Im Fokus: Industrielle Kerne in Ostdeutschland und wie es dort heute aussieht – Das Beispiel des Metallurgiestandorts Eisenhüttenstadt
Der Metallurgiestandort Eisenhüttenstadt gehörte zu den industriellen Kernen, um deren Erhalt nach Herstellung der Einheit Deutschlands gerungen wurde. Der Beitrag untersucht, wie der Kern nach mehr als 25 Jahren Deutscher Einheit dasteht und welche Entwicklung sich vollzogen hat. Das Eisenhüttenstädter Unternehmen bildet weiterhin den prägenden industriellen Kern für die Region, bei starkem Beschäftigungsrückgang. Nach der Übernahme durch den privaten Investor Ende 1994 wurde die bis dahin existierende produktivitätsmindernde Lücke in der Wertschöpfungskette durch Errichtung eines Warmwalzwerks geschlossen. Auch ein neuer Hochofen wurde errichtet. Das Eisenhüttenstädter Werk gehört heute zu ArcelorMittal, dem weltweit größten Stahlkonzern, und ist einer von vier Stahlproduktionsstandorten des Konzerns in Deutschland. Geforscht wird an anderen Standorten außerhalb Deutschlands. Hergestellt werden qualitativ hochwertige Flachstähle für die zentral- und osteuropäischen Märkte. Die Produktion ist hochmodern und wettbewerbsfähig, sieht sich aber insbesondere durch Importwettbewerb und Pläne der EU-Kommission für den Emissionsrechtehandel herausgefordert. Weiterer Strukturwandel und wirtschaftliche Diversifizierung sind in Eisenhüttenstadt vonnöten.
18. Juli 2016
Inhalt
Seite 1
Seite 2
Historische UrsprüngeSeite 3
Beschäftigung Auf einer Seite lesenDer Beitrag setzt eine begonnene Artikelserie über industrielle Kerne in Ostdeutschland fort. Die Politik zum Erhalt industrieller Kerne zielte in den 1990er Jahren auf ehemals volkseigene Betriebe, für die sich kurzfristig kein privater Investor fand. Hinter den Bemühungen um den Erhalt industrieller Kerne stand die Vorstellung, dass ohne eine industrielle Basis die betreffenden Regionen sehr ungünstige Entwicklungsperspektiven hätten. Heute, mehr als 25 Jahre nach Herstellung der Deutschen Einheit, kann die Frage gestellt werden, ob damals die Weichen so gestellt wurden und sich die Dinge in einer Weise entwickelt haben, dass die modernisierten Kerne unter den Bedingungen einer international arbeitsteiligen Wirtschaft weiter günstige Entwicklungsmöglichkeiten haben?
Aus regionalökonomischer Sicht sind Entwicklungsbedingungen an einem Standort als besonders günstig anzusehen, wenn eine moderne Sachkapitalausstattung gegeben ist, in die weiter investiert wird, gut qualifizierte Fachkräfte vorhanden sind, ein mit dem Kern verbundenes und zugleich diversifiziertes regionales Unternehmensumfeld existiert und möglichst auch strategische Unternehmensfunktionen, etwa eigene Forschung und Entwicklung, am Standort angesiedelt sind. Gegenstand des vorliegenden Beitrags ist der Metallurgiestandort Eisenhüttenstadt. Dabei wird der Blick nachfolgend vor allem auf
- die Modernisierung der Produktionsanlagen,
- die Beschäftigungssituation,
- die regionale Umgebung und den überregionalen Status des Unternehmens sowie die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten
gerichtet.
Vorangestellt wird ein Überblick über die historischen Ursprünge des Unternehmens. Es geht also nicht nur um die Retrospektive, sondern auch um die Perspektiven. Motiviert wird dieses Herangehen auch durch neuere empirische Arbeiten zu den langfristigen Folgen von Industrialisierung.