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Willkürliche Entlassungen im FeldexperimentSeite 2
Der Effekt der Entlassungen auf die verbliebenen Arbeitnehmer Auf einer Seite lesenIm Vergleich dazu waren zwischen den Gruppen „No-Layoff“ und „Quasi-Layoff“ keine signifikanten Leistungsunterschiede festzustellen. Die Reduzierung des Personals per se hatte also keinen Effekt auf die Produktivität. Weitere Überprüfungen der Robustheit der Ergebnisse zeigten, dass die Unterschiede sich nicht durch Wahrnehmungsänderungen bezüglich der Bedeutung der Arbeit oder der Kompetenz des Managements erklären ließen.
Nach dem Feldexperiment wurden die Probanden erneut kontaktiert und bezüglich ihrer Erfahrungen im Callcenter befragt. Insgesamt zeigten sich alle Befragten sowohl mit ihrem Lohn als auch mit der Atmosphäre im Callcenter und dem Verhalten des Managements ihnen gegenüber zufrieden. Die verbliebenen Interviewer der Layoff-Gruppe waren allerdings im Vergleich zu den Teilnehmern der anderen beiden Gruppen signifikant weniger zufrieden mit dem Verhalten des Managements ihren Kolleginnen und Kollegen gegenüber. Diese Gruppe wurde außerdem gefragt, welche Teile der Benachrichtigung über die Entlassungen sie als unsozial empfunden hatten. Ihren Antworten zufolge sahen sie die Kündigung an sich und die willkürliche Auswahl der zu entlassenden Personen als besonders unfair an.
Um die Interpretation der Daten abzusichern, wurde zusätzlich ein Vorhersage-Experiment mit 43 Personalverantwortlichen mittelständischer und großer deutscher Unternehmen durchgeführt (83% der Teilnehmer arbeiten in Firmen mit mehr als 500 Mit-
arbeitern), die im Durchschnitt über acht Jahre Berufserfahrung verfügten. Nachdem ihnen der Aufbau des Callcenter-Experiments und die unterschiedliche Behandlung der drei Gruppen erläutert worden waren, wurden die Personalmanager gebeten, die Leistungsänderungen zwischen der ersten und der zweiten Schicht einzuschätzen.
Ihre Prognosen waren aggregiert bemerkenswert präzise. Sie sagten voraus, dass die Produktivität des Personals der Layoff-Gruppe zwischen den beiden Einsätzen signifikant sinken, in den anderen beiden Gruppen jedoch nur wenig abnehmen würde. Als Grund dafür nannte ein Großteil (76,7%) der Personalmanager die wahrgenommene Fairness. Einzeln betrachtet gehen die Einschätzungen jedoch sehr weit auseinander (vgl. Abbildung 2). Ungefähr 60% überschätzten den negativen Effekt auf die Arbeitsleistung, dafür unterschätzten die verbliebenen Befragten den Effekt oder vermuteten gar einen Produktivitätsanstieg.
Produktivität erhalten – auch während Entlassungsphasen
Die Ergebnisse des Experiments zeigen, dass unfaires Verhalten gegenüber Angestellten für Arbeitgeber teuer werden kann, auch wenn die direkt betroffenen Arbeitnehmer die Firma verlassen haben. Dieser Umstand ist insbesondere für alle Unternehmen oder Organisationen relevant, die ökonomische Schocks durch reduzierte Personalkosten auffangen müssen.
Die Relevanz dieser Kosten wird insbesondere dann deutlich, wenn man die Ergebnisse des Experiments mit Ergebnissen anderer experimenteller Studien vergleicht, in denen Arbeitnehmer persönlich von Personalmaßnahmen betroffen sind. Auch wenn die Studien hinsichtlich des experimentellen Aufbaus und der konkreten Rahmenbedingungen nur bedingt vergleichbar sind, so ist die berechnete Effektstärke für das in diesem Beitrag vorgestellte Feldexperiment sicherlich am oberen Rand anzusiedeln. Konkret bedeutet dies, dass die Produktivität von Arbeitnehmern vergleichbar leidet, egal ob sie selbst betroffen sind (z. B. durch Lohnkürzungen) oder nicht.
In erster Linie würden solche indirekten Kosten natürlich vermieden werden, wenn Unternehmen auf Kündigungen gänzlich verzichten könnten, indem sie die natürliche Personalfluktuation ausnutzen. Sollte dies keine Option darstellen, so ist zumindest denkbar, dass Entlassungen als weniger ungerecht empfunden werden, wenn Abfindungen gezahlt oder Anstrengungen unternommen werden, die gekündigten Mitarbeiter an einen neuen Arbeitsplatz zu vermitteln. Eine weitere Möglichkeit wäre, die unpopuläre Entscheidung, Mitarbeiter zu entlassen, an ein Interimsmanagement oder eine Unternehmensberatung zu übertragen. Experimentelle Studien haben gezeigt, dass von unfairen Entscheidungen Betroffene eher dem Entscheider als dem Auftraggeber die Schuld zuweisen. Egal welche Strategie es letzten Endes konkret werden soll – die diesem Beitrag zugrunde liegende Studie zeigt, wie wichtig es ist, über solche Strategien nachzudenken, um erhebliche indirekte Kosten zu vermeiden.
1 Vgl. Bloom, N.; Eifert, B.; Mahajan, A.; McKenzie, D.; Roberts, J.: Does Management Matter? Evidence from India, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 128 (1), 2013, 1-51.
2 Vgl. Akerlof, G.: Labor Contracts as Partial Gift Exchange, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 97 (4), 1982, 543-569.
3 Vgl. Mas, A.: Labour Unrest and the Quality of Production: Evidence from the Construction Equipment Resale Market, in: Review of Economic Studies, Vol. 75 (1), 2008, 229-258.
4 Heinz, M.; Jeworrek, S.; Mertins, V.; Schumacher, H.; Sutter, M.: Measuring Indirect Effects of Unfair Employer Behavior on Worker Productivity – A Field Experiment. IWH-Diskussionspapiere 26/2017, Halle (Saale) 2017.
5 In einer nach Abschluss der Telefonumfrage durchgeführten Befragung der Interviewer gaben diese auf einer Skala von null (überhaupt nicht zufrieden) bis zehn (voll und ganz zufrieden) im Durchschnitt eine Zufriedenheit mit dem gezahlten Lohn von 9,1 an.