Humankapital und Produktivität in Ostdeutschland
Joachim Ragnitz
Wirtschaft im Wandel,
No. 6,
2007
Abstract
Die Arbeitsproduktivität in der ostdeutschen Wirtschaft liegt nach wie vor um rund ein Viertel niedriger als in Westdeutschland. In der Literatur werden hierfür eine ganze Reihe unterschiedlicher Gründe angegeben. Bislang kaum untersucht wurde indes die Frage, inwieweit eine ungünstigere Ausstattung Ostdeutschlands mit gutqualifizierten Fachkräften hierfür verantwortlich sein könnte. Betrachtet man lediglich das „formale“ Qualifikationsniveau der ostdeutschen Erwerbstätigen, so weisen die ostdeutschen Länder diesbezüglich Vorteile auf. Grund hierfür ist die Politik der DDR, allen Personen im erwerbsfähigen Alter wenigstens eine qualifizierte Berufsausbildung zu ermöglichen. Allerdings berücksichtigt dieser Indikator nicht, daß ein Teil der damals erworbenen Qualifikationen infolge nicht-ausbildungsadäquater Beschäftigung, langandauernder Arbeitslosigkeit oder veränderter Qualifikationsanforderungen inzwischen obsolet geworden sein könnte. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit die Humankapitalstruktur anhand der tatsächlich ausgeübten Berufe approximiert. Es zeigt sich, daß ein verhältnismäßig großer Teil der ostdeutschen Beschäftigten in Berufen tätig ist, die nicht ihrer formalen Qualifikation entsprechen. Diese „unterwertige“ Beschäftigung führt dazu, daß insbesondere geringqualifizierte Personen am Arbeitsmarkt kaum noch Chancen haben, da entsprechende Arbeitsplätze mit besserqualifizierten Erwerbstätigen besetzt werden. Gleichzeitig zeigt sich, daß in den neuen Ländern Arbeitsplätze mit hohen Qualifikationsanforderungen in geringerem Maße verfügbar sind, als es in Westdeutschland der Fall ist. Ein Grund hierfür ist die spezifische Wirtschaftsstruktur in Ostdeutschland (hohes Gewicht wenig humankapitalintensiver Branchen). Gleichzeitig ist aber auch innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige eine geringere Humankapitalintensität zu verzeichnen, was damit zu tun hat, daß im Zuge des Engagements auswärtiger Investoren vielfach nur nachgelagerte Teile der Wertschöpfungskette in Ostdeutschland angesiedelt worden sind. Es läßt sich zeigen, daß der Produktivitätsrückstand der ostdeutschen Wirtschaft auch hierauf zurückgeführt werden kann. Problematisch ist die geringe Humankapitalintensität der Produktion aber auch aus einem zweiten Grund, denn gutqualifizierte Personen finden in Ostdeutschland nur schwer einen Arbeitsplatz. Da dies für sich genommen die Abwanderung verstärkt, besteht die Gefahr einer Verfestigung bestehender Strukturen mit der Folge, daß auch der weitere Konvergenzprozeß verlangsamt wird.
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Aktuelle Trends: Gibt es in Ostdeutschland eine Unternehmenslücke?
Joachim Ragnitz
Wirtschaft im Wandel,
No. 4,
2007
Abstract
In den neuen Ländern (ohne Berlin) gibt es gemessen an der Zahl der Einwohner deutlich weniger Selbständige als in Westdeutschland. Dies wird häufig als Indiz für eine „Unternehmenslücke“ (oder auch: eine „Unternehmerlücke“) angesehen, was wiederum entsprechende Existenzgründungsförderprogramme veranlaßt. Tatsächlich ist die Einwohnerzahl aber nur in eingeschränktem Maße als Referenzgröße geeignet. Geht man nämlich davon aus, daß eine bestimmte Marktgröße auch nur eine bestimmte Zahl von Unternehmen zuläßt, ist nicht die Bevölkerung, sondern vielmehr das Bruttoinlandsprodukt als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Dies erklärt sich durch Überlegungen zur optimalen Betriebsgröße, die im Umkehrschluß die Zahl der Unternehmen in einem Markt festlegt.
