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Deutsche Konjunktur All on one pageDeutsche Konjunktur: Aufschwung verlangsamt sich
Die deutsche Wirtschaft ist seit fünf Jahren im Aufschwung. Nach kürzlich veröffentlichten Revisionen der amtlichen Statistik war die Expansion in den vergangenen Jahren sogar deutlich kräftiger als bisher angegeben (vgl. Kasten K2). Seit dem Jahr 2014 hat das Bruttoinlandsprodukt im Schnitt um jährlich etwa 2,1% zugelegt. Wichtige Treiber des Aufschwungs sind die außerordentlich günstigen Finanzierungsbedingungen, hinzu kommt eine starke Expansion der Beschäftigung. Sie ist nicht nur Spiegel der guten Konjunktur, sondern deutet auch auf eine strukturelle Verbesserung auf den Arbeitsmärkten hin. Schließlich sinkt die Arbeitslosenquote, mit einer kurzen Unterbrechung in der Großen Rezession 2008/2009, seit nunmehr bald dreizehn Jahren. Im vergangenen Jahr hat die deutsche Exportwirtschaft zudem von der guten Weltkonjunktur profitiert.
Die Nachfrage aus dem Ausland hat allerdings im ersten Halbjahr 2018 etwas an Schwung verloren. Dabei spielt die Verteuerung deutscher Produkte aufgrund der Aufwertung des Euro seit dem Frühjahr 2017 (real effektiv um etwa 5%) eine Rolle, aber wohl auch eine Verunsicherung aufgrund der weltweiten Handelskonflikte. Die Expansion des privaten Konsums, der Bruttoanlageinvestitionen, und auch der Beschäftigung hat sich dagegen in ähnlichem Tempo wie im Vorjahr fortgesetzt. Dass auch die Beschäftigung im exportorientierten Verarbeitenden Gewerbe deutlich zunimmt, deutet darauf hin, dass die Unternehmen in nächster Zukunft keinen Einbruch der ausländischen Nachfrage erwarten.
Die Frühindikatoren für das Verarbeitende Gewerbe bieten ein gemischtes Bild. Die Auftragseingänge sind in der ersten Jahreshälfte im Trend rückläufig. Ebenso rückläufig war der ifo Geschäftsklimaindex, bis er vor allem in seiner Erwartungskomponente im August kräftig stieg. Hier dürfte sich die Trump-Juncker-Absprache von Ende Juli niederschlagen, denn mit den zuvor von amerikanischer Seite angedrohten Zollerhöhungen ist zumindest für die nächste Zukunft wohl nicht mehr zu rechnen. Weiterhin sehr günstig sind die Finanzierungskosten von Unternehmen und privaten Haushalten. Die Bankenumfrage der Bundesbank (Bank Lending Survey) vom Juli 2018 zeigt, dass die Kreditrichtlinien für Unternehmen und private Haushalte in den vergangenen drei Monaten sogar noch weiter gelockert wurden. Dies wirkt sich positiv auf die Kreditnachfrage nach Unternehmens- und Wohnungsbaukrediten aus, und auch in den kommenden Monaten dürfte die Kreditvergabe weiter deutlich expandieren. Allerdings dürften hohe Kapazitätsauslastungen und Engpässe beim Beschäftigungsaufbau eine weitere kräftige Expansion behindern. Alles in allem zeigt der IWH-Flash-Indikator für das aktuelle Quartal einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,35% an (vgl. Abbildung 2). Für das vierte Quartal deuten Umfrageindikatoren wie das ifo Geschäftsklima und der Einkaufsmanagerindex auf eine Expansionsrate von 0,4% hin. Damit dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2018 um 1,8% höher liegen als im Jahr 2017. Diese Rate ist etwas höher als das Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft, sodass die Überauslastung weiter langsam zunimmt (vgl. Kasten K3).
