IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten geht im Juni erneut zurück

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ist im Juni zum zweiten Mal in Folge gesunken. Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) mitteilt, sei die weitere Entwicklung des Insolvenzgeschehens im Sommer jedoch mit Unsicherheit behaftet.

Autoren Steffen Müller

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Juni bei 1 169 (vgl. Abbildung 1). Wie vom IWH prognostiziert, sinkt damit die Zahl leicht (um 8%) gegenüber dem Vormonat Mai. Der aktuelle Wert liegt 11% höher als im Juni vorigen Jahres und 24% über dem Juni-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Der Rückgang bei den Insolvenzen kommt in der Breite an. So lagen im Juni die Zahlen in allen Branchen zum Teil deutlich unter dem jeweiligen Höchstwert der vergangenen Jahre. Dieser wurde in vielen Branchen im April 2024 erreicht. 

Schließungen großer Arbeitgeber können zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten führen. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung der Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze.

Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im Juni gemeldet wurde, gut 
9 500 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten liegt damit unter dem Wert vom Mai. Verglichen mit Juni 2023 sind die Zahlen der von Großinsolvenzen betroffenen Beschäftigten im Juni 2024 etwa ein Drittel niedriger. In einem durchschnittlichen Juni der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie, waren mit ca. 11 000 betroffenen Jobs etwas mehr Arbeitsplätze gefährdet als im vorigen Monat (vgl. Abbildung 2).

Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um etwa zwei bis drei Monate vorausgehen. Diese Werte waren zwischen Januar und April deutlich gesunken. Deshalb hatte Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung, für Mai und Juni sinkende Insolvenzzahlen prognostiziert. Da die Frühindikatoren im Mai erneut angestiegen, aber im Juni wieder gesunken sind, ergibt sich für den weiteren Trend ein unscharfes Bild. „Wir rechnen damit, dass die Insolvenzzahlen im Juli wieder leicht nach oben gehen werden“, sagt Müller. Für die weiteren Monate zeichne sich aber noch kein stabiler Trend ab.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3).

Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet. Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.

Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.

Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.

Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

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