Protest! Die Rolle kultureller Prägung im Volkswagenskandal
Felix Noth, Lena Tonzer
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 3,
2020
Abstract
Die Aufdeckung manipulierter Abgaswerte bei Dieselautos des Herstellers Volkswagen (VW) durch die amerikanischen Behörden im Jahr 2015 brachte einen der größten Unternehmensskandale Deutschlands zutage. Dieser Skandal blieb nicht ohne Konsequenzen. Martin Winterkorn trat von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender und Michael Horn als Chef von Volkswagen in den USA zurück. Viele VW-Kunden klagten gegen den Konzern, und in deutschen Großstädten wurde über Dieselfahrverbote diskutiert. Doch gab es auch eine Reaktion auf Konsumentenseite, also seitens der Autokäufer? Und wenn ja, spielen hier gesellschaftskulturelle Unterschiede wie zum Beispiel religiöse Prägung eine Rolle? Diesen Fragen geht ein im letzten Jahr erschienenes Arbeitspapier des IWH nach. Die empirische Analyse beschäftigt sich mit der Frage, ob Konsumenten nach dem VW-Skandal ihr Kaufverhalten stärker anpassen, wenn das gesellschaftliche Umfeld protestantisch geprägt ist. In der wissenschaftlichen Literatur zeigt sich, dass Protestanten mehr Wert auf eine Überwachung und Durchsetzung von Regeln legen, weshalb die Autoren von dieser Religionsgruppe eine ausgeprägtere Reaktion auf den VW-Skandal erwarten. Das Hauptergebnis der Studie legt dann genau diesen Schluss nahe: In den deutschen Regionen, in denen die Mehrheit der Bevölkerung dem protestantischen Glauben angehört, kam es zu signifikant höheren Rückgängen bei VW-Neuzulassungen infolge des VW-Skandals. Der Effekt ist umso stärker, je länger die Region durch protestantische Werte geprägt ist. Offenbar können bestimmte gesellschaftskulturelle Ausprägungen wie Religion und deren Normen ein Korrektiv für Verfehlungen von Unternehmen darstellen und somit verzögerte oder ausbleibende Maßnahmen von Politikern und Regulierern zum Teil ersetzen.
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Decentralisation of Collective Bargaining: A Path to Productivity?
Daniele Aglio, Filippo di Mauro
IWH-CompNet Discussion Papers,
Nr. 3,
2020
Abstract
Productivity developments have been rather divergent across EU countries and particularly between Central Eastern Europe (CEE) and elsewhere in the continent (non-CEE). How is such phenomenon related to wage bargaining institutions? Starting from the Great Financial Crisis (GFC) shock, we analyse whether the specific set-up of wage bargaining prevailing in non-CEE may have helped their respective firms to sustain productivity in the aftermath of the crisis. To tackle the issue, we merge the CompNet dataset – of firm-level based productivity indicators – with the Wage Dynamics Network (WDN) survey on wage bargaining institutions. We show that there is a substantial difference in the institutional set-up between the two above groups of countries. First, in CEE countries the bulk of the wage bargaining (some 60%) takes place outside collective bargaining schemes. Second, when a collective bargaining system is adopted in CEE countries, it is prevalently in the form of firm-level bargaining (i. e. the strongest form of decentralisation), while in non-CEE countries is mostly subject to multi-level bargaining (i. e. an intermediate regime, only moderately decentralised). On productivity impacts, we show that firms’ TFP in the non-CEE region appears to have benefitted from the chosen form of decentralisation, while no such effects are detectable in CEE countries. On the channels of transmission, we show that decentralisation in non-CEE countries is also negatively correlated with dismissals and with unit labour costs, suggesting that such collective bargaining structure may have helped to better match workers with firms’ needs.
