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Im Fokus: Die Entwicklung der Kernkapitalquoten der deutschen Banken seit der Finanzkrise

Das Eigenkapital einer Bank dient aus aufsichtsrechtlicher Sicht zwei Zielen: zum einen dem Ausgleich von Verlusten aus laufenden Geschäften oder der Begleichung von Gläubigeransprüchen im Insolvenzfall, zum anderen der Begrenzung von Verlustrisiken aus bestimmten Geschäften. Ein wichtiger Bestandteil des Eigenkapitals ist dabei das Kernkapital. Das Kernkapital ist der Anteil des Eigenkapitals einer Bank, der dem Institut dauerhaft zur Verfügung steht und somit als echter Verlustpuffer dienen kann. Bestandteile sind unter anderem das Stammkapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen oder eigene Aktien der Bank. Aus dem Kernkapital ergibt sich eine wichtige aufsichtsrechtliche Kenngröße: die Kernkapitalquote (Tier 1 Capital Ratio). Diese berechnet sich als das Verhältnis von Kernkapital zur Summe der Risikoaktiva einer Ba

30. Juni 2014

Autoren Manuel Buchholz Felix Noth

Seit der Finanzkrise haben die deutschen Banken ihre Kernkapitalquote im Zeitverlauf deutlich erhöht (vgl. Abbildung). Der Aufwärtstrend setzte sich mit wenigen Ausnahmen bis zum vierten Quartal 2013 fort. Die Deutsche Bank erhöhte ihre Kernkapitalquote im Zeitraum vom ersten Quartal 2007 bis zum vierten Quartal 2013 um 8,2 Prozentpunkte (von 8,7% auf 16,9%) und die Commerzbank um 6,6 Prozentpunkte (von 6,9% auf 13,5%). Neben den beiden großen deutschen privaten Geschäftsbanken (linke Grafik) folgen auch die Landesbanken (rechte Grafik) diesem Trend. Im Mittel liegt ihre Quote bei 6,7% im vierten Quartal 2007 und erhöht sich auf 14,8% im vierten Quartal 2013, was einem Anstieg von 8,1 Prozentpunkten entspricht.  Lediglich am aktuellen Rand (erstes Quartal 2014) weisen die vorliegenden Daten einen Rückgang der Quoten bei den privaten Geschäftsbanken aus.

Der Anstieg der Kernkapitalquoten wird bei den hier betrachteten Banken sowohl durch Zuwächse beim Kernkapital als auch durch Rückgänge der Risikoaktiva gespeist. Zwischen dem vierten Quartal 2007 und dem vierten Quartal 2013 erhöhte die Commerzbank ihr Kernkapital von 16,7 auf 25,7 Mrd. Euro (+53%) bei einem gleichzeitigen Rückgang der Risikoaktiva von 237,4 auf

190,6 Mrd. Euro (−20%). Das Kernkapital der Deutschen Bank wuchs im gleichen Zeitraum von 28,0 auf 50,7 Mrd. Euro (+81%), während sich die Risikoaktiva von 327,5 auf 300,0 Mrd. Euro reduzierten (−8%). Bei den Landesbanken stieg das Kernkapital im Schnitt um 13% an; zugleich verringerte sich das durchschnittliche Volumen der Risikoaktiva um 49%. 

Es ist zu vermuten, dass diese Entwicklung der letzten Jahre unter anderem auf die Anforderungen an die Kernkapitalquoten zurückzuführen ist, die in den EU-weiten Stresstests festgelegt wurden. So hatten nur jene Banken den Stresstest bestanden, die nach Abzug der simulierten Verluste mindestens eine harte Kernkapitalquote von 6% (im Jahr 2010) bzw. 5% (2011) aufweisen konnten.  Für die getesteten Finanzinstitute war dies abhängig von ihrer Portfoliostruktur nur zu erreichen, wenn sie zuvor einen ausreichend hohen Puffer über den Kapital-Schwellenwerten aufgebaut hatten.

Der bei der Mehrheit der Finanzinstitute zu beobachtende deutliche Anstieg der Kernkapitalquoten in den vergangenen Quartalen ist somit auch plausibel mit der durch die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit durchgeführten Prüfung der Asset-Qualität (Asset Quality Review – AQR) bei 128 europäischen Banken in Verbindung zu bringen. Hierfür wurden neben großen Teilen der Bankaktiva auch die Kernkapitalquoten zum vierten Quartal 2013 erfasst. Sollte sich aus der AQR ein höheres Risiko der Assets ergeben als von der Bank angegeben, muss die harte Kernkapitalquote gegebenenfalls nach unten korrigiert werden. Die angepassten Kapitalquoten wiederum bilden die Grundlage für den sich anschließenden EU-weiten Stresstest.  Die betroffenen Banken, die also möglicherweise mit einer geschwächten Kapitalbasis in den Stresstest gehen, haben daher einen Anreiz, im Vorfeld einen noch höheren Kapitalpuffer aufzubauen. Dies gilt insbesondere deshalb, da die Deckung der identifizierten Kapitallücken verpflichtend ist.

