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IWH-Flash-Indikator I. Quartal und II. Quartal 2021

Seit November 2020 befindet sich Deutschland im Lockdown. Dadurch konnte sich der Erholungskurs der deutschen Wirtschaft im vierten Quartal nicht weiter fortsetzen, und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte mit 0,1% nahezu. Durch die Mitte Dezember weiter verschärften Eindämmungsmaßnahmen wird die wirtschaftliche Aktivität in vielen Branchen im laufenden Quartal erschwert oder gänzlich verhindert. Auch ein weiteres Sinken der Anzahl der Covid-19-Infizierten dürfte daran so schnell nichts ändern, da die Furcht vor hochinfektiösen Corona-Mutationen groß ist. Ebenfalls versprechen die mittlerweile zugelassenen Impfstoffe gegen Covid-19-Erkrankungen keine kurzfristige Verbesserung der Situation, da sie wohl frühestens in einigen Monaten für die breite Masse der Bevölkerung verfügbar sein werden. Aufgrund der robusten Nachfrage aus dem Ausland dürfte die Wirtschaftsleistung laut IWH-Flash-Indikator jedoch im ersten Quartal 2021 nur um 0,7% zurückgehen und im zweiten Quartal, wenn die Corona-Eindämmungsmaßnahmen langsam zurückgeführt werden sollten, um 1,5% steigen. (vgl. Abbildung 1).

09. Februar 2021

Autoren Katja Heinisch Oliver Holtemöller Axel Lindner Birgit Schultz

Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte im vierten Quartal 2020 mit 0,1% nahezu, denn durch den erneuten Lockdown ab November 2020 konnten viele Dienstleistungen und Waren nicht mehr oder nur unter restriktiven Bedingungen nachgefragt werden. Insbesondere die Konsumnachfrage der privaten Haushalte war davon betroffen. So sank der Einzelhandelsumsatz im Dezember 2020 um 9,6% im Vergleich zum Vormonat. Auch der kapazitätsmäßig bereits stark ausgeweitete Onlinehandel konnte den Rückgang nicht auffangen. Ebenso erlitten das Gastgewerbe und persönliche Dienstleistungen vielfach wieder dramatische Einbußen.

Im Produzierenden Gewerbe hinterließ der erneute Lockdown hingegen nur geringe Bremsspuren. So legte die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe auch im Dezember 2020 weiter zu. Die Auftragseingänge der deutschen Industrie sind allerdings zum Jahresende zum ersten Mal seit April 2020 etwas zurückgegangen. Besonders stark war der Einbruch der Auftragseingänge aus dem Euroraum. Dies ist aber zu einem Großteil auf die ohnehin sehr volatilen Großaufträge zurückzuführen. Die Auftragseingänge aus dem restlichen Ausland (ohne Großaufträge) blieben weiter hoch, sodass nachfrageseitig die Voraussetzungen für eine weitere Ausweitung der Industrieproduktion gegeben sind. Die Bauinvestitionen dürften hingegen Ende des Jahres 2020 rückläufig gewesen sein.

Zu Beginn des Jahres 2021 rückten mit der Ausweitung der Pandemie-Restriktionen von Mitte Dezember und dem Bekanntwerden von vermutlich höherinfektiösen Coronavirus-Mutationen bei gleichzeitigen Impfstoffengpässen die Aussichten auf eine Normalisierung des täglichen Lebens in weitere Ferne. Dies führte laut GfK-Umfrage sowohl zu einer weiteren drastischen Verschlechterung des Konsumklimas als auch zu einem kräftigen Rückgang der ifo-Geschäftserwartungen bei den Unternehmen im Dienstleistungssektor, im Handel und im Baugewerbe.

Die Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe waren davon aufgrund der robusten Exportaussichten unberührt. Dies zeigte sich auch bei den befragten Unternehmen des IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), die im Januar 2021 von einer steigenden Produktion und Neuaufträgen berichteten und deren Geschäftsausblick dadurch auf einen langjährigen Höchstwert stieg. Auch der Early-Bird-Indikator der Commerzbank liegt trotz eines kleinen Dämpfers im Januar weiterhin auf einem hohen Niveau infolge guter weltwirtschaftlicher Aussichten und durch positive Einflüsse der Geldpolitik.

„Je länger die derzeitigen Restriktionen die wirtschaftliche Aktivität der privaten Haushalte und Teile der Wirtschaft belasten, umso mehr werden Unternehmen Kapazitäten abbauen. Damit könnten auch negative Effekte auf das Produktionspotenzial einhergehen, die die wirtschaftliche Erholung längerfristig belasten“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

Die internationale Konjunktur ist zu Beginn des Jahres weiter auf Erholungskurs, obwohl die Pandemie weltweit derzeit eine Rekordzahl an Opfern fordert. Die Wirtschaft hat sich an die neuen Umstände vielfach anpassen können. Das gilt besonders für das Verarbeitende Gewerbe, das im November global schon fast wieder so viel produziert hat wie im Jahr zuvor. Davon profitiert China besonders stark. Unter den größeren Volkswirtschaften ist die chinesische die einzige, in der das Produktionsniveau von vor einem Jahr schon Ende 2020 wieder übertroffen wurde. In den USA setzt sich die Erholung in verlangsamtem Tempo fort. Um immerhin 1% hat die Produktion im Schlussquartal 2020 expandiert, und laut Umfragen waren die Unternehmen auch im Januar recht zuversichtlich. Dagegen ist die Produktion im Euroraum im Schlussquartal um 0,7% gesunken. Die Lockdown-Maßnahmen belasten die Wirtschaft hier deutlich stärker als in den USA, was auch die aus Handydaten errechnete Personenmobilität zeigt. Sie ist in Europa viel stärker als in den USA gesunken.

Der IWH-Flash-Indikator basiert auf einer Fülle von Einzelprognosen, die anhand vergangener Ereignisse seit dem Jahr 1991 die zukünftige Entwicklung prognostizieren. Abbildung 2 zeigt die Verteilung all dieser auf jeweils einem Indikator basierenden Prognosen für die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts im ersten und zweiten Quartal 2021; der Median im ersten Quartal beträgt –0,7%, im zweiten Quartal 1,5%. Um zusätzlich abzuschätzen, ob die im IWH-Flash-Indikator enthaltenen Indikatoren die Effekte von Pandemie und Lockdown adäquat wiedergeben können, werden auch Informationen aus den Mobilitätsdaten von Google (COVID-19 Community Mobility Reports) berücksichtigt.

[Die Zeitreihe mit den historischen Daten des Flash-Indikators sowie eine Beschreibung der Methodik finden Sie im Download-Bereich.]

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