IWH-Indikatoren zur Kapitalmarktregulierung: Hinweise auf eine Renaissance der Kapitalverkehrskontrollen
Makram El-Shagi
in: Wirtschaft im Wandel,
No. 6,
2011
Abstract
Mittels der hier erstmals vorgestellten IWH-Indikatoren zur Beschreibung der Regulierungsintensität internationaler Kapitalmärkte ist es möglich, Kapitalverkehrskontrollen künftig mit ökonometrischen Verfahren zu evaluieren. Der Datensatz deckt über 150 Länder und einen Zeitraum von bisher 13 Jahren (1997 bis 2009) ab. Er unterscheidet Kapitalverkehrskontrollen nicht nur nach ihrer Intensität, sondern auch nach der Richtung (Zufluss oder Abfluss) der regulierten Kapitalströme. So kann den unterschiedlichen Folgen von Kapitalmarktpolitik Rechnung getragen werden, je nachdem, ob sie durch Zuflusskontrollen dem Aufbau riskanter Außenpositionen entgegenwirken möchte, oder ob sie – wesentlich weiter verbreitet – auf eine Erhöhung des heimischen
Kapitalangebots abzielt. Die explizite Berücksichtigung von diskretionären Entscheidungsspielräumen gestattet es darüber hinaus, auch die institutionelle Ausgestaltung von Kapitalverkehrskontrollen in die empirische Analyse
einzubeziehen. Erste Auswertungen der Indikatoren zeigen in der Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise eine weltweite Renaissance der Regulierung grenzüberschreitender Kapitalströme. Der Anteil regulierter Teilmärkte ist von 2007 bis 2009 global um ca. zehn Prozentpunkte angestiegen. Kapitalimporte und -exporte sind dabei in ähnlicher Form betroffen. Der Anstieg der Kontrollintensität geht nicht auf massive Eingriffe einzelner Staaten zurück, sondern ist
über alle betrachteten Ländergruppen hinweg zu beobachten. Teilweise, wie z. B. in den Transformationsökonomien des früheren Warschauer Paktes, wurden viele Jahre der Liberalisierungsanstrengungen in kurzer Zeit kompensiert. Diese Entwicklung ist insofern bedenklich, als dass sich theoretische Überlegungen bezüglich Kapitalverkehrskontrollen stark widersprechen und auch keine empirische Evidenz vorliegt, die eine solche Politik rechtfertigt.
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