Der Rückgang der Kernkapitalquoten im ersten Quartal 2014 bei den beiden privaten Geschäftsbanken  (linke Grafik) bestärkt die These, dass die Erhöhung der Kernkapitalquoten bei Banken zumindest teilweise durch aufsichtsrechtliche Prüfungen induziert ist. Da nicht die aktuellen Zahlen, sondern die des vierten Quartals 2013 in die AQR eingegangen sind und ferner deren Ergebnisse keine bindende Wirkung für die Bilanzierung haben werden, scheint für die Banken aktuell kein Anreiz zu bestehen, die Kernkapitalquoten auf dem hohen Niveau zu belassen.

Außerdem in diesem Heft

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Kommentar: Auf welche Frage sind zwei Billionen die Antwort?

Oliver Holtemöller

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

Alle Jahre wieder wird berechnet, was wohl die Deutsche Einheit gekostet habe. Zuletzt veröffentlichte die Welt am Sonntag, dass knapp zwei Billionen Euro an Fördergeldern von West nach Ost geflossen seien. Die Berechnung dieser Kennzahl ist wenig umstritten, die Größenordnung ist einigermaßen plausibel: Es werden Nettotransfers von West nach Ost zwischen 1991 und 2013 aufsummiert (Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich, Solidarpakt II, Fonds Deutsche Einheit, regionaler Saldo der Sozialversicherungsleistungen usw.).

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Geriet die preisliche Wettbewerbsfähigkeit von Euroraum-Ländern nach Gründung der Währungsunion aus dem Gleichgewicht?

Makram El-Shagi Axel Lindner Gregor von Schweinitz

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

Waren die Peripherieländer im Euroraum am Vorabend der Eurokrise nicht mehr wettbewerbsfähig? Oder war die preisliche Wettbewerbsfähigkeit in den Kernländern wie Deutschland ungewöhnlich hoch? Antworten auf diese Fragen sind nicht einfach. Das gängige Maß für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit sind die realen effektiven Wechselkurse. Deren Bestimmungsfaktoren waren jedoch kurz vor der Krise selbst möglicherweise nicht im Gleichgewicht und lassen daher kaum Rückschlüsse auf gleichgewichtige Wechselkurse zu. Um dieses Messproblem zu umgehen, wird ein Matching-Ansatz zur Schätzung realer effektiver Wechselkurse verwendet. Dazu wird für jedes Mitgliedsland des Euroraums ein synthetisches Vergleichsland als Kombination mehrerer anderer Länder konstruiert, die den Euro nicht eingeführt haben. Es zeigt sich, dass die Peripherieländer des Euroraums am besten durch eine Mischung von Schwellenländern und entwickelten Volkswirtschaften beschrieben werden, während für ein Matching der Kernländer keine Schwellenländer notwendig sind. Die hier angewendete Methode zeigt, dass die realen effektiven Wechselkurse in den Peripherieländern zwischen Oktober 2007 und September 2008 teilweise deutlich zu hoch waren, während sie in den Kernländern mehr oder weniger nah bei ihrem Gleichgewichtsniveau lagen.

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Prognose-Update: Binnennachfrage treibt Aufschwung in Deutschland

Arbeitskreis Konjunktur

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

In Deutschland hat sich im Lauf des vergangenen Jahres ein binnenwirtschaftlich getriebener Aufschwung entwickelt, der gegenwärtig durch verstärkte Investitionstätigkeit zusätzlichen Schub erhält. Die Fremdfinanzierungskosten der Unternehmen sind aufgrund der sehr niedrigen Zinsen vorteilhaft, und die Absatzperspektiven sind gut: Wegen der fortgesetzten Ausweitung der Beschäftigung und recht deutlicher Lohnzuwächse ist damit zu rechnen, dass die privaten Haushalte ihren Konsum im Prognosezeitraum recht kräftig ausweiten werden. Vom außenwirtschaftlichen Umfeld kommen dagegen nur geringe Impulse. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte sowohl im laufenden als auch im kommenden Jahr um 2,0% steigen. Für das Jahr 2014 reicht das 66%-Prognoseintervall von 1,5% bis 2,4%, für das Jahr 2015 von 0,4% bis 3,6%.

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Zehn Fragen zur Deutschen Einheit

Gerhard Heimpold

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

Internationale Medien haben ein anhaltend großes Interesse an den wirtschaftlichen Entwicklungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands. Dies gilt in spezieller Weise für Südkorea, das die Erfahrung eines geteilten Landes mit Deutschland gemeinsam hat. Dort wird der 25. Jahrestag des Mauerfalls zum Anlass genommen, über die deutsche Entwicklung zu berichten und wenn möglich für die Zukunft des eigenen Landes Lehren zu ziehen. Am 20. März 2014 wurde Dr. Gerhard Heimpold, kommissarischer Leiter der Abteilung Strukturökonomik des IWH, von einem Team des Fernsehsenders „Korean Broadcasting Systems“ (KBS), einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in der Republik Korea, zur Deutschen Einheit sowie zum wirtschaftlichen Aufholprozess der Neuen Länder und speziell Sachsen-Anhalts interviewt. Eine Schriftfassung dieses Gesprächs wird nachfolgend wiedergegeben.

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