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18.08.2020 • 16/2020
IWH-Gutachten: Regionalförderung wirkt, sollte aber weiter verbessert werden
Deutschlands wichtigstes Instrument der Regionalpolitik fördert Arbeitsplätze, erhöht Betriebsumsätze und moderat auch die Löhne; es hat jedoch keine positiven Effekte auf die Produktivität. Das zeigt ein Gutachten zur Wirkung der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW), verfasst vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Daher empfehlen die Ökonomen, die Förderziele stärker auf die Produktivität auszurichten, denn nur so kann das Förderziel, dass die geförderten Regionen wirtschaftlich aufholen, erreicht werden.
Mirko Titze
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Die funktionale Spezialisierung Deutschlands — Eine Ost-West-Perspektive auf das Verarbeitende Gewerbe
Matthias Brachert, Eva Dettmann, Alexander Kubis, Mirko Titze
Beitrag in IWH-Sammelwerk,
Festschrift für Gerhard Heimpold, IWH
2020
Abstract
Was treibt regionale Entwicklung? Warum wachsen einige Regionen schneller als andere? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt regionalökonomischer Forschung. Einen besonderen Anwendungsfall stellen die ökonomischen Anpassungsprozesse im Gefolge der Wiederherstellung der Deutschen Einheit dar. Nach einem fulminanten Start in der ersten Hälfte der 1990er Jahre hat sich der Aufholprozess seit Mitte der 1990er Jahre verlangsamt und kommt seitdem nur noch in sehr kleinen Schritten voran. Im Jahr 2017 betrug die Produktivität Ostdeutschlands (mit Berlin) 82% des westdeutschen Niveaus. Über die Ursachen dieses Rückstands gibt es intensive Diskussionen.
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Öffentliche Finanzen und regionale Entwicklung
Joachim Ragnitz
Beitrag in IWH-Sammelwerk,
Festschrift für Gerhard Heimpold, IWH
2020
Abstract
Deutschland ist durch erhebliche regionale Unterschiede in der Wirtschaftskraft gekennzeichnet. Die wirtschaftsstärksten Regionen (gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen) auf der Kreisebene sind die kreisfreien Städte Wolfsburg (Niedersachsen) und Ingolstadt, gefolgt vom Landkreis München (beides in Bayern); die geringste Wirtschaftskraft weisen der Erzgebirgskreis (Sachsen) sowie die kreisfreie Stadt Suhl (Thüringen) auf, gefolgt vom Landkreis Delmenhorst (Niedersachsen). Auch wenn man die Bedeutung dieser Extremwerte nicht überbewerten sollte, wird deutlich, dass von ausgeglichenen Verhältnissen (wie es dem gesetzgeberischen Ideal entspräche, festgeschrieben in § 2 Absatz 2 Nr. 4 ROG) nicht die Rede sein kann. Gleichzeitig wird deutlich, dass es sich bei den regionalen Wirtschaftskraftunterschieden inzwischen nicht mehr primär um ein Ost-West-Problem handelt: Selbst innerhalb einzelner Bundesländer sind die regionalen Disparitäten enorm und vor allem auch größer als zwischen den Großraumregionen Ost- und Westdeutschland.
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Employment Effects of Introducing a Minimum Wage: The Case of Germany
Oliver Holtemöller, Felix Pohle
Economic Modelling,
July
2020
Abstract
Income inequality has been a major concern of economic policy makers for several years. Can minimum wages help to mitigate inequality? In 2015, the German government introduced a nationwide statutory minimum wage to reduce income inequality by improving the labour income of low-wage employees. However, the employment effects of wage increases depend on time and region specific conditions and, hence, they cannot be known in advance. Because negative employment effects may offset the income gains for low-wage employees, it is important to evaluate minimum-wage policies empirically. We estimate the employment effects of the German minimum-wage introduction using panel regressions on the state-industry-level. We find a robust negative effect of the minimum wage on marginal and a robust positive effect on regular employment. In terms of the number of jobs, our results imply a negative overall effect. Hence, low-wage employees who are still employed are better off at the expense of those who have lost their jobs due to the minimum wage.