Für eine Fortsetzung des Aufschwungs im Jahr 2019 spricht vor allem, dass die EZB weiter für sehr günstige Finanzierungsbedingungen sorgen dürfte. Die jüngsten recht hohen Tarifabschlüsse berücksichtigen neben der günstigen Konjunktur auch die gestiegene Inflation. Dies dürfte der Konsumnachfrage der privaten Haushalte zugute kommen. Zudem gibt die im Jahr 2019 deutlich expansiv ausgerichtete Finanzpolitik der Konjunktur Rückenwind, insbesondere über Steuererleichterungen und Mehrausgaben im Gesundheitswesen sowie über die Ausweitung monetärer Sozialleistungen (vgl. Kasten 1). Im Jahr 2019 beträgt der Zuwachs nach vorliegender Prognose 1,7%, im Jahr 2020 1,8%. Allerdings gibt es im Jahr 2020 mehr Arbeitstage als im Jahr 2019, darum bereinigt dürfte die Dynamik im Jahr 2020 nicht mehr zunehmen (vgl. Tabelle A3), denn dann wird auch die EZB langsam die Geldpolitik normalisieren. Für das Jahr 2018 reicht das 68%-Prognoseintervall für den Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 1,5% bis 2,2%, für das Jahr 2019 von 0,2% bis 3,3% (vgl. Abbildung 3). Nicht unerhebliche Risiken für dieses Konjunkturbild kommen allerdings von der internationalen Konjunktur (siehe oben).
Der Arbeitsmarkt entwickelte sich erneut ausgesprochen günstig. Die Zahl der Erwerbstätigen nahm im zweiten Quartal 2018 um 87 000 Personen bzw. 0,2% gegenüber dem Vorquartal zu. Getragen wurde der Beschäftigungsaufbau erneut von der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die registrierte Arbeitslosigkeit nahm im zweiten Quartal 2018 um 39 000 Personen gegenüber dem Vorquartal ab. Der Rückgang war damit erneut geringer als der Beschäftigungsaufbau. Dies ist durch die weitere – wenn auch abgeschwächte – Zunahme des Erwerbspersonenpotenzials bedingt.
Die Beschäftigung dürfte im gesamten Prognosezeitraum weiter zunehmen (vgl. Abbildung A4). Dafür spricht auch die weitere Zunahme der offenen Stellen, deren Niveau ausgesprochen hoch ist. Auch das ifo Beschäftigungsbarometer weist wieder nach oben. Insgesamt wird die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2018 wohl um 1,3% und im Folgejahr um 0,8% zunehmen. Die Arbeitslosenquote wird im Jahr 2018 bei 5,2% und im Jahr 2019 bei 4,9% liegen.
Mit kräftig zulegenden Bruttolöhnen und -gehältern und einer weiterhin rückläufigen Zahl der Arbeitslosen wird sich der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo im laufenden Jahr auf 1,8% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt erhöhen. In den Jahren 2019 und 2020 dürfte sich der Haushaltsüberschuss aufgrund der expansiv ausgerichteten Finanzpolitik etwas verringern. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt beläuft sich der Finanzierungssaldo des Staates im Jahr 2019 auf 1,4% und im Jahr 2020 auf 1,3% (vgl. Tabelle in der Zusammenfassung). Der strukturelle Finanzierungssaldo verringert sich von 1,7% im Jahr 2018 auf 1,1% im Jahr 2020 (vgl. Tabelle 1).
In Ostdeutschland hat die Produktion im Jahr 2017 um drei Zehntelprozentpunkte langsamer zugelegt als in Gesamtdeutschland. Ausschlaggebend war eine geringere Dynamik beim Bau und im Verarbeitenden Gewerbe. Die Exporte haben dagegen in etwa so stark expandiert wie in Westdeutschland. An dieser Konstellation dürfte sich in den nächsten Jahren grundsätzlich nichts ändern. So deutet sich auch für das Jahr 2018 an, dass die Expansion im ostdeutschen Verarbeitenden Gewerbe etwas hinter der in Westdeutschland zurückbleibt. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in Ostdeutschland in den Jahren 2018 bis 2020 jährlich um etwa 1½% expandieren. Die ostdeutsche Arbeitslosenquote wird weiter sinken und im Jahr 2020 wohl bei 6,4% liegen.