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Editorial
Ulrich Blum
Wirtschaft im Wandel,
No. 4,
2007
Abstract
Wer die Sprache und ihre Begriffe beherrscht, der beherrscht oft auch die politische Bühne. Das gilt für das stete Gleichsetzen der Neuen Bundesländer mit dem Mezzogiorno. Soll der Aufbau Ost skandalisiert werden, sind neue Probleme aufzuzeigen oder benötigt Ostdeutschland eine neue Wirtschaftspolitik? Auch wenn die ostdeutsche Industrie hohe Wachstumsraten besitzt, so hat sich doch der Aufholprozeß Ostdeutschlands relativ zu Westdeutschland in den vergangenen zehn Jahren stark abgeschwächt. Das IWH hat die Hintergründe oft analysiert und Empfehlungen gegeben. Westdeutsche Regionen in wirtschaftlich schwieriger Lage nutzen die bisher typisch ostdeutschen Argumentationsketten, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen.
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Considerable Export Potentials in Eastern Germany
Götz Zeddies
Wirtschaft im Wandel,
No. 2,
2007
Abstract
Die Bundesrepublik Deutschland nimmt bei der Exportleistung im internationalen Vergleich seit Jahren eine Spitzenstellung ein. Eine differenzierte Betrachtung der Ausfuhren Ost- und Westdeutschlands offenbart jedoch erhebliche regionale Unterschiede. So hat der Zusammenbruch der Absatzmärkte der ehemaligen DDR Anfang der neunziger Jahre zu einem nachhaltigen Einbruch der ostdeutschen Exporte geführt. Die Hoffnungen auf eine weitere Stärkung der gesamtdeutschen Exportwirtschaft im Zuge der Wiedervereinigung aufgrund der engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ostdeutschland und Mittel- und Osteuropa haben sich damit zunächst nicht erfüllt. Dennoch wurde weiterhin davon ausgegangen, daß sich insbesondere für Ostdeutschland im Zuge der voranschreitenden internationalen Integration und aufgrund der Nachfrageausweitungen der mittel- und osteuropäischen Länder nach der Überwindung der „Transformationsrezession“ erhebliche Exportchancen bieten. Obgleich die Exportzuwächse Ostdeutschlands in der jüngeren Vergangenheit in der Tat über den westdeutschen lagen, ist der Beitrag Ostdeutschlands zur gesamtdeutschen Exportleistung nach wie vor vergleichsweise gering. Im vorliegenden Beitrag werden in einer modellgestützten Analyse auf Basis eines Länderquerschnitts bilaterale Exportpotentiale geschätzt und anschließend die Ausschöpfung dieser Potentiale ermittelt. Dies geschieht sowohl für den Außenhandel Gesamtdeutschlands mit den wichtigsten europäischen Handelspartnerländern als auch gesondert für Ostund Westdeutschland. Dabei zeigt sich, daß Deutschland insgesamt gegenüber der Mehrzahl seiner europäischen Handelspartner sein geschätztes Exportpotential überschreitet. Die differenzierte Analyse für Ost- und Westdeutschland bestätigt jedoch die Hypothese, daß die hohe Exportleistung Deutschlands vom Westen getragen wird und Ostdeutschland sein Exportpotential gegenüber den betrachteten europäischen Ländern nur ungefähr zur Hälfte ausgeschöpft hat. Sowohl aus den unausgeschöpften Exportpotentialen als auch aus der stärkeren regionalen Konzentration auf die Wachstumsregion Mittel- und Osteuropa resultieren für Ostdeutschland erhebliche Exportsteigerungspotentiale.
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Leistungen und Defizite der Wirtschaftspolitik in Ostdeutschland. Ein Bericht über die Tagung
Mirko Titze
Deutschlandarchiv. Zeitschrift für das vereinigte Deutschland,
No. 5,
2007
Abstract
Der Beitrag ist ein Bericht über die Tagung „Der Traum vom Aufbau Ost: Ökonomie als Triebfeder der Einheit?“ vom 16. bis 18. März in Tutzing, die sich thematisch mit Erfolgen und Misserfolgen beim Aufbau Ost befasste. Es zeigte sich, dass der Aufbau Ost keinesfalls den von Uwe Müller propagierten „Supergau Deutsche Einheit“ darstellt. Vor dem Hintergrund von beginnenden Anpassungsprozessen in Westdeutschland und Westeuropa ist eine sachliche Diskussion mehr denn je notwendig. Der Beitrag fasst die wichtigsten Ergebnisse der Tagung zusammen. Unterschieden werden hier drei Themenfelder: Befund der ostdeutschen Wirtschaft vor und nach dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland, Diagnose wirtschaftlicher Anpassungsprozesse in Ostdeutschland und Therapiemöglichkeiten für eine Verbesserung der Situation.
