Konjunktur aktuell: Krieg treibt Energiepreise ‒ Hohe Inflation belastet Konjunktur
Die weltwirtschaftliche Erholung verlief bereits zu Beginn des Jahres gedämpft, und auch im Sommerhalbjahr ist die Weltwirtschaft verschiedenen schweren Belastungen ausgesetzt, die die Preise stark steigen lassen. Erneute Produktionsstilllegungen im Zuge der chinesischen Null-Covid-Strategie dürften Knappheiten bei Industriegütern temporär verschärfen und so die Inflation weltweit anheizen. Zudem wirkt der Krieg in der Ukraine inflationär, weil er zu Sorgen um das Angebot wichtiger Rohstoffe geführt hat. Der Anstieg der Rohstoffpreise führt zu Realeinkommensverlusten und belastet die Güternachfrage.
„In Deutschland wird die konjunkturelle Entwicklung durch den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Preissteigerungen sowie unterbrochene Lieferketten schwer belastet“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH. „Dadurch werden die Chancen auf eine kräftige Erholung deutlich geschmälert.“ Die konjunkturellen Aussichten für den Sommer sind trüb: Zwar wurden die bundesweiten Corona-Regelungen im März weitgehend aufgehoben, was einigen Dienstleistungsbranchen wie dem Gastgewerbe Schwung geben wird. Allerdings ist die Konsumentenstimmung mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine eingebrochen, und die Inflationsrate erreichte im Mai 2022 einen Rekordwert von 7,9 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Dies dürfte insbesondere den privaten Konsum stark dämpfen. Gestützt wird er hingegen von der starken Erhöhung des Mindestlohns. Die Anlageinvestitionen werden durch die hohe Unsicherheit aufgrund des Krieges belastet. Sie dürften jedoch von Staatsaufträgen gestützt werden, denn die Energiewende wird zum Teil von öffentlichen Investitionen vorangetrieben. Gedämpft wird der Anstieg der Anlageinvestitionen allerdings weiterhin von den begrenzten Kapazitäten der Bauwirtschaft. Die Exporte dürften im Jahr 2022 ebenfalls schwächeln. Zwar ist der Bestand an Aufträgen aus dem Ausland noch hoch, die Auftragseingänge sind aber seit Jahresanfang stark zurückgegangen. Im Jahresverlauf 2022 setzt sich der Aufbau der Erwerbstätigkeit zunächst verlangsamt fort. Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück, aufgrund der kräftigen Mindestlohnerhöhungen aber deutlich langsamer als zuvor. „Sollte es im Winterhalbjahr zu Einschränkungen der wirtschaftlichen Aktivität kommen, dürfte sich die konjunkturelle Erholung weiter verzögern“, so Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH. Das öffentliche Finanzierungsdefizit dürfte sich im laufenden Jahr verringern, weil die gesamtstaatlichen Einnahmen deutlich stärker expandieren dürften als die Ausgaben. Zwar nehmen die öffentlichen Investitionen spürbar zu, die Subventionen und die geleisteten Vermögenstransfers gehen mit dem Auslaufen der coronabedingten Stützungsmaßnahmen jedoch zurück.
Die Langfassung der Prognose enthält zwei Kästen:
Kasten 1: Rahmenbedingungen für die Prognose
Kasten 2: Zur Schätzung des Produktionspotenzials
Langfassung: Drygalla, Andrej; Exß, Franziska; Heinisch, Katja; Holtemöller, Oliver; Kämpfe, Martina; Kozyrev, Boris; Lindner, Axel; Müller, Isabella; Sardone, Alessandro; Scherer, Jan-Christopher; Schultz, Birgit; Staffa, Ruben; Zeddies, Götz: Konjunktur aktuell: Krieg treibt Energiepreise ‒ Hohe Inflation belastet Konjunktur. IWH, Konjunktur aktuell, Jg. 10 (2), 2022. Halle (Saale) 2022.
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Zugehörige Publikationen
Konjunktur aktuell: Krieg treibt Energiepreise – Hohe Inflation belastet Konjunktur
in: Konjunktur aktuell, 2, 2022
Abstract
Die Weltwirtschaft ist auch im Sommerhalbjahr verschiedenen schweren Belastungen ausgesetzt, die die Preise stark steigen lassen. Produktionsstilllegungen im Zuge der chinesischen Null-Covid-Strategie und der Angriff gegen die Ukraine heizen die Inflation weltweit an. Auch in Deutschland wird die konjunkturelle Entwicklung durch die mit dem Krieg verbundenen Preissteigerungen sowie unterbrochene Lieferketten schwer belastet. Die konjunkturellen Aussichten für den Sommer sind trüb. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wird im Jahr 2022 um 1,5% zunehmen. In Ostdeutschland liegt der Zuwachs bei 1%.