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The Cleansing Effect of Banking Crises
Reint E. Gropp, Steven Ongena, Jörg Rocholl, Vahid Saadi
Abstract
We assess the cleansing effects of the recent banking crisis. In U.S. regions with higher levels of supervisory forbearance on distressed banks during the crisis, there is less restructuring in the real sector and the banking sector remains less healthy for several years after the crisis. Regions with less supervisory forbearance experience higher productivity growth after the crisis with more firm entries, job creation, and employment, wages, patents, and output growth. Supervisory forbearance is greater for state-chartered banks and in regions with weaker banking competition and more independent banks, while recapitalisation of distressed banks through TARP does not facilitate cleansing.
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The Cleansing Effect of Banking Crises
Reint E. Gropp, Steven Ongena, Jörg Rocholl, Vahid Saadi
Abstract
We assess the cleansing effects of the recent banking crisis. In U.S. regions with higher levels of supervisory forbearance on distressed banks during the crisis, there is less restructuring in the real sector and the banking sector remains less healthy for several years after the crisis. Regions with less supervisory forbearance experience higher productivity growth after the crisis with more firm entries, job creation, and employment, wages, patents, and output growth. Supervisory forbearance is greater for state-chartered banks and in regions with weaker banking competition and more independent banks, while recapitalization of distressed banks through TARP does not facilitate cleansing.
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01.07.2020 • 11/2020
IWH untersucht Folgen des Kohleausstiegs in Europa
Wie verändert der Kohleausstieg die Gesellschaft – und wie kann Politik darauf reagieren? Diese Fragen untersuchen
14 europäische Partner in einem neuen interdisziplinären Forschungsprojekt. Dabei wird das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ökonomische Folgen wie Arbeitslosigkeit und Abwanderung für ausgewählte Kohleregionen Europas analysieren. Die EU fördert das Gesamtprojekt für drei Jahre mit knapp drei Millionen Euro.
Oliver Holtemöller
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Transmitting Fiscal Covid-19 Counterstrikes Effectively: Mind the Banks!
Reint E. Gropp, Michael Koetter, William McShane
IWH Online,
Nr. 2,
2020
Abstract
The German government launched an unprecedented range of support programmes to mitigate the economic fallout from the Covid-19 pandemic for employees, self-employed, and firms. Fiscal transfers and guarantees amount to approximately €1.2 billion by now and are supplemented by similarly impressive measures taken at the European level. We argue in this note that the pandemic poses, however, also important challenges to financial stability in general and bank resilience in particular. A stable banking system is, in turn, crucial to ensure that support measures are transmitted to the real economy and that credit markets function seamlessly. Our analysis shows that banks are exposed rather differently to deteriorated business outlooks due to marked differences in their lending specialisation to different economic sectors. Moreover, a number of the banks that were hit hardest by bleak growth prospects of their borrowers were already relatively thinly capitalised at the outset of the pandemic. This coincidence can impair the ability and willingness of selected banks to continue lending to their mostly small and medium sized entrepreneurial customers. Therefore, ensuring financial stability is an important pre-requisite to also ensure the effectiveness of fiscal support measures. We estimate that contracting business prospects during the first quarter of 2020 could lead to an additional volume of non-performing loans (NPL) among the 40 most stressed banks ‒ mostly small, regional relationship lenders ‒ on the order of around €200 million. Given an initial stock of NPL of €650 million, this estimate thus suggests a potential level of NPL at year-end of €1.45 billion for this fairly small group of banks already. We further show that 17 regional banking markets are particularly exposed to an undesirable coincidence of starkly deteriorating borrower prospects and weakly capitalised local banks. Since these regions are home to around 6.8% of total employment in Germany, we argue that ensuring financial stability in the form of healthy bank balance sheets should be an important element of the policy strategy to contain the adverse real economic effects of the pandemic.
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