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21.12.2006 • 42/2006
Gutachten zur Ermittlung haushaltsrelevanter Kennziffern - Gutachten im Auftrag des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt
Gegenstand dieser Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Helmut Seitz (TU Dresden) ist eine Analyse der fiskalischen Bedingungen in Sachsen-Anhalt auf der Landes- sowie der Gemeindeebene. Hintergrund der Analyse ist die bereits heute angespannte Haushaltslage im Land, die sich ohne sofortiges Umsteuern künftig noch verschärfen wird. Die wesentlichen Herausforderungen der nächsten Jahren bestehen dabei im Abbau der gegenwärtig bereits bestehenden Ausgabenüberhänge gegenüber den finanzschwachen Flächenländern Westdeutschlands (die den langfristigen „Benchmark“ darstellen) und in der Anpassung der Ausgaben an die rückläufigen Einnahmen infolge der Abschmelzung der Osttransferleistungen und der zu erwartenden Einnahmeausfälle aufgrund des demographischen Wandels.
Joachim Ragnitz
Interregional equalization policy in focus: Donor regions and beneficiary regions and their economic performance
Gerhard Heimpold, Peter Franz
Wirtschaft im Wandel,
No. 11,
2006
Abstract
Die Zukunft interregionaler Ausgleichspolitik wird derzeit intensiv diskutiert. Während in der Vergangenheit das Interesse der Ausgleichspolitik primär den Nehmerregionen und den dort erzielten Wirkungen galt, richtet sich neuerdings der Blick auch auf die „Geber“. Bei letzteren werden wachstumsdämpfende Entzugseffekte befürchtet, die angesichts rückläufiger gesamtwirtschaftlicher Wachstumsraten Anlaß böten, über die Zukunft der Ausgleichspolitik nachzudenken. Das IWH hat sich zusammen mit zwei Projektpartnern in diese Debatte durch eine Untersuchung eingebracht, die im Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung durchgeführt wurde. Im folgenden werden vom IWH gewonnene Befunde wiedergegeben, wie Nehmerund Geberregionen hinsichtlich ihrer Wirtschaftsleistung dastehen und welche Entwicklungsmuster sich im Zeitverlauf zeigen. Bezüglich des Niveaus der Wirtschaftsleistung, die am Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner gemessen wurde, zeigt sich erwartungsgemäß, daß die Geberregionen, allesamt westdeutsche Regionen, im Zeitraum 1992-2003 ein überdurchschnittliches BIP je Einwohner aufweisen; die Nehmerregionen, und zwar sowohl die ost- als auch (weniger stark) die westdeutschen dagegen ein unterdurchschnittliches. Bezüglich der Entwicklung der Wirtschaftsleistung, die anhand der Veränderungen beim relativen BIP je Einwohner (BIP je Einwohner der betreffenden Region in Relation zum Bundesdurchschnitt) gemessen wurde, zeigt sich, daß die ostdeutschen Nehmerregionen zunächst stark aufholen konnten, sich dieser Aufholprozeß jedoch nach 1998 deutlich abgeschwächt hat. Spiegelbildlich hat sich der Vorsprung der Geberregionen gegenüber dem bundesdurchschnittlichen BIP je Einwohner verringert, d. h., deren relatives BIP pro Kopf ging insgesamt zurück. Absolut gesehen stieg es jedoch. Eine ganze Reihe ostdeutscher Regionen, die 1992-1998 wachstumsstark waren, konnte diese Entwicklung danach nicht fortsetzen. Umgekehrt gehörte eine größere Zahl westdeutscher Regionen, die 1992-1998 ein stagnierendes oder rückläufiges relatives BIP je Einwohner aufwiesen, danach wieder zu den wachstumsstarken Räumen. Zusätzlich wurden die Beiträge der Regionen zum absoluten Zuwachs des BIP im Zeitraum 1998-2003 ermittelt: 30 von 271 Regionen erbringen etwa die Hälfte des gesamtwirtschaftlichen BIP-Zuwachses, davon sind 28 in Westdeutschland gelegen, 21 von ihnen sind Geberregionen. Dies spricht dafür, daß die Politik dafür sorgen sollte, den Regionen, die am meisten zur Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Leistung beitragen (und damit die wirtschaftlichen Grundlagen für die interregionale Ausgleichspolitik schaffen), weiterhin günstige Entwicklungsbedingungen zu sichern.
