IWH-Flash-Indikator IV. Quartal 2016 und I. Quartal 2017
Die deutsche Konjunktur verlor im dritten Quartal 2016 weiter an Fahrt, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg mit 0,2% nochmals langsamer als in den Vorquartalen. Der IWH-Flash-Indikator deutet jedoch darauf hin, dass das Expansionstempo im laufenden Quartal wieder etwas zulegen wird. Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland dürfte damit im vierten Quartal 2016 um 0,5% und darauffolgend im ersten Quartal 2017 etwas langsamer um 0,2% steigen.
22. November 2016
Das Bruttoinlandsprodukt expandierte im dritten Quartal 2016 mit einer Rate von 0,2% weniger kräftig als noch in den ersten beiden Quartalen des Jahres. Die Impulse kamen dabei hauptsächlich vom inländischen Konsum; hier nahm sowohl der private als auch der staatliche Verbrauch zu. Auch in Bauten wurde etwas mehr investiert. Hingegen nahmen die Investitionen in Ausrüstungen ab und auch die Exporte waren rückläufig. Die Importe konnten hingegen leicht zulegen, sodass der Außenbeitrag sank.
Für das Jahresende gehen die privaten Haushalte in Deutschland laut GfK-Konsumklimaumfrage von einer Verbesserung der konjunkturellen Lage aus. Entscheidend dürfte sein, dass sich der Arbeitsmarkt nach wie vor in einer sehr guten Verfassung zeigt. So hat die Zahl der Erwerbstätigen im dritten Quartal um 0,9% im Vergleich zum Vorjahr kräftig zugenommen. Gleichwohl sind die privaten Haushalte etwas weniger optimistisch hinsichtlich ihrer Einkommensentwicklung, und auch ihre Anschaffungsneigung hat etwas nachgelassen. Für November prognostiziert die GfK einen weiteren Rückgang des Konsumentenklimas.
Für das Verarbeitende Gewerbe signalisieren die Indikatoren im laufenden Quartal eine überwiegend günstige Lage, aber auch die weiteren Aussichten sind freundlich. So stiegen die Auftragseingänge im dritten Quartal leicht an. Dabei nahmen die Bestellungen aus dem Ausland zu. Die Inlandsnachfrage sank hingegen. Insbesondere wurden mehr Investitionsgüter, aber auch mehr Vorleistungsgüter aus dem Ausland bestellt. Der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) zog im Oktober kräftig an, da sowohl die Produktion als auch die Auftragseingänge in der Industrie stark gestiegen sind. Zudem hat sich laut ifo Geschäftsklima-Umfrage die Stimmung in der gewerblichen Wirtschaft weiter verbessert, und die Geschäftserwartungen sind zum Teil merklich gestiegen. So bewerteten die Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe ihre Geschäftsaussichten wesentlich günstiger als zuvor. Auch im Einzelhandel, wo die Stimmung in den vergangenen Monaten etwas labil war, gingen die Aussichten zuletzt wieder nach oben. Im Großhandel sanken sie hingegen leicht. Der Early-Bird-Indikator der Commerzbank, der in den vergangenen Monaten seine Einschätzung zur konjunkturellen Fahrtrichtung mehrfach geändert hatte, zeigt seit zwei Monaten eine kräftige Aufwärtstendenz. Hier kamen vor allem positive Impulse von Seiten der Weltwirtschaft. Die vom ZEW befragten Finanzexperten aus Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen kamen zuletzt zu positiveren Einschätzungen der konjunkturellen Lage und deren Aussichten in Deutschland.
Laut Bankenumfrage der Bundesbank (Bank Lending Survey) im Oktober 2016 sind die Kreditrichtlinien für Unternehmen nochmals günstiger geworden und dürften in den nächsten Monaten nahezu unverändert bleiben. Für Wohnungsbaukredite der privaten Haushalte haben sich die Kreditrichtlinien hingegen verschlechtert und dürften wohl auch demnächst restriktiver werden. Die Bedingungen für Konsumentenkredite sind hingegen vorübergehend etwas besser geworden.
Die Weltwirtschaft scheint sich im zweiten Halbjahr 2016 ein Stück weit zu beleben, trotz der problematischen politischen Weichenstellungen durch die Abstimmungen in Großbritannien und den USA: Der Entscheid für einen Austritt Großbritanniens aus der EU im Juni hat das Pfund zwar deutlich geschwächt, die britische Konjunktur ist aber robust geblieben. Der Ausgang der Präsidentenwahl in den USA Anfang November hat die Kapitalmarktzinsen in den USA und anderswo sowie die Aktienkurse von US-Finanztiteln steigen lassen, ansonsten sind die Finanzmarktreaktionen bisher aber begrenzt geblieben. Was die Realwirtschaft betrifft, war die Produktion in den USA und auch in Japan im dritten Quartal deutlich stärker gestiegen als zuvor, und die chinesische Konjunktur blieb kräftig. Im Euroraum ohne Deutschland war der Zuwachs mit 0,4% etwas kräftiger als hierzulande. Weltweit haben sich Stimmung und Erwartungen im September und Oktober aufgehellt. Das liegt vor allem an den großen Schwellenländern Russland, Indien und auch Brasilien, obwohl die dortige Rezession noch nicht vorüber ist. Noch nicht ausgemacht ist, ob sich die verschiedentlich etwas kräftigeren Binnenkonjunkturen auch in einer Belebung des seit geraumer Zeit ausgesprochen schwachen Welthandels niederschlagen. Nur dann würde auch die deutsche Konjunktur von der weltweiten Belebung profitieren.
Alles in allem signalisiert der IWH-Flash-Indikator für Deutschland einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,5% im vierten Quartal 2016 und um 0,2% für das erste Quartal 2017.