Konjunktur aktuell: Deutsche Wirtschaft noch nicht immun gegen COVID 19 – Ausblick erneut eingetrübt

Pandemiewelle und Lieferengpässe lassen die deutsche Wirtschaft im Winter stagnieren. Wenn ab dem Frühjahr das Infektionsgeschehen abflaut, wird der private Konsum deutlich zulegen. Auch die Angebotsrestriktionen werden nach und nach abgebaut. Die Konjunktur wird daher wieder kräftig in Schwung kommen. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) prognostiziert, dass das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2022 um 3,5% (Ostdeutschland: 2,7%) zunimmt, nach 2,7% (Ostdeutschland: 2,1%) im laufenden Jahr. Die Inflation dürfte nur langsam zurückgehen.

Autoren Oliver Holtemöller

Zum Ende des Jahres 2021 belastet eine neue Infektionswelle die wirtschaftliche Aktivität in Europa. Zudem hat das Auftauchen der neuen Omikron-Virusvariante die konjunkturellen Aussichten eingetrübt. In den meisten anderen Weltregionen ist die Zahl der Todesfälle seit dem Sommer rückläufig, und entsprechend ist die Stimmung im Dienstleistungsbereich im Herbst global sogar gestiegen. Das Verarbeitende Gewerbe leidet allerdings weiter überall unter Knappheiten bei der Güterproduktion und hohen Rohstoffpreisen. Die hohen Inflationsraten werden die US-Zentralbank, vorerst aber nicht die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer deutlichen Straffung der Geldpolitik veranlassen, auch weil sich in den USA anders als im Euroraum der Lohnauftrieb stark beschleunigt hat. Im Sommerhalbjahr 2022 dürfte die Weltkonjunktur im Zuge rückläufiger Lieferengpässe etwas an Schwung gewinnen. Jedoch ist nach wie vor der ungewisse Fortgang der Pandemie ein großes Risiko für die Weltwirtschaft im Jahr 2022.

Im Sommer ließ die Erholung der privaten Konsumnachfrage die deutsche Produktion kräftig expandieren, trotz Produktionsrückgang im Verarbeitenden Gewerbe, das in Deutschland besonders unter den weltweiten Lieferengpässen leidet. Die Pandemiewelle im Winter bedeutet einen Rückschlag für das Gastgewerbe und in geringerem Maße auch für den Einzelhandel. Weil aber die Eindämmungsmaßnahmen von Seiten der Politik vermutlich nicht das Ausmaß des Lockdowns vom vorigen Winter erreichen werden, dürfte der Konjunkturdämpfer geringer ausfallen als vor einem Jahr. Auch deutet sich für das Schlussquartal 2021 ein Ende des Produktionsrückgangs im Verarbeitenden Gewerbe an. „Ab dem Frühjahr dürften die Infektionszahlen jahreszeitlich bedingt weiter zurückgehen, und der private Konsum wird wieder deutlich expandieren“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH. Auch begünstigen die weiterhin sehr niedrigen Finanzierungskosten die Investitionen, insbesondere in Gebäude. Freilich zeigen die rasch steigenden Baupreise, dass der Wirtschaftszweig weiter an der Kapazitätsgrenze produziert. Die derzeit ebenfalls kräftige Verbraucherpreisinflation ebbt nach dem Jahreswechsel etwas ab, bleibt aber deutlich höher als vor der Pandemie, weil die Unternehmen im Produzierenden Gewerbe weiter Preissetzungsspielräume haben und die Lohndynamik anziehen wird, auch wegen der geplanten deutlichen Erhöhungen des Mindestlohns.

Der ungewisse Fortgang des Pandemiegeschehens ist laut Holtemöller weiter das Hauptrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Die Politik wird die Restriktionen so lange nach und nach verschärfen, bis die Infektionszahlen deutlich sinken. Wenn es zu einem strengen Winter-Lockdown wie vor einem Jahr käme, wäre auch mit einem entsprechend deutlichen Rückgang der Produktion zu rechnen. „Für den weiteren Jahresverlauf wird entscheidend sein, wie beherrschbar die Omikron-Variante ist“, so der Ökonom. Zudem besteht die Möglichkeit, dass es zur Ausbreitung neuer Varianten kommt.

Die Langfassung der Prognose (Konjunktur aktuell: Deutsche Wirtschaft noch nicht immun gegen COVID-19 – Ausblick erneut eingetrübt) enthält einen Kasten zur Schätzung des Produktionspotenzials.

Langfassung: Brautzsch, Hans-Ulrich; Drygalla, Andrej; Exß, Franziska; Heinisch, Katja; Holtemöller, Oliver; Kämpfe, Martina; Kozyrev, Boris; Lindner, Axel; Müller, Isabella; Schultz, Birgit; Staffa, Ruben; Zeddies, Götz: Konjunktur aktuell: Deutsche Wirtschaft noch nicht immun gegen COVID-19 – Ausblick erneut eingetrübt. IWH, Konjunktur aktuell, Jg. 9 (4), 2021. Halle (Saale) 2021.

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Konjunktur aktuell: Deutsche Wirtschaft noch nicht immun gegen COVID 19 – Ausblick erneut eingetrübt

Arbeitskreis Konjunktur des IWH

in: Konjunktur aktuell, 4, 2021

Abstract

Ende 2021 belastet eine neue Infektionswelle die wirtschaftliche Aktivität in Europa. Die Stimmung im Dienstleistungsbereich ist im Herbst weltweit gestiegen, doch das Verarbeitende Gewerbe leidet weiter überall unter Knappheiten. Im Sommerhalbjahr 2022 gewinnt die Weltkonjunktur wieder etwas an Schwung, aber der ungewisse Fortgang der Pandemie bleibt ein Risiko. Pandemiewelle und Lieferengpässe lassen auch die deutsche Wirtschaft im Winter stagnieren. Der private Konsum wird ab Frühjahr deutlich zulegen, und die Konjunktur wird wieder kräftig in Schwung kommen. Das BIP wird 2022 um 3,5% zunehmen, nach 2,7% im Jahr 2021. Die Inflation dürfte nur langsam zurückgehen.

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