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Kommentar: Auf welche Frage sind zwei Billionen die Antwort?

Alle Jahre wieder wird berechnet, was wohl die Deutsche Einheit gekostet habe. Zuletzt veröffentlichte die Welt am Sonntag, dass knapp zwei Billionen Euro an Fördergeldern von West nach Ost geflossen seien. Die Berechnung dieser Kennzahl ist wenig umstritten, die Größenordnung ist einigermaßen plausibel: Es werden Nettotransfers von West nach Ost zwischen 1991 und 2013 aufsummiert (Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich, Solidarpakt II, Fonds Deutsche Einheit, regionaler Saldo der Sozialversicherungsleistungen usw.).

30. Juni 2014

Autoren Oliver Holtemöller

Aber was bedeutet diese Zahl? Sind zwei Billionen Euro viel oder wenig in Relation zu dem damit Erreichten? Man weiß es nicht. Die bloße Information über die Höhe der Transfers ist ziemlich nutzlos. Wozu soll man die nominale Summe der Transfers in Relation setzen, um sie zu bewerten? Historische Vergleiche? – Kein Präzedenzfall bekannt. Internationale Vergleiche? – Vereinigungen kommen selten vor. Angemessen wäre der Vergleich dieses Zahlungsstroms mit dem, was damit erreicht wurde. Eine derartige Wirkungsanalyse wirft allerdings viele Fragen auf. Wie bewertet man den Nutzen der entsprechenden Ausgaben? Und wer profitiert davon? Von Autobahnen in Ostdeutschland profitieren beispielsweise nicht nur Ostdeutsche, sondern auch der Transit. Von den Investitionen in die Hochschulen gehen ebenfalls nicht nur regionale Wirkungen aus. Auch die regionale Umverteilung über das Sozialsystem kann nicht nur durch die Ost-West-Brille gesehen werden; bei der Rente spielt etwa die unterschiedliche Altersstruktur eine wichtige Rolle.

Die Suggestion, zwei Billionen Euro seien aufgewendet worden, um die Lebensverhältnisse in Ost und West anzugleichen, ist trügerisch. Die Zahl zwei Billionen ist die Antwort auf eine Frage, die gar nicht sinnvoll formuliert werden kann. Im Zentrum der Diskussion sollte weniger die Frage stehen, wie viel im Rahmen der Deutschen Einheit insgesamt ausgegeben wurde, sondern vielmehr, ob die mit den Ausgaben verknüpften Ziele erreicht wurden, und: Könnten die Ziele mit geringerem finanziellen Aufwand erreicht werden? Doch nicht einmal die Ziele selbst sind gesellschaftlicher Konsens: Lassen sich einheitliche Lebensverhältnisse in Ost und West überhaupt erreichen? Oder könnten regional unterschiedliche Lebensverhältnisse – nicht nur zwischen Ost und West – letztlich unvermeidlich sein?

Außerdem in diesem Heft

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Geriet die preisliche Wettbewerbsfähigkeit von Euroraum-Ländern nach Gründung der Währungsunion aus dem Gleichgewicht?

Makram El-Shagi Axel Lindner Gregor von Schweinitz

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

Waren die Peripherieländer im Euroraum am Vorabend der Eurokrise nicht mehr wettbewerbsfähig? Oder war die preisliche Wettbewerbsfähigkeit in den Kernländern wie Deutschland ungewöhnlich hoch? Antworten auf diese Fragen sind nicht einfach. Das gängige Maß für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit sind die realen effektiven Wechselkurse. Deren Bestimmungsfaktoren waren jedoch kurz vor der Krise selbst möglicherweise nicht im Gleichgewicht und lassen daher kaum Rückschlüsse auf gleichgewichtige Wechselkurse zu. Um dieses Messproblem zu umgehen, wird ein Matching-Ansatz zur Schätzung realer effektiver Wechselkurse verwendet. Dazu wird für jedes Mitgliedsland des Euroraums ein synthetisches Vergleichsland als Kombination mehrerer anderer Länder konstruiert, die den Euro nicht eingeführt haben. Es zeigt sich, dass die Peripherieländer des Euroraums am besten durch eine Mischung von Schwellenländern und entwickelten Volkswirtschaften beschrieben werden, während für ein Matching der Kernländer keine Schwellenländer notwendig sind. Die hier angewendete Methode zeigt, dass die realen effektiven Wechselkurse in den Peripherieländern zwischen Oktober 2007 und September 2008 teilweise deutlich zu hoch waren, während sie in den Kernländern mehr oder weniger nah bei ihrem Gleichgewichtsniveau lagen.

