4. IWH/INFER-Workshop on Applied Economics and Economic Policy: “A New Fiscal Capacity for the EU?“
Am 17. und 18. März 2014 fand am IWH in Zusammenarbeit mit dem International Network for Economic Research (INFER) der 4. Workshop „Applied Economics and Economic Policy“ statt. Im Rahmen des Workshops stellten Wissenschaftler europäischer Universitäten und internationaler Organisationen ihre neuesten Forschungsergebnisse zu aktuellen ökonomischen Fragen und Problemen vor. Dabei war es nicht nur Ziel der Veranstaltung, aktuelle Forschungsergebnisse vorzustellen, sondern auch mit Vertretern aus Wissenschaft und Praxis über die aktuelle Wirtschaftspolitik und das Spezialthema „A New Fiscal Capacity for the EU?“ zu diskutieren.
30. April 2014
Thematisch umfassten die Vorträge ein breites Spektrum, in dem aktuelle wirtschaftspolitische Themen sowohl empirisch als auch theoretisch untersucht wurden. Mit Helge Berger (Berater des Internationalen Währungsfonds in der europäischen Abteilung sowie Freie Universität Berlin) und Lars Feld (Walter Eucken Institut Freiburg sowie Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) konnten zwei international renommierte Keynote Speaker gewonnen werden, die ihre unterschiedlichen Erfahrungen und Überzeugungen zur Fragestellung gemeinsamer europäischer Fiskalkapazitäten in die Diskussion einbrachten. Dadurch bekamen die Teilnehmer Einblicke in die aktuelle Debatte zu Möglichkeiten einer Zentralisierung europäischer Fiskalpolitik – sowohl aus Sicht eines Befürworters aus einer supranationalen Organisation als auch Sicht eines Kritikers.
Eine Fiskalunion für Europa
In seinem Keynote-Vortrag beschäftigte sich Helge Berger mit der Frage, ob die Europäische Währungsunion um eine Fiskalunion ergänzt werden sollte. Sein Ausgangspunkt war dabei, dass in einer Währungsunion ohne Fiskalunion Arbeits- und Kapitalmobilität für eine Teilung von Risiko gegeben sein müssen. Während die Arbeitsmobilität im gemeinsamen Währungsraum im internationalen Vergleich gering ist, scheint die Mobilität von Kapital bis zur Krise hoch gewesen zu sein. Seit 2008 kann allerdings eine steigende Tendenz beobachtet werden, Ersparnisse im Heimatland zu investieren. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Kapitalmärkte und insbesondere Banken eine gewisse Risikoteilung ermöglichen, aber diese gerade in Krisenzeiten nur eingeschränkt funktioniert. Daher ist, ähnlich wie in anderen föderal organisierten Staaten, eine Fiskalkapazität zur Kompensation von ungleich verteilten, transitorischen Schocks notwendig. Durch die Konzentration auf transitorische Schocks könnten permanente Transfers vermieden werden.
Ist eine vertiefte europäische Fiskalpolitik überhaupt notwendig?
Lars Feld hatte in seiner Keynote allerdings erhebliche Zweifel an der zielgerechten Umsetzbarkeit eines Instruments, das nicht zu permanenten Transfers führen soll. Schon allein Schwierigkeiten in der korrekten Bestimmung kontemporärer transitorischer Schocks führten dazu, dass es voraussichtlich anstatt der gewünschten gleichberechtigten Risikoteilung zu permanenten Transfers käme. Neben dem Problem der Messbarkeit lassen sich außerdem verschiedene Fehlanreize anführen, die problematisch für eine europäische Fiskalkapazität wären. Hierzu gehören beispielsweise moral hazard und fehlende Anreize für Budgetkonsolidierung und Strukturreformen. Die Keynote schloss mit dem Argument, dass die bestehenden und bereits geplanten gemeinsamen Instrumente wie das Verfahren zur Vermeidung makroökonomischer Ungleichgewichte, eine Bankenunion und der Europäische Stabilitätsmechanismus zur Risikoteilung vollkommen ausreichten, falls Anreize geschaffen würden, diese Instrumente frühzeitig in Anspruch zu nehmen.
Aktuelle Ergebnisse aus der Forschung
Weitere Vorträge befassten sich mit der Besonderheit von Fiskalpolitik in föderalen Systemen, der optimalen Gestaltung und Nachhaltigkeit von Fiskalpolitik sowie der Übertragung von Risiken zwischen dem Staatshaushalt und dem Finanzsystem. Im Mittelpunkt aller fünf Sessions stand die Kernfrage nach einer optimalen (föderalen) Fiskalpolitik, auch im Hinblick auf Zeiten der aktuellen Schulden- und Vertrauenskrise.
Die Veranstalter bedanken sich herzlich bei allen Gästen und Referenten für die Teilnahme und freuen sich darauf, die Konferenzserie im kommenden Jahr mit Präsentationen aus allen Bereichen der angewandten Wirtschaftspolitik fortsetzen zu können.