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Recent trends: Every other auxiliary job provided in East Germany
Hans-Ulrich Brautzsch
Wirtschaft im Wandel,
No. 7,
2006
Abstract
Dem Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitslose in Ostdeutschland begegnet die Bundesagentur für Arbeit mit einem überproportional hohen Angebot an Arbeitsgelegenheiten. Fast die Hälfe der im Juni 2006 in Deutschland angebotenen ca. 280 000 Arbeitsgelegenheiten stehen in Ostdeutschland zur Verfügung. Etwa 95% der Arbeitsgelegenheiten werden dabei in der sogenannten Mehraufwandsvariante (Zusatz- bzw. Ein-Euro-Jobs) bereitgestellt. Bei ca. 5% handelt es sich um die sogenannte Entgeltvariante, bei der ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet wird und bei der Hilfebedürftige an Stelle des Arbeitslosengeldes II das übliche Arbeitsentgelt erhalten. Je 100 Arbeitslose im Rechtskreis des SGB II wurden im Jahr 2005 in Ostdeutschland 15,9 und in Westdeutschland 8,6 Arbeitsgelegenheiten der Mehraufwands- und der Entgeltvariante gefördert.
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Ist die Frauenbeschäftigung im Osten höher als im Westen?
Hans-Ulrich Brautzsch, Cornelia Lang
Bundesarbeitsblatt Nr. 7,
2006
Abstract
Die Partizipation von ostdeutschen Frauen am Erwerbsleben wird in der öffentlichen Diskussion unterschiedlich beurteilt: Zum einen wird behauptet, die ostdeutschen Frauen würden deutlich stärker am Erwerbsleben teilnehmen als die westdeutschen. Dem steht die Auffassung gegenüber, dass sich die Erwerbsbeteiligung ostdeutscher Frauen weitgehend an die Verhältnisse im Westen angeglichen hat. Im Beitrag wird untersucht, mit Hilfe welcher Indikatoren die Erwerbsbeteiligung der ost- und westdeutschen Frauen gemessen werden kann. Es zeigt sich, dass je nach Wahl des Indikators der Stand der Annäherung der Erwerbsbeteiligung unterschiedlich bewertet werden kann. Die in etwa gleich hohe Erwerbstätigenquote in Ost- und Westdeutschland signalisiert, dass in Ost- und Westdeutschland in etwa gleich viele Frauen in den Arbeitsmarkt integriert sind. Aus diesem Blickwinkel ist in Ostdeutschland die Frauenbeschäftigung so hoch wie in Westdeutschland. Betrachtet man allerdings das geleistete Arbeitsvolumen, das je erwerbsfähiger Frau zur Verfügung steht, so liegt Ostdeutschland vor den alten Bundsländern. Die Erwerbsquote der Frauen liegt in Ostdeutschland über der in Westdeutschland. Sie weist darauf hin, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen im Osten nach wie vor mehr Frauen den Wunsch haben, erwerbstätig zu sein, als im Westen.
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03.07.2006 • 20/2006
Jeder zweite Zusatzjob wird im Osten angeboten
Dem Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitslose in Ostdeutschland begegnet die Bundesagentur für Arbeit mit einem überproportional hohen Angebot an Arbeitsgelegenheiten. Fast die Hälfe der im Juni 2006 in Deutschland angebotenen ca. 280 000 Arbeitsgelegenheiten stehen in Ostdeutschland zur Verfügung. Etwa 95% der Arbeitsgelegenheiten werden dabei in der sogenannten Mehraufwandsvariante (Zusatz- bzw. Ein-Euro-Jobs) bereitgestellt. Bei ca. 5% handelt es sich um die sogenannte Entgeltvariante, bei der ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet wird und bei der Hilfebedürftige an Stelle des Arbeitslosengeldes II das übliche Arbeitsentgelt erhalten. Je 100 Arbeitslose im Rechtskreis des SGB II wurden im Jahr 2005 in Ostdeutschland 15,9 und in Westdeutschland 8,6 Arbeitsgelegenheiten der Mehraufwands- und der Entgeltvariante gefördert.
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