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Im Fokus: Die Entwicklung der Kernkapitalquoten der deutschen Banken seit der Finanzkrise

Manuel Buchholz Felix Noth

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

Das Eigenkapital einer Bank dient aus aufsichtsrechtlicher Sicht zwei Zielen: zum einen dem Ausgleich von Verlusten aus laufenden Geschäften oder der Begleichung von Gläubigeransprüchen im Insolvenzfall, zum anderen der Begrenzung von Verlustrisiken aus bestimmten Geschäften. Ein wichtiger Bestandteil des Eigenkapitals ist dabei das Kernkapital. Das Kernkapital ist der Anteil des Eigenkapitals einer Bank, der dem Institut dauerhaft zur Verfügung steht und somit als echter Verlustpuffer dienen kann. Bestandteile sind unter anderem das Stammkapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen oder eigene Aktien der Bank. Aus dem Kernkapital ergibt sich eine wichtige aufsichtsrechtliche Kenngröße: die Kernkapitalquote (Tier 1 Capital Ratio). Diese berechnet sich als das Verhältnis von Kernkapital zur Summe der Risikoaktiva einer Ba

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Prognose-Update: Binnennachfrage treibt Aufschwung in Deutschland

Arbeitskreis Konjunktur

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

In Deutschland hat sich im Lauf des vergangenen Jahres ein binnenwirtschaftlich getriebener Aufschwung entwickelt, der gegenwärtig durch verstärkte Investitionstätigkeit zusätzlichen Schub erhält. Die Fremdfinanzierungskosten der Unternehmen sind aufgrund der sehr niedrigen Zinsen vorteilhaft, und die Absatzperspektiven sind gut: Wegen der fortgesetzten Ausweitung der Beschäftigung und recht deutlicher Lohnzuwächse ist damit zu rechnen, dass die privaten Haushalte ihren Konsum im Prognosezeitraum recht kräftig ausweiten werden. Vom außenwirtschaftlichen Umfeld kommen dagegen nur geringe Impulse. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte sowohl im laufenden als auch im kommenden Jahr um 2,0% steigen. Für das Jahr 2014 reicht das 66%-Prognoseintervall von 1,5% bis 2,4%, für das Jahr 2015 von 0,4% bis 3,6%.

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Zehn Fragen zur Deutschen Einheit

Gerhard Heimpold

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2014

Abstract

Internationale Medien haben ein anhaltend großes Interesse an den wirtschaftlichen Entwicklungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands. Dies gilt in spezieller Weise für Südkorea, das die Erfahrung eines geteilten Landes mit Deutschland gemeinsam hat. Dort wird der 25. Jahrestag des Mauerfalls zum Anlass genommen, über die deutsche Entwicklung zu berichten und wenn möglich für die Zukunft des eigenen Landes Lehren zu ziehen. Am 20. März 2014 wurde Dr. Gerhard Heimpold, kommissarischer Leiter der Abteilung Strukturökonomik des IWH, von einem Team des Fernsehsenders „Korean Broadcasting Systems“ (KBS), einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in der Republik Korea, zur Deutschen Einheit sowie zum wirtschaftlichen Aufholprozess der Neuen Länder und speziell Sachsen-Anhalts interviewt. Eine Schriftfassung dieses Gesprächs wird nachfolgend wiedergegeben.

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