Mittelfristige Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Szenarien für die Erreichung der gesetzlichen Emissionsziele
Das Produktionspotenzial der deutschen Wirtschaft wächst bis zum Jahr 2029 lediglich mit einer jahresdurchschnittlichen Rate von 0,3% und damit deutlich schwächer als in den Jahren zuvor. Ursache ist eine ungünstigere Entwicklung aller drei Faktoren Arbeitsvolumen, Kapitalstock und totale Faktorproduktivität. „Das potenzielle Wachstum wird insbesondere durch den Rückgang des Arbeitsvolumens aufgrund der sinkenden Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter gedämpft“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH.
Das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit liegt in den Jahren 2025 bis 2029 bei ungefähr 2% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Monetäre Transfers und soziale Sachleistungen nehmen demographiebedingt stärker zu als das nominale Bruttoinlandsprodukt, und diese Mehrausgaben werden durch höhere Beitragssätze zu den Sozialversicherungen finanziert. Das strukturelle Haushaltsdefizit dürfte in der mittleren Frist den EU-Grenzwert von 1,5% übersteigen.
Auf Basis einer Langfristprojektion für die Produktion kann auch abgeschätzt werden, wie stark bei gegebener Gesetzeslage die CO2-Emissionen zurückgehen dürften. Es ist mit leicht sinkenden Treibhausgasemissionen zu rechnen. „Allerdings dürfte die gesetzlich vorgesehene Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 deutlich verfehlt werden, wenn keine weiteren Maßnahmen zur Minderung der Emissionen ergriffen werden“, so Oliver Holtemöller.
Die Auswirkungen einer Emissionsreduktion, die der auf EU-Ebene angestrebten Erreichung der Nettotreibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050 entspricht, werden in zwei Alternativszenarien analysiert: Im Emissionsmengen-Feinsteuerungsszenario wird angenommen, dass neben dem CO₂-Emissionshandel auch nicht marktbasierte Maßnahmen wie Verordnungen genutzt werden, um die Emissionsziele zu erreichen. Im Marktpreis-Szenario wird Klimaneutralität ausschließlich über CO₂-Emissionshandel mit europaweit sinkender Mengenbeschränkung erreicht. Der gegenüber dem Feinsteuerungsszenario stärkere Anstieg der Energiepreise bedeutet stärkere Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung und einen schnelleren energiesparenden technischen Fortschritt. Der zur Erreichung der Emissionsziele erforderliche gesamtwirtschaftliche Produktionsverlust fällt deutlich niedriger aus als im Feinsteuerungs-Szenario, er ist aber nicht gänzlich zu vermeiden. Dies hat auch Konsequenzen für die Einhaltung der europäischen Schuldenregeln, welche seit ihrer Reform im Jahr 2024 stärker auf die Schuldenquote fokussieren. Und diese fällt ceteris paribus höher aus, wenn das Bruttoinlandsprodukt im Nenner der Quote geringer ist.
Die Langfassung der Projektion enthält drei Kästen:
Kasten 1: Rahmenbedingungen und Annahmen der Projektion
Kasten 2: Die IWH-Mittelfristprojektion vor dem Hintergrund der neuen EU-Fiskalregeln
Kasten 3: Makroökonomisches Modell
Langfassung:
Drygalla, Andrej; Heinisch, Katja; Holtemöller, Oliver; Lindner, Axel; Sardone, Alessandro; Schult, Christoph; Zeddies, Götz: Mittelfristige Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Szenarien für die Erreichung der gesetzlichen Emissionsziele. IWH, Konjunktur aktuell, Jg. 12 (4), 2024, 170-187. Halle (Saale) 2024.
Datenangebot:
Das IWH Forecasting Dashboard (ForDas) ist eine interaktive Plattform für den Vergleich makroökonomischer Prognosen verschiedener Institute zur deutschen Wirtschaft.
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Zugehörige Publikationen
Mittelfristige Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Szenarien für die Erreichung der gesetzlichen Emissionsziele
in: Konjunktur aktuell, 4, 2024
Abstract
<p>Das Produktionspotenzial der deutschen Wirtschaft wächst mittelfristig (2023 bis 2029) mit einer jahresdurchschnittlichen Rate von 0,3% und damit deutlich schwächer als in den Jahren zuvor. Dies ist auf eine ungünstigere Entwicklung aller drei Faktoren (Arbeitsvolumen, Kapitalstock, totale Faktorproduktivität) zurückzuführen. Das potenzielle Wachstum wird insbesondere durch den Rückgang der durchschnittlichen Arbeitszeit gedämpft.</p>