Kommentar: Für mehr Ehrlichkeit in der Rentendebatte
Durch die steigende Lebenserwartung und die geringen Geburtenraten wird in Zukunft eine abnehmende Zahl von Erwerbstätigen in Deutschland die Rentenleistungen für eine steigende Zahl von Rentnern finanzieren müssen. Während im Jahr 2016 auf 100 Beschäftigte 53 Rentner kommen, werden es im Jahr 2050 mehr als 80 Rentner sein. Diese Entwicklung führt zu einer zunehmenden Verunsicherung in der Bevölkerung hinsichtlich der zukünftigen Leistungsfähigkeit der umlagefinanzierten Altersversorgung. Auf diese Verunsicherung antwortete die Politik kürzlich wieder mit der Formulierung einer so genannten doppelten Haltelinie. Diese beinhaltet eine untere Grenze für das Sicherungsniveau und eine obere Grenze für den Beitragssatz.
15. Dezember 2016
Möglich ist das nur, wenn die Bundeszuschüsse in Zukunft kräftig erhöht werden. Das ist ein ungedeckter Scheck, denn die Finanzierung dieser Bundeszuschüsse bleibt ungeklärt. Die aktuelle Situation mit niedrigen Zinsen und hohen Steuereinnahmen scheint für die Politik zu verlockend zu sein, nach der abschlagsfreien Rente ab 63 Jahren die knappen Ressourcen weiter zu verbrauchen, ohne an die Zukunftsfähigkeit des Generationenvertrags zu denken. Zusätzliche Leistungen für die Älteren sollen durch Mehrbelastungen der Jüngeren finanziert werden. Generationengerechtigkeit sieht anders aus. Viel sinnvoller wäre es, mehr Ressourcen für Investitionen in die mancherorts bröckelnde Infrastruktur und vor allem in Bildung und Forschung aufzuwenden.
Die Bundeszuschüsse sind in der Vergangenheit bereits gestiegen, weil zahlreiche nicht beitragsgedeckte Leistungen in die gesetzliche Rentenversicherung inte griert wurden. Derartige Leistungen zielen meist darauf ab, die Gefahr von Altersarmut einzudämmen. Sie sind allerdings, wie beispielsweise die gegenwärtig viel diskutierte Lebensleistungsrente, oft ein stumpfes Politikinstrument. Da nicht jeder Haushalt, der geringe Rentenansprüche erwirbt, gleichzeitig auch arm ist, können finanzielle Hilfen zur Armutsbekämpfung zielgerechter in Verbindung mit entsprechenden Bedürftigkeitsprüfungen außerhalb des Rentensystems geleistet werden. Die Diskussion um die Anpassung der Renten zwischen Ost und West läuft ebenfalls auf eine weitere Umverteilung von Jung zu Alt hinaus. Ältere profitieren von der schnelleren Anpassung der Rentenwerte, während die Jüngeren aufgrund der wegfallenden Höherbewertung der Löhne schlechter gestellt werden. Mit Ost-West-Gerechtigkeit hingegen hat das wenig zu tun, denn die Ost-Renten fallen insgesamt gegenwärtig keineswegs niedriger aus als die West-Renten.
Solange die Politik vorgibt, dass bei der Rentenversicherung gleichzeitig Beiträge, Rentenniveau und Renteneintrittsalter mit Haltelinien stabil gehalten und auch noch Altersarmut von Menschen mit zu geringen Rentenansprüchen innerhalb des Rentensystems behoben werden kann, ist eine tragfähige Lösung noch weit entfernt. Denn auch die Lastenverschiebung über Bundeszuschüsse lässt sich nicht ewig fortsetzen.