerikanischen Wirtschaftspolitik, wo zu der sehr expansiven Geldpolitik eine stimulierende Finanzpolitik hinzu kommt, und die hohe Wachstumsdynamik in den Schwellenländern. Allerdings dämpfen die Probleme in den USA die Aktivität in den übrigen Weltregionen: Über die Weltfinanzmärkte breiten sich Vermögensverluste und die Verschlechterung von Finanzierungsbedingungen aus. Auch werden die schwächer expandierenden Importe der USA die Produktion insbesondere in den mit den USA eng verflochtenen Ländern bremsen. In Westeuropa kommt das Ende des Immobilienbooms in einigen Ländern hinzu. Im Euroraum wirkt darüber hinaus die Aufwertung der Gemeinschaftswährung belastend. Anzeichen für eine Rezession sind hier zwar nicht zu erkennen. Doch wird die Wirtschaft im Euroraum in den Jahren 2008 und 2009 mit einer Rate expandieren, die unterhalb derjenigen des längerfristigen Trends liegt. Die Schwellenländer werden vor allem über den Außenhandel von der schwächeren Konjunktur in den Industrieländern betroffen. Ihre Finanzmärkte haben sich hingegen bisher als recht robust erwiesen, auch wenn die Aktienkurse in einigen Ländern in den vergangenen Monaten gesunken sind. Der Finanzmarktstabilität in den Schwellenländern kommt zugute, dass sie insgesamt netto Kapital exportieren und inzwischen über hohe Währungsreserven verfügen. Alles in allem wird der Produktionsanstieg in den Schwellenländern 2008 und 2009 zwar gedämpft, er wird aber beachtlich bleiben.
Artikel Lesen
Bußgeldgrenze schränkt Wirkung des europäischen Kartellrechts erheblich ein
Henry Dannenberg, Nicole Steinat
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 2,
2008
Abstract
Die im Jahr 2006 reformierten und ab diesem Jahr zur Anwendung kommenden Leitlinien zur Bußgeldberechnung von Kartellverstößen im europäischen Wirtschaftsraum sollen den Anreiz zur Kartellbildung für Unternehmen senken und die Wahrscheinlichkeit einer Kartellaufdeckung erhöhen. In diesem Artikel wird beleuchtet, wie die Entscheidung für oder wider eine Kartellbeteiligung seitens der Unternehmen durch diese Leitlinien beeinflußt wird. Es kann gezeigt werden, daß durch die Festlegung einer Bußgeldobergrenze eine wirksame Abschreckung nur für Unternehmen zu erwarten ist, die einen geringen Anteil ihres Umsatzes im kartellrechtlich relevanten Markt erzielen. Für diese steigt zunächst mit zunehmender Kartellebensdauer der Anreiz, das Kartell anzuzeigen. Das führt dazu, daß Kartelle mit mindestens einem Unternehmen, das einen geringen Anteil seines Gesamtumsatzes auf dem Kartellmarkt erzielt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt im Zeitverlauf instabiler werden. Unternehmen, die ihren Umsatz jedoch fast ausschließlich auf diesem Markt erzielen, werden durch die neue Leitlinie aufgrund der Bußgeldobergrenze hingegen kaum abgeschreckt. Der Artikel gibt einen kurzen Überblick über das „Kartellrechtsrisiko“, wie es sich für Unternehmen darstellt. Es wird erläutert, wie die mit einer möglichen Kartellstrafe verbundenen Aufwendungen ermittelt werden können. Darauf basierend werden die notwendigen Mindestumsatzrenditen bestimmt, die von Unternehmen im Kartell erwirtschaftet werden müssen, damit sich aus Unternehmenssicht eine Kartellbildung rechnen könnte. Es wird gezeigt, daß für bestimmte Kartelle bereits Renditen von wenigen Prozentpunkten genügen, um eine Kartellteilnahme attraktiv werden zu lassen.
Artikel Lesen
Risikofaktor Kartellverstöße
Henry Dannenberg, Nicole Steinat
Risk, Fraud & Compliance ZRFC,
Nr. 1,
2008
Abstract
Die von der Europäischen Kommission aufgrund von Kartellverstößen verhängten Bußgelder sind in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Egal ob der Verstoß bewusst oder unbewusst erfolgt, ergeben sich erhebliche finanzielle Risiken für Unternehmen. Im Folgenden Beitrag wird dargestellt, wie die Verteilung der Bußgeldhöhe bei einem Kartellrechtsverstoß im Europäischen Wirtschaftsraum für ein Unternehmen hergeleitet werden kann. Das mögliche Bußgeld, welches ein Vielfaches eines Jahresumsatzes im betroffenen Markt betragen kann, sollte Unternehmer dafür sensibilisieren, das eigene Unternehmen auf mögliche Verstöße zu überprüfen.
Artikel Lesen