Inhalt
Seite 1
Wie politische Faktoren staatliche Ausfallrisiken beeinflussen können
Seite 2
Empirische Analyse: Investoren honorieren Regierungen der Mitte und politische Stabilität
Seite 3
Ländergruppen unterscheiden sich hinsichtlich der Relevanz politischer Faktoren Auf einer Seite lesen

Es kann kein signifikanter Effekt von Wahlen festgestellt werden. Während Ratingagenturen Staats­anleihen in Wahljahren oft herabstufen, weicht das von Investoren wahrgenommene Ausfallrisiko in Wahl- oder Vorwahljahren nicht von den übrigen Jahren ab.
Investoren scheinen zu erwarten, dass auf eine expansive Fiskalpolitik vor der Wahl typischerweise eine fiskalische Konsolidierung nach der Wahl folgt.

Die politische Ideologie der Regierung spielt hingegen für Investoren eine entscheidende Rolle für die Bepreisung von Staatsanleihen. Die Regressionskoeffizienten zeigen, dass Länder mit einer Linksregierung (Rechtsregierung) durchschnittlich um 2,6 Prozentpunkte (3,9 Pro­zentpunkte) höhere Risikoaufschläge zahlen müssen als Länder, die von Zentrumsparteien regiert werden. Neben der Erwartung einer pragmatischeren Regierungsführung von Zentrumsregierungen könnten Investoren damit rechnen, dass ideologisch motivierte Zahlungsausfälle bei diesen Ländern weniger wahrscheinlich sind.

Auch der Index für politische Stabilität liefert einen signifikanten Erklärungsbeitrag für das staatliche Ausfallrisiko. Ein um zwei Punkte höherer Index für politische Stabilität (dies entspricht bspw. für das Jahr 2009 dem Unterschied zwischen dem stabilen Chile und dem krisengeschüttelten Venezuela) ist mit einer Reduzierung der Risikoprämie um 6,6 Prozentpunkte verbunden.

Investoren schätzen politische Stabilität aus vielerlei Gründen. Zum einen erhöhen häufige irreguläre Regime­veränderungen das Risiko, dass sich die gegenwärtige Regierung nicht an die von der Vorgängerregierung aufgenommenen Staatsschulden gebunden fühlt. Jedoch führen auch häufige demokratische Regierungswechsel im Zuge von Misstrauensvoten oder vorgezogenen Wahlen zu einem höheren Ausfallrisiko, da Investoren mutmaßen, dass sich für die politischen Akteure solcher Länder der Anreiz zu einer langfristig ausgelegten, sparsamen Fiskalpolitik verringert.

Überprüft wurde auch, ob die Handlungsfähigkeit der amtierenden Regierung das Ausfallrisiko beeinflusst. Fiskalische Konsolidierung oder Wirtschaftsreformen, so die These, setzen eine handlungsfähige Regierung mit einem starken Mandat voraus. Es kann jedoch kein signifikanter Effekt der Stärke der Regierungsmehrheit im Parlament auf das wahrgenommene Ausfall­risiko gefunden werden; auch der Grad der Fraktionalisierung der Regierungskoalition hat keinen statistisch signifikanten Einfluss.

__________________________

5 Die politische Ausrichtung der Regierungsparteien wird anhand
   der Database of Political Institutions der Weltbank vorgenommen.
   Im Falle Deutschlands würde eine CDU-geführte Bundesregierung
   etwa als rechte Regierung klassifiziert, eine SPD-geführte
   Bundesregierung gälte als links.

6 Die Variable Fraktionalisierung ist ein Herfindahl-Index
   der Stimmgewichte einzelner Parteien innerhalb einer
   Regierungskoalition, wobei höhere Werte eine
   konzentriertere Machtverteilung angeben.

7 Die Aufteilung der Länder erfolgt nach dem Polity-IV-Index,
   wobei Länder mit einem Indexwert über 5 als demokratisch,
   Länder mit einem Indexwert von gleich oder unter 5 als
   autokratisch klassifiziert werden (vgl. Fearon, J. D.; Laitin,
   D. D.: Ethnicity, Insurgency, and Civil War, in:
   American Political Science Review, Vol. 97 (1), 2003, 75-90).

 

Empirische Analyse: Investoren honorieren Regierungen der Mitte und politische Stabilität

Zur Analyse der politischen Determinanten staatlicher Ausfallrisiken werden 27 Schwellen- und Entwicklungsländer im Zeitraum von 1996 bis 2009 untersucht. Staat­liche Ausfallrisiken werden mittels Risikoprämien auf einheimische Staatsanleihen relativ zu US-Staatsanleihen, basierend auf dem Emerging Market Bond Index von JP Morgan,² gemessen.
Politische Faktoren werden mittels der Database of Political Institutions der Weltbank klassifiziert.³ Zudem kommen eine Vielzahl makroökonomischer, finanzieller und globaler Kontrollvariablen zum Einsatz, welche im Folgenden jedoch nicht weiter besprochen werden. Im Rahmen einer Panel-Regressionsanalyse werden fixe länder- und zeitspezifische Effekte sowie robuste Standardfehler berücksichtigt.
Die Ergebnisse der Regressionskoeffizienten (in Basispunkten) für das gesamte Länderset sind in Abbildung 2 dargestellt.4

Nächste Seite
Ländergruppen unterscheiden sich hinsichtlich der Relevanz politischer Faktoren

Empfohlene Publikationen

cover_journal-of-international-money-and-finance.png

The Political Determinants of Sovereign Bond Yield Spreads

Stefan Eichler

in: Journal of International Money and Finance, Nr. 46, 2014

Abstract

This paper analyzes the political determinants of sovereign bond yield spreads using data for 27 emerging markets in the period 1996 to 2009. I find strong evidence that countries with parliamentary systems (as opposed to presidential regimes) and a low quality of governance face higher sovereign yield spreads, while the degree of democracy and elections play no significant role. A higher degree of political stability and the power to implement austerity measures significantly reduce sovereign yield spreads particularly in autocratic regimes, while no significant effect is detected for democratic countries. Overall, political determinants have a more pronounced impact on sovereign bond yield spreads in autocratic and closed regimes than in democratic and open countries.

Publikation lesen

Außerdem in diesem Heft

cover_wirtschaft-im-wandel_2017-2.jpg

Trumps Bilanz nach sechs Monaten

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2017

Abstract

Nach einem halben Jahr im Amt hat die Unsicherheit über Donald Trumps wirtschaftspolitisches Programm ein wenig abgenommen. Bei seiner Wahl hatte ich an dieser Stelle noch argumentiert, das wirtschaftspolitische Programm des künftigen Präsidenten sei „schemenhaft und widersprüchlich.“ Der Protektionismus und die expansive Fiskalpolitik würden gegeneinander wirken, das erstere tendenziell das Wirtschaftswachstum verlangsamen, das zweite es (zumindest kurzfristig) erhöhen. Nach sechs Monaten kann man sagen: Keins von beidem ist tatsächlich so eingetreten wie befürchtet/erwartet.

Publikation lesen

cover_wirtschaft-im-wandel_2017-2.jpg

Aktuelle Trends: Sachsen-Anhalt kann beim Wirtschaftswachstum nicht mit Ostdeutschland mithalten

Oliver Holtemöller

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2017

Abstract

Die Daten zum Wirtschaftswachstum des Arbeitskreises Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder für das Jahr 2016 zeigen erneut, dass Sachsen-Anhalt von der wirtschaftlichen Entwicklung im übrigen Ostdeutschland abgekoppelt ist. Während das Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland im Jahr 2016 insgesamt 2,1% betrug, stellte Sachsen-Anhalt mit nur 1,0% wieder einmal das ostdeutsche Schlusslicht dar. Im gesamtdeutschen Vergleich schnitt lediglich das Saarland noch schlechter ab. Berlin und Sachsen waren mit jeweils 2,7% bundesweit die Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum, Thüringen lag mit 1,8% gleichauf mit Westdeutschland (vgl. Abbildung a).

Publikation lesen

cover_wirtschaft-im-wandel_2017-2.jpg

IWH-Industrieumfrage im ersten Quartal 2017: Ostdeutsche Industrie ausgesprochen optimistisch

Birgit Schultz

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2017

Abstract

Das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe Ostdeutschlands hat sich zum Jahresbeginn 2017 weiter aufgehellt, wie die Ergebnisse der IWH-Industrieumfrage unter rund 300 Unternehmen zeigen. Die Geschäftslage wird per saldo sechs Punkte besser als im Vorquartal bewertet. Auch der Saldo aus positiven und negativen Meldungen über die Geschäftsaussichten ist nochmals günstiger ausgefallen (vgl. Abbildung 1 und Tabelle).

Publikation lesen

cover_wirtschaft-im-wandel_2017-2.jpg

IWH-Bauumfrage im ersten Quartal 2017: Lage anhaltend gut, Aussichten etwas gedämpft

Brigitte Loose

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2017

Abstract

Das Geschäftsklima im Baugewerbe Ostdeutschlands trübt sich laut Umfrage des IWH zu Beginn des Jahres 2017 geringfügig ein. Ausschlaggebend sind die Geschäftsaussichten, die sich über alle Sparten etwas weniger günstig darstellen als zuvor, freilich ausgehend von einem hohen Niveau. Damit scheint sich für die Zukunft eine Normalisierung der Stimmung am Bau anzudeuten. Die Auftragslage und die finanziellen Indikatoren wie Erträge, Preise und Liquidität sind zurzeit allerdings immer noch ausgezeichnet. Auch die Geschäftslage, die schon zum Jahresende 2016 den Höchststand seit Beginn der Umfrage im Jahr 1993 erreichte, wird zu Jahresbeginn nochmals besser als zuvor bewertet (vgl. Abbildung 1 und Tabelle).

Publikation lesen

cover_wirtschaft-im-wandel_2017-2.jpg

Von der Transformation zur europäischen Integration: Wachstumsfaktor Bildung besser nutzen – ein Tagungsbericht

Gerhard Heimpold

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2017

Abstract

Unter dem Titel „Von der Transformation zur europäi­schen Integration: Wachstumsfaktor Bildung besser nutzen“ hat das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) gemeinsam mit Partnern aus Forschungseinrichtungen und Universitäten in Deutschland am 22. Februar 2017 Forschungsergebnisse zur besseren Nutzung von Bildung als Wachstumsfaktor vorgestellt und diskutiert. Der Präsident des IWH, Professor Reint E. Gropp, Ph.D., unterstrich, dass es Investitionen in Humankapital seien, die langfristig das Wirtschaftswachstum treiben. Andere Länder investierten deutlich mehr in Humankapital als Deutschland. Dies sollte zu denken geben.

Publikation lesen

cover_wirtschaft-im-wandel_2017-2.jpg

22. Spring Meeting of Young Economists in Halle (Saale) – ein Tagungsbericht

Andrej Drygalla Helge Littke Gregor von Schweinitz Aida Ćumurović Geraldine Dany Chi Hyun Kim Juliane Müller

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 2, 2017

Abstract

Das Spring Meeting of Young Economists (SMYE) – eine große Konferenz von jungen Wirtschaftswissenschaftlern für junge Wirtschaftswissenschaftler – wird jedes Jahr im Auftrag der European Association of Young Economists (EAYE) in einer anderen europäischen Stadt durchgeführt. Vom 23. bis 25. März 2017 wurde das 22. SMYE vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) ausgerichtet und von sieben PostDocs und PhD-Studenten dieser Institutionen organisiert.

Publikation lesen

Ihr Kontakt

Für Wissenschaftler/innen

Professor Dr. Stefan Eichler
Professor Dr. Stefan Eichler

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Anfrage per E-Mail

Für Journalistinnen/en

Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft LogoTotal-Equality-LogoGefördert